Mein Herz in Deinen Händen
die Ranch am Laufen hielt, bis sie entschieden hatte, was sie damit anfangen wollte – oder General Napier sie alle umgebracht hatte.
Da streifte Mr Grahams Blick ihr Haar. Er kicherte. »Was hast du denn angestellt? Rückwärts in einen Rasenmäher gefallen?«
Bevor sie es sich noch besser überlegen konnte, antwortete sie schon. »Das ist jedenfalls bequemer, als es sich mit der Pinzette auszurupfen, wie Sie es anscheinend machen.«
Mr Graham fuhr sich mit der Hand über die zu hohe Stirn zum zurückweichenden Haaransatz. »Es ist nicht nett, sich über ältere Herrschaften lustig zu machen.«
Alte Instinkte schalteten sich ein, und sie trat Mr Graham entgegen, bis sie Zeh an Zeh standen. »Es ist auch nicht nett, sich über einen missglückten Haarschnitt lustig zu machen.«
»Das ist einer der Gründe, warum Mom sich von dir hat scheiden lassen. Weil du nie den Mund halten konntest, was ihre Frisur anging. Stimmt doch, Dad?«
Mr Graham starrte seinen Sohn finster an. Mit verächtlichem Tonfall sagte er: »In einer Ehe geht es um mehr als einen Haarschnitt. Deine Mutter hatte so viele Gründe, mich zu verlassen, dass ich mich gar nicht mehr an alle erinnern kann.«
Pepper stellte fest, dass ihre Mundwinkel belustigt zuckten. Die Leute hier erzählten sich, dass die Grahams bis zu ihrer Trennung, als Dan sechs Jahre alt gewesen war, für ihre lautstarken Auseinandersetzungen berühmt gewesen waren. Jetzt lebten sie freundschaftlich verbunden und getrennt, sie mit einer Frühstückspension in McCall und er auf dem Familienbesitz. Falls Dan wegen der Scheidung irgendwelchen Schaden genommen hatte, dann war er längst darüber hinweg, er lebte in der Sicherheit, zwei Elternteile zu haben, die ihn innig liebten.
Peppers Gesichtsausdruck wurde säuerlich. Es musste schön sein, sich des Geliebtwerdens so sicher sein zu können. Sie wünschte, sie würde Dan nicht so beneiden, aber sie tat es. Sie war nicht stolz auf ihren Unmut, doch er war da, hartnäckig und unbeweglich.
Mr Graham sah seinen Sohn an. »Wenn wir schon von Haarschnitten sprechen, wann lässt du dir einen machen, Danny?«
Pepper grinste wieder und war nicht im Geringsten erstaunt, dass Mr Graham an seinem Sohn herumnörgelte, weil dessen Haare zu lang waren. Er hatte das getan, solange sie ihn kannte. »Ich kenne da einen Friseur«, sagte sie. Dann traf ihr Blick sich mit Dans, und ihr stockte der Atem.
Er stand an der Spüle und beobachtete sie wie ein Hai auf Beutezug, als nähre ihr Lächeln seine ausgehungerte Seele. Ohne ein Wort, ohne Bewegung teilte er ihr mit, dass er sie wollte, und ihr Körper reagierte. Widerwillig und verärgert zwar, aber er reagierte und erinnerte sich, wurde weich und sehnte sich nach ihm.
Seine Stimme war gelassen und tief. »Wenn das derselbe Friseur ist, der deine Haare geschnitten hat, dann muss ich leider ablehnen.«
Mr Graham sah erst sie an, dann Dan, dann wieder sie, und sein Blick kühlte sich merklich ab. »Pepper, wie lang bleibst du?«
Ihre Augen weiteten sich, und sie antwortete: »So lange es braucht.« Sollte er damit anfangen, was er wollte! Dan räusperte sich, und ihr fiel wieder ein, dass sie auf seinen Vater angewiesen war. »Sir, ich wüsste es zu schätzen, wenn Sie niemandem sagen, dass ich zurück bin.«
»In der Stadt interessiert sich eh keiner für dich«, sagte Mr Graham.
Pepper schnaubte. Die Stadt Diamond lag am Fuß der Hügel. Dreißig beschwerliche Meilen die Straße hinunter. Diamond hatte achthundertfünfunddreißig Einwohner, eine Hauptstraße, eine Ampel und eine Schule, in die sämtliche Kinder von den umliegenden Ranches gingen. Alle kauften ihre Lebensmittel in Diamonds einzigem Laden und verteilten ihre Freizeit auf zwei verschiedene Bars. Es gab eine Freikirche, eine Mormonenkirche und einen fahrenden katholischen Priester, der einmal pro Monat nach Diamond kam und in Mrs Buckleys Wohnzimmer die Beichte abnahm und die Kommunion verteilte.
Gelegentlich zog jemand zu. Freigeister üblicherweise. Leute aus der Stadt, die sich ein idyllisches Landleben ausmalten und hierher zogen, um mit der Natur in Berührung zu kommen. Sobald die Natur sie dann in Form eisiger Temperaturen und heulender Schneestürme berührte, hatten die Freigeister vom Landleben genug. Dann konnten sie es kaum erwarten, wieder zu verkaufen und in die Zivilisation zurückzukehren, so dass um Diamond herum letztlich immer die gleichen Familien lebten.
Die Grahams lebten seit dem neunzehnten
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