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Mein Glueck

Mein Glueck

Titel: Mein Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Spies
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sich von Bozos Verhalten nicht sehr beeindrucken; sie sagte, sie werde das sofort Roland Dumas, der damals Außenminister war, melden. Dieser rief mich umgehend an und versprach, er werde Jack Lang, den damaligen Kulturminister, bitten, er möge doch dafür sorgen, dass dieses wichtige Projekt nicht zu Fall gebracht werde. Das deutsch-französische Verhältnis sei zu wichtig, um von einer derart unverständlichen Störung bedroht zu werden. Er versprach, sich noch am gleichen Tag bei mir privat zu melden.
    Den Abend verbrachte ich, in Gegenwart von Petra Kipphoff, in Angst und Spannung. Um 23 Uhr meldete sich Roland Dumas und sagte: »Werner, du wirst deine Ausstellung machen.« Am anderen Morgen fand im Grand Palais die Eröffnung der Manet-Retrospektive statt. Vor Beginn der Vernissage standen wir mit einigen Gästen und Museumsleuten zusammen. Bozo tröstete huldvoll, ich solle halt ein wenig warten, wir könnten ja dann in einigen Jahren die Skulpturen zusammen präsentieren. Er konnte damals ebenso wenig wie ich ahnen, dass ich eines Tages als einer seiner Nachfolger in der Leitung des Musée National d’Art Moderne im Centre Pompidou das plastische Werk in all seinen Facetten und seinem formalen Reichtum präsentieren sollte. Und dies in einer unvergesslichen Szenographie meines Lieblingsarchitekten Michel Antonpietri. Auf Bozos Bemerkung, der Aufschub sei nicht so schlimm, gab ich keine Antwort. Noch hatte er keine Ahnung von dem, was in der Zwischenzeit hinter seinem Rücken angezettelt worden war. Nach der Vernissage Manet erfuhr Bozo in seinem Büro, was über seinen Kopf hinweg beschlossen worden war. Er sei vor Wut bleich geworden. Als ich einige Tage später nach New York kam, um dort wie immer im Haus der Freunde de Ménil zu wohnen, war er, wie man mir berichtete, eben fluchtartig abgereist. Und Dominique de Ménil fragte vorwurfsvoll, was ich denn Bozo angetan hätte. Dieser sei völlig aufgelöst in New York angekommen. Als ich ihr die Hintergründe der Affäre berichtete, sah sie mich vollkommen im Recht.
    Für die Ausstellung, die ich in Berlin mit Dieter Honisch und in Düsseldorf mit Jürgen Harten inszenierte, hatte sich die Berliner Gesellschaft der Freunde der Nationalgalerie starkgemacht. Die Begeisterung und der unermüdliche Einsatz von Peter Raue, der den Freundeskreis nicht nur fabelhaft führte, sondern auch ständig zu neuen Taten animierte, gehört für mich zu den großen Erinnerungen. Zusammen mit Heiner Pietzsch, dem passionierten Sammler, der sich nach und nach dem Surrealismus verschrieb, überwand er alle nur denkbaren administrativen und finanziellen Probleme. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass ich mich glücklich schätze, mich immer wieder auf den Enthusiasmus und auf die klugen und witzigen Ratschläge von Peter Raue verlassen zu dürfen.
    Nicht nur die Retrospektive Max Ernst, die ich an diesem Ort zeigte, sondern auch die Ausstellung »Picasso – die Zeit nach Guernica«, die anschließend nach Hamburg und München ging und für die mir als Partner Heiner Bastian zugeteilt worden war, machten mich glücklich. Den Titel »Die Zeit nach Guernica« hatte ich gewählt, weil sich in ihm eine Aussage zu dem Verhältnis zwischen Künstler und Nazideutschland versteckt. Der deutsche Terror in Spanien lässt dieses Werk fast wie eine Auftragsarbeit der Nazis erscheinen. Nach »Guernica«, nach dem ersten Bombardement einer Zivilbevölkerung durch die Legion Condor, verändern sich Stil und Ikonographie des Werks total. Das Notlicht, in das Picasso seine rätselhafte Darstellung taucht, das Notlicht, mit dem er auf die Zeit der Verdunkelung und der Angst verweist, wird bis zum Ende des Krieges überall im Werk spürbar bleiben. Das grandiose Gemälde »Das Leichenhaus«, das uns Bill Rubin für die Ausstellung, gewissermaßen als Ersatz für »Guernica«, ausgeliehen hatte, zeigt ebenfalls eindrucksvoll diese graue, grausame Welt.
    Wolf-Dieter Dube, der damalige Generaldirektor der Staatlichen Museen in Berlin, hatte mich darum gebeten, mit Heiner Bastian zusammenzuarbeiten. Ich hatte zuvor noch keine Ausstellung mit einem Partner organisiert, aber hier ging es offensichtlich auch um höhere Diplomatie. Man erklärte mir, dass es notwendig sei, den Vertrauensmann von Erich Marx stärker ans Museum zu binden. Die Kooperation begann auf eigenartige Weise. Bastian meinte sofort, ich sei selbstverständlich der »Senior Curator«, dem er mit Freuden den Vorrang überlasse. Er

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