Mein Glueck
ließ Briefpapier drucken, aus dem hervorging, dass die Ausstellung von Werner Spies und Heiner Bastian organisiert wurde. Nach einiger Zeit entdeckte ich, dass Bastian eine neue Drucksache in Auftrag gegeben hatte, in der sein Name vor meinem stand. Doch die Perfektion des Hauses Bastian, seines Büros, beeindruckte uns, und die Zusammenarbeit mit ihm selbst führte zur Lösung der zahllosen logistischen Probleme. Auf Monique machte diese Perfektion einen so großen Eindruck, dass sie nach einem Mittagessen, als wir wieder aus dem gepflegten Intérieur auf die Straße traten, beim Hinausgehen ihre Schuhe abstreifte, so als wolle sie nichts von der Sauberkeit und Ordnung nach außen tragen. Unsere korrekten, ja guten Beziehungen bekamen einen Knacks, als ich meine Schwierigkeiten mit Joseph Beuys in dem Aufsatz »Das Schweigen von Beuys« in der FAZ präzisierte. Es ließ sich nachweisen, dass zahlreiche Aktionen, Verrichtungen und Termini bei Beuys auf seine Kenntnis des mehrbändigen Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens zurückgingen. Dazu zählten Begriffe wie »Schamane«, »Hasenblut«, »Hasenfrau«, »Blutkugel«, »Hasenecke«, »Staub aus Stubenecken«, »Tür mit Fett bestreichen«, »Bienenkönigin«, »Blitzschlag«, »Schlitten«, »Elch« oder »Holzjungfern«. Lordsiegelbewahrer Bastian sandte mir einen Brief, in dem er mir »mit traurigen Grüßen« die Freundschaft aufkündigte. Ich konnte dies nur dadurch überwinden, dass ich meinen Freunden voller Mitleid mitteilte, dass sich Heiner Bastian aus der Fettecke in den Schmollwinkel zurückgezogen habe.
Die Ausstellung der Skulpturen Picassos in Berlin und anschließend in der Kunsthalle Düsseldorf wurde ein Triumph ohnegleichen, die Enthüllung eines der bestgehüteten Geheimnisse der Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts war überwältigend. Die Schau versetzte den Betrachter hier, wie später, im Jahr 2000 , auch im Centre Pompidou, in eine irreale Stimmung und stellte die Frage nach der Rolle Picassos in seinem Jahrhundert. Die Präsentation einer Schau, in der es keine Bilder und Zeichnungen gab, die ein Werk zeigte, das sich allein auf das Basteln, auf eine Technik konzentrierte, die bereits in der Vorgeschichte praktiziert worden war, brachte den Zeitbegriff außer Kurs. Denn neben Prähistorischem, neben Anklängen an die verschiedensten Perioden der Geschichte rekapitulierte und synthetisierte Picasso alles, was der menschliche Geist an Formenvielfalt bisher hervorzubringen vermocht hatte. Nicht die geringste Genugtuung empfand ich, als mir eines Tages Dominique Bozo sagte, er habe vom Erfolg der Schau gehört und würde sie gerne in Berlin besuchen. Da er Schwierigkeiten mit dem Reisebudget habe, fragte er mich, ob ich ihn nicht zu dieser Reise einladen lassen könnte. Nichts machte ich lieber. Mit Mitgliedern der Familie Picasso fuhr ich wiederholt nach Berlin. Auch Michel Leiris reiste an. Für ihn war die Begegnung mit den Skulpturen Picassos ein Schock, vergleichbar dem, den der Besuch der Südseeabteilung in den Museen Dahlem bei ihm auslöste. Eine solche inszenatorische Pracht hätte er sich für die Sammlung im Pariser Musée de l’Homme gewünscht, in dem er als Forscher tätig war.
Werner Spies und Armin Zweite
Eines Tages entschloss sich auch Jacqueline Picasso mit ihrer Tochter Cathy aus erster Ehe, nach Berlin zu kommen. Ich war sehr glücklich darüber und Jacqueline auch. Sie hatte mir kurz zuvor noch gestanden: »Ich bin zu Cathy zu streng gewesen, den anderen Kindern, Claude und Paloma dagegen, habe ich alles durchgehen lassen.« Die Reise verlief nicht ohne Komplikationen. Das Flugzeug der Air France durfte Berlin damals noch nicht direkt anfliegen. Es musste einen Zwischenstopp in Düsseldorf einlegen. Der Name Picasso im Pass reizte die deutschen Kontrolleure dazu, Jacqueline zu befragen und ihr Gepäck auf das penibelste zu untersuchen. Es war Jacquelines erste und letzte Reise nach Deutschland. In der Philharmonie hörten wir Karajan, der die »Alpensinfonie« von Richard Strauss dirigierte, und in Dahlem standen wir vor Cranach, vor der Venus, die Picasso immer herausgefordert hatte. Und wir waren uns einig darüber, dass die »Alpensinfonie« Picassos Besteigung der Welt nachzeichne. Auch die Ausstellung von Picassos Meisterwerken auf Papier, die ich in der Kunsthalle Tübingen bei Götz Adriani und in Schmalenbachs Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen organisieren konnte, verdankt der Mitarbeit und
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