Mein Glueck
Bücher ausgelegt hatten. Telefonisch verständigte ich sofort die besten Freunde, Bill Rubin, William S. Lieberman, Tom Messer, Werner Schmalenbach, Armin Zweite, Wolf-Dieter Dube, Peter Beye, Franz Meyer, Dieter Honisch, Hans M. Wingler, Klaus Gallwitz, Eberhard Roters und Sammler wie Klaus Hegewisch, Siegfried Poppe, Eberhard Kornfeld und Hans Bolliger. Alle waren von der Vorstellung, endlich in Frankreich einmal Kunst aus Deutschland zeigen zu können, hingerissen und versprachen, das Projekt in jeder Hinsicht zu unterstützen. Dube war Feuer und Flamme und reiste sofort aus München an, um mir mit Rat und Tat beizustehen. Allerdings gab es auch eine bittere persönliche Enttäuschung für mich, die ich nicht verschweigen kann. Werner Hofmann, den ich so ziemlich als ersten in Hamburg angerufen hatte, fand das Projekt fabelhaft und schlug vor, wir sollten eine Auswahlkommission bilden. Ich meinte, dafür bleibe wirklich keine Zeit, und kündigte meinen Besuch an. Zusammen schritten wir die Säle des Museums ab, ich benannte die Werke, die ich gerne ausleihen wollte, und er versprach, er werde alles Mögliche tun, um meine Wünsche zu erfüllen. Der gemeinsame Abend bei den Freunden Poppe und Hegewisch verlief überaus harmonisch. Beide freuten sich von Herzen über das Projekt, auf das man so lange hätte warten müssen. Es wurde gut gegessen und feste getrunken. Plötzlich unterbrach Hofmann das Gespräch und meldete große Bedenken gegen das Projekt an. Wir waren sprachlos. Ich reiste zurück nach Paris und erhielt kurz danach einen Brief von der Kunsthalle, in dem sich der Direktor für sein Verhalten entschuldigte, einen Brief, den er gewissermaßen mit einer wissenschaftlichen Fußnote versehen hatte, in der zu lesen war, ich solle, um ihn zu verstehen, seinen Aufsatz »Marsyas und Apoll« in der Publikationsreihe der Bayerischen Akademie der Künste, München 1973 , konsultieren. Zugleich schlug er vor, ich möge doch schnell zurückkommen, um zusammen mit ihm eine Lösung für die Leihgaben zu finden. Ich reiste sofort wieder nach Hamburg und wurde von Hofmann, unrasiert und wie das personifizierte schlechte Gewissen, empfangen. Anschließend ging unser Leihgesuch nach Hamburg. Postwendend erhielt ich die Antwort, leider könne aus konservatorischen Gründen keine der angeforderten Arbeiten reisen. Ich schrieb zurück, ob ich dann nicht wenigstens um ein Bild von Franz Wilhelm Seiwert bitten dürfte. Ich wählte bewusst ein Werk aus, das nicht zu den Zimelien des Hauses zählte. Die Antwort kam von Helmut R. Leppien, der mir schrieb: »Lieber Werner, auch diese Arbeit können wir Dir nicht ausleihen.« Sie sei zu fragil, und er setzte hinzu, alle im Hause wünschten mir dennoch, dass ich für meine Ausstellung einiges an Werken zusammenbekäme. Ich war empört. Inzwischen ist das alles längst vergessen. Die gegenseitige Bewunderung und die alte, tiefe Freundschaft kehrten zurück. Es war ein glücklicher Moment, als ich später die Ausstellung »Max Ernst Collagen«, die ich für Tübingen und Düsseldorf zusammenstellte, auch im Hamburger Kuppelsaal und in den anliegenden Räumen der Kunsthalle zeigen konnte. Dabei offenbarte mir Leppien, der melancholische Freund gemeinsamer früher Max-Ernst-Tage, mit welcher Flexibilität museographisch improvisiert werden kann. Als ich im Kuppelsaal betroffen Flecken an den Wänden entdeckte, meinte er, das könne doch kein Problem sein, ich solle einfach über die schlimmen Stellen Bilder hängen. Hinter diesem Vorschlag steckte nichts anderes als eine genaue Kenntnis der Inspirationsquellen Max Ernsts. Denn er wiederholte eigentlich Leonardos Aufforderung, in Flecken auf Mauern unsere Vorstellung jener Welt zu projizieren, die wir auch in Max Ernsts Frottagen und Décalcomanien antreffen. Ich folgte dem Rat, den mir offensichtlich jemand gab, der Übung in solcher Camouflage besaß. Alles funktionierte schließlich auf perfekte Weise. Ich erinnere an diese Auseinandersetzung um »Paris–Berlin« nur deshalb, weil meine Verehrung für das Werk und die Schriften Werner Hofmanns diese kurze, schwere Zeit längst völlig ausgelöscht haben. Und es gibt weiterhin kaum einen Menschen, dessen Urteil und dessen Ars combinatoria ich mehr bewundere.
Überraschend schnell und spontan kamen die Zusagen für die Ausstellung »Paris–Berlin«. Und sie waren überwältigend. Sicher, es gab, wenn ich den umfangreichen Briefwechsel betrachte, den ich damals mit Gott und der Welt
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