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Mein Herz so weiß

Mein Herz so weiß

Titel: Mein Herz so weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Marías
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gesagt am Tag meiner Rückkehr aus Genf, nach Ablauf – oder fast – meiner acht Wochen Aufenthalt und Arbeit, drei Wochen nach dem Abend, über den weiter zu sprechen keinen Sinn hat. Oder vielleicht doch, da es damals zu der Vereinbarung kam. Oder vielleicht nicht, da das, was drei Wochen später stattfand, eine Mischung aus Vereinbarung und Zufall, aus Zufall und Vereinbarung war, aus einem Vielleicht und einem Womöglich.
    Ich verlegte meine Rückkehr vierundzwanzig Stunden vor. In Wirklichkeit hatte ich am Anfang schlecht kalkuliert und nicht mit einem Feiertag in der Schweiz gerechnet, dank dessen meine Aufgaben am Donnerstag und nicht am Freitag der achten Woche beendet waren. Aber das merkte ich erst an jenem Montag, und noch am gleichen Tag buchte ich das Ticket vom Sonnabend auf den Freitag um. Ich telefonierte mit Luisa an jenem Abend und auch am Dienstag und am Mittwoch, nicht am Donnerstag, an keinem Abend sagte ich ihr etwas über meinen veränderten Termin, ich vermute, ich wollte ihr eine kleine Überraschung bereiten, ich vermute auch, ich wollte sehen, wie meine Wohnung aussah, wenn man mich nicht erwartete, was Luisa tat, wie sie ohne mich war, wo sie sich befand, wann sie nach Hause kam, mit wem, wenn mit jemandem, oder wen sie empfing. Wer an der Ecke stand. Ich wollte den Verdacht völlig zerstreuen, man möchte keinen Verdacht hegen, aber er kehrt bisweilen zurück, auch wenn er ausgeschaltet wurde, jedes Mal weniger stark, solange man mit jemandem lebt, ob man nun gefragt und gehört hat ›Ich bin es nicht gewesen‹, oder Schweigen bewahrt, immer geht es darum, ihn abzuschwächen. Das war der Zufall.
    Die Vereinbarung bestand darin, dass die Zeit gekommen schien zu erfahren, was schon seit neun Monaten in Andeutungen vorhanden war, seit unserer Heirat und nicht vorher, nicht, seitdem wir uns kannten. Alles in allem war es mein eigener Vater gewesen, der damit noch am Tag meiner Hochzeit begonnen hatte, wenige Stunden danach im Kasino in der Alcalá 15, als er mich beiseitenahm und mich fragte, was ich mich die ganze vorangehende fast schlaflose Nacht gefragt und vielleicht bei der Zeremonie zu verdrängen begonnen hatte. Nein, nicht dort, ich konnte es nicht und später auch nicht, und das Unbehagen wuchs auf der Hochzeitsreise, in Miami und New Orleans und Mexiko und vor allem in Havanna, hätte Luisa sich nicht unwohl gefühlt, dann wäre das Vorgefühl der Katastrophe vielleicht ebenso verschwunden wie die Künstlichkeit der Wohnung, die mir jetzt jeden Tag natürlicher vorkommt, ich vergesse die, die ich vorher allein für mich bewohnte. Es ist nicht einmal ein Jahr her. Die Vereinbarung fand an jenem Abend statt, von dem ich nicht weiter sprechen mag, aber etwas werde ich doch sagen. Als wir in mein Appartement zurückkehrten, nachdem wir Professor Villalobos am Eingang seines vorübergehenden Domizils abgesetzt hatten (er war weder reich noch gewandt genug, um danach eng tanzen zu wollen, oder aber er erinnerte sich inzwischen pausenlos an sein Unglück), sagte Luisa im Dunkeln zu mir (sie sagte es mir mit dem Kopf auf dem Kissen, es war ein Bett mit Federbett und für eine einzige Person, wenn auch breit genug, dass zwei hineinpassten, die sich nicht scheuen, einander zu berühren): »Willst du immer noch nicht wissen? Willst du immer noch nicht, dass ich deinen Vater frage?« Ich fürchte, dass ich ihr mit der Äußerung eines anderen Verdachts antwortete: »Hast du ihn denn noch nicht gefragt? Ihr seht euch doch ziemlich oft.« Luisa war nicht verärgert, wir alle verstehen, dass es Verdacht geben kann. »Nein, natürlich nicht«, sagte sie, ohne dass ihre Stimme verletzt klang. »Ich werde es auch nicht tun, wenn du nicht willst. Er ist mein Schwiegervater, und ich empfinde mittlerweile vor allem große Zuneigung für ihn, aber er ist dein Vater. Es liegt bei dir, was du willst.« Es trat Schweigen ein, sie drängte mich nicht. Sie wartete. Und wartete. Wir sahen uns nicht. Es gab keine Bettdecke. Wir berührten einander. Ihr war klar, dass sie es sein musste, nicht ich, die Ranz fragen würde, nicht so sehr in der Sicherheit, dass er es ihr erzählen würde, als in der, dass er es mir gegenüber nicht tun würde. ›Mir würde er es erzählen‹, hatte sie indes einmal gesagt, bei Licht und in unserem Bett, vertrauensvoll. ›Vielleicht hat er all diese Jahre darauf gewartet, dass in deinem Leben jemand wie ich auftaucht, jemand, der zwischen ihm und dir vermitteln kann, ihr

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