Mein Gott, Wanda: Roman (German Edition)
schob den völlig verdutzten Mann zurück in den Gang und dann in den Saunabereich hinein, wo seine benommene Kollegin eingeklemmt zwischen Biggi und Lilo stand und sich an einem Oleanderzweig festhielt.
»Der blüht hier ganz hervorragend«, erklärte Biggi gerade. »Den habe ich gestiftet. Mögen Sie Zimmerpflanzen?«
»Ich …«, setzte die Frau an, aber Lilo war schneller.
»Mir gehen die immer ein. Ich habe keinen grünen Daumen. Ich weiß auch nicht, warum, meine Oma, also mütterlicherseits, die war ja Gärtnerin, und die hatte diesen wundervollen Touch mit Pflanzen, was die angefasst hat, hat geblüht, das war unglaublich, ihre Schwester hingegen …«
»Klaus«, stieß die Frau erleichtert aus, als sie ihren Kollegen erblickte. »Wir müssen dann bald los.«
»Aber erst wollen Sie doch sicher noch mit einigen Mitgliedern und Kursleitern reden, oder?« Wanda schob Otto Gilder, Natalie und Axel, der noch in seiner Lederkluft steckte, zu der Jury in den Raum hinein. »Fragen Sie ruhig. Wir haben nichts zu verbergen.«
Die Mundwinkel der Frau zuckten nervös, ihr Kollege hingegen nickte wohlwollend. »Das ist hier mal was ganz anderes, Steffi«, sagte er. »Nicht der 08/15-Klub wie sonst, also ich finde das ganz großartig, was die hier machen.«
»Na dann!« Wanda lachte ein wenig zu laut und schloss die Tür hinter der kleinen Gruppe. Geschafft! Und wenn sie die beiden dann noch hinauskomplimentieren konnte, ohne dass die an die Decke hochsahen …
Etwas im Raum hatte sich verändert. Das Quietschen der Maschinen hatte aufgehört, auch Ritschie schlug nicht mehr auf den Punchbag ein. »Ey, Alter, das gibt’s doch nicht!«, rief er stattdessen. Wanda folgte seinem Blick und schnappte nach Luft. In der Tür stand, blass, auf Krücken und mit völlig entgeistertem Gesichtsausdruck – ihr Sohn Stefan.
»Warum gehst du denn nicht ans Telefon?«, fragte er. »Ich versuche schon seit Stunden, dich zu erreichen und dir zu sagen, dass ich schon eher nach Köln kommen konnte. Ich dachte, du freust dich!« Er sah sich um. »Und wieso haben eigentlich lauter alte Leute gestern in meiner Muckibude eine Party gefeiert?«
»Wie …?«
»Ich hab’s auf YouTube gesehen. Jemand hat ein Video reingestellt. Jazzband und alles. Du hast mir doch selbst den Link gemailt. Kannst du mir mal erklären, was hier eigentlich los ist?«
26 Liebe auf den allerersten Blick
»Und dann bin ich gestern ins Theater gegangen«, setzte Wanda ein paar Tage später vorsichtig an.
Ecki sah sie verständnislos an. »Theater. Ohne mich. Welches Theater?«
»Im Theaterhaus. Das ist doch egal.«
»Und was hast du gesehen?«
Sie drehten sich im Kreis. Sollte sie Ecki jetzt gestehen, dass sie einen anderen mochte? Sie rang mit sich. Dieser wunderbare Abend, aufgeregt hatte sie auf ihrem Platz gesessen und immer wieder zum Eingang geschielt, bis Gerd hereingeschlendert gekommen war und sich mit einem Augenzwinkern neben sie gesetzt hatte, gemeinsam hatten sie die Wandlung von Ebenezer Scrooge zu einem edlen Menschen verfolgt, dieser Abend war einer der schönsten ihres Lebens gewesen. Abgerundet mit dem völlig stressfreien Besuch einer kleinen Bar, in der Gerd weder endlos über verschiedene Jazzrichtungen geredet noch sie mit Musikinstrumenten verglichen hatte. Sie hatten einfach nur gelacht. Spaß gehabt, sich wunderbar unterhalten. Wollte sie sich die Erinnerung an diesen Abend wirklich von einem eifersüchtigen Ecki zerstören lassen? Sie musste das anders angehen.
»Ecki«, begann sie erneut. »Das Fundament unserer Beziehung bröselt.« Jetzt hatte sie seine Aufmerksamkeit. »Weißt du, so eine gut funktionierende Beziehung ist doch wie ein Jahrhundertbauwerk. Das Taj Mahal. Der Tower of London. Etwas, das den Witterungen trotzt und nicht gleich beim kleinsten Sturm umfällt.«
Ecki spitzte interessiert die Lippen, und Wanda schöpfte Mut. »Aber wenn die Grundstruktur des Gebäudes nicht stimmt, wenn das falsche Material benutzt wurde, wenn Balken sich verbiegen, weil sie von Anfang an nicht richtig zusammenpassen, dann wird das kein Jahrhundertbauwerk. So ein Gebäude stürzt beim ersten Windstoß ein. Was ich sagen will …«, Wanda sah ihn fest an, »… unsere Beziehung ist nicht das Empire State Building. Unsere Beziehung ist, war …« Sie holte entschlossen Luft. »… nur ein Fertighaus aus Gummersbach.«
Ecki nickte langsam. »Ich verstehe. Schade.«
Wanda atmete auf. »Du verstehst. Gut.«
»Und ich
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