Mein geliebter Wuestenprinz
uns regelmäßig zu treffen. Und meine Cousins wissen genau, dass die Anwesenheit meiner Mutter bei diesen Gelegenheiten unerwünscht ist.“
„Allem Anschein nach denkt dein Vater mittlerweile anders. Er liegt im Sterben, Tariq. Vielleicht möchte er ein paar Dinge ins Reine bringen und mit deiner Mutter Frieden schließen.“
„Meine Mutter hat ihn und mich wegen eines anderen Mannes verlassen. Sie hat eine neue Familie und eine Tochter.“
An seinem Tonfall erkannte Jayne, dass hinter der harten Fassade tiefe Trauer verborgen lag. Seltsam, während der Ehe mit ihm hatte Jayne nicht einmal eine Ahnung davon gehabt.
„Im Leben meiner Mutter ist kein Platz, weder für meinen Vater noch für mich“, fuhr Tariq fort und gab Noor ein weiteres Stück Fleisch. „Mein Vater will sie garantiert nicht zurück.“
„Darum geht es eventuell auch gar nicht“, wandte Jayne ein. „Vielleicht geht es ihm nur darum, vor seinem Tod ein paar Dinge ins Reine zu bringen.“
„Du irrst dich.“
Seine Worte klangen so scharf, dass sie beschloss, es auf keine weitere Diskussion ankommen zu lassen. Nachdenklich beobachtete Jayne den Falken, der sich nun das Gefieder putzte. „Tut mir leid, dass ich es erwähnt habe. Ich dachte nur, du möchtest wissen, mit wem mich dein Vater verwechselt hat.“
„Das wundert mich nicht.“ Zu Jaynes Überraschung ließ er eine ihrer Haarsträhnen durch die Finger gleiten. „Ihr habt beide dunkles, glattes Haar.“
„Ich habe nie ein Foto deiner Mutter gesehen.“ Allerdings ging Jayne fest davon aus, dass seine Mutter eine wunderschöne Frau war. Nicht so normal und schlicht wie sie selbst.
„Im Palast gibt es keine Bilder von ihr. Von dir übrigens auch nicht. Ihr seid beide nichts weiter als charakterlose Ehebrecherinnen.“
„Das muss ich mir nicht anhören“, erklärte Jayne voll unterdrückter Wut. „Als ich damals mit dir darüber reden wollte, hast du dich geweigert, mir zuzuhören. Und jetzt habe ich keine Lust mehr dazu. Es ist Schnee von gestern.“
Nur dass die Erinnerungen in ihr immer noch so lebendig waren, dass es genauso furchtbar schmerzte wie damals. Jayne drehte sich auf dem Absatz um und eilte davon. Sobald sie die Stalltür aufgerissen hatte, blendete die heiße Sonne Jayne.
Tariq ging ihr nicht nach, aber es war ihr nur recht. Denn Jayne wollte nicht über das Baby reden, das sie damals erwartet hatte. Das Kind, das sie verloren hatte. Der Schmerz saß zu tief.
Niemals, niemals könnte sie es vergessen. Die ewig gleichen Fragen begleiteten und quälten sie, an jedem Tag ihres Lebens. Was wäre, wenn …?
Doch es nützte nichts. Denn ihr war damals keine Wahl geblieben.
Der Tag verging zu langsam. Vor dem Abflug in Auckland hatte sich Jayne ein paar Zeitschriften gekauft, die sie nun lustlos durchblätterte. Sie hätte lieber ein Buch gelesen, in Tariqs Bibliothek wagte sie sich allerdings nicht. Zu viele unangenehme Erinnerungen waren mit jenem Raum verknüpft.
Schließlich legte sie sich aufs Bett und döste ein wenig. Als Latifa spät am Nachmittag klopfte, freute Jayne sich auf eine Abwechslung.
„Heute Abend sind viele Gäste im Palast“, erklärte Latifa eifrig. „Seine Exzellenz war den ganzen Tag sehr beschäftigt. Ich bin sicher, Scheich Tariq wird sich über die Gesellschaft seiner Frau beim Abendessen freuen.“
So war es früher immer gewesen. Lange Tage ohne ein Zeichen von Tariq. Für Jayne hatte es nichts zu tun gegeben, während die Männer hinter verschlossenen Türen Politik machten. Nur wenige Frauen sprachen Englisch, aber mit den wenigen hatte sie sich gut verstanden. Ein- oder zweimal war sie auch eingeladen worden, danach nie wieder.
Tariq hatte ihr damals geraten, Geduld zu haben. Sie würde bald Freundinnen finden und nicht mehr so viel allein sein. Damit hatte er ihr Mut machen wollen.
Und wenn es nur das gewesen wäre …
„Schauen Sie, das wurde für Sie geliefert.“ Latifa zog eine große Schachtel hervor, die sie hinter ihrem Rücken versteckt hatte.
Jayne lächelte. „Was ist da drin?“
„Etwas Wunderschönes.“ Aufgeregt öffnete Latifa den Deckel. In der Schachtel lagen ein smaragdgrüner, mit bronzefarbenen Fäden durchzogener Kaftan und ein Schleier in der gleichen Farbe. „Hier sind auch die passende Hose und die Schuhe.“ Das Mädchen hielt ein Paar smaragdgrüner Pumps hoch und wirkte so erwartungsvoll, als zaubere sie ein Kaninchen aus einem Hut. „Weitere Kleider kommen morgen
Weitere Kostenlose Bücher