Mein Herz springt (German Edition)
erzählt, was passiert ist.
Betty, Du musst mir glauben. Ich habe nicht nach dem Abenteuer gesucht. Es war auf einmal da. Sie war da. Josephine. Wir lernten uns in Budapest bei einem abendlichen Kundentermin kennen. Und da passierte es. Ich möchte Dir Details ersparen – niemanden damit quälen. Ich möchte nur den Versuch wagen, Dein Verständnis, nicht Deine Verzeihung zu erwerben. Du warst mir in all den Jahren ein so wichtiges Familienmitglied und mehr als das.
Eine andere Frau hat mein Herz erobert – durch ihre Leichtigkeit, ihre Lebensfreude und Spontanität. Sicherlich wirst Du jetzt denken, dass das nur die erste Verliebtheit ist, ein Gefühl,das mit der Zeit vergehen wird. Und ich kann Dir nicht widersprechen, nicht das Gegenteil beweisen. Etwas im Grunde meines Herzens sagt mir, dass ich diesen Schritt gehen muss. Es gibt für mich keine Alternative.
Nichts von alledem, was ich mache, ist rational erklärbar. Nie zuvor habe ich eine Entscheidung aus dem Bauch heraus getroffen, mich immer auf Fakten verlassen. Doch jetzt ist es anders. Ich folge einer inneren Stimme und vertraue meinem Instinkt, der mich zu meinem eigentlichen Platz im Leben führen wird. So hoffe ich es zumindest.
Betty, ich will meinen beiden Töchtern auch weiterhin ein guter Vater sein – und Frieda hoffentlich irgendwann einmal ein guter Freund. Dazu muss viel Gras über die Sache wachsen, dessen bin ich mir bewusst.
Lass‘ mich bitte auch weiterhin Teil Eurer Familie sein. Nicht nur meinetwegen, vor allem wegen der Kinder.
Glaub‘ mir, ich werde alles daransetzen, meiner Familie kein unnötiges Leid zuzufügen. Ihr bedeutet mir immer noch sehr viel! Bis bald,
Matthias
Matthias‘ Brief berührt mich auch jetzt wieder. Nichts von alldem hätte ich ihm zugetraut – weder das Abenteuer in Budapest noch das Ziehen eines Schlussstriches als logische Konsequenz seiner Gefühle.
Die Beziehung von Frieda und Matthias ließ sich bis zu genau jenem Moment als »normal« beschreiben. Die beiden lernten sich bei der Geburtstagsfeier einer gemeinsamen Freundin im Allgäu kennen. Sie verliebten sich, zogen zusammen, heirateten und brachten kurze Zeit später die Zwillinge Marie und Luca zur Welt.
Um das Familienglück zu vervollständigen, kauften sie sich ein Einfamilienhaus und zogen aus dem lebendigen StadtlebenKölns hinaus ins rheinländische Umland. Eine gemeinsame Entscheidung. Alles lief rund. Von Auseinandersetzungen zwischen den beiden bekam ich wenig mit. Wenn, dann waren es die üblichen Reibereien, die nach der Geburt der Zwillinge immer häufiger entfachten. Frieda und Matthias glaubten, dass sich alles nur noch um die Kinder drehe, sie selbst nicht mehr so richtig auf ihre Kosten kämen, dass die Zweisamkeit auf der Strecke bliebe. Nichts Ungewöhnliches, für mich eine normale Herausforderung in diesem Lebensabschnitt.
Matthias vergrub sich immer häufiger in seine Arbeit. Er war ein erfolgreicher Ingenieur, arbeitete bei einem international expandierenden Automobilzulieferer in der Nähe Kölns. Sein beruflicher Schwerpunkt verschob sich im Laufe der Jahre mehr und mehr von der Konstruktion von Autotürverkleidungen hin zu deren Vertrieb. Eine Entwicklung, die automatisch mehr Reisetätigkeit im Inland, aber auch im Ausland mit sich brachte. Matthias‘ Arbeitsalltag zeichnete sich durch lange Wartezeiten an Flughäfen, Präsentationen bei Kunden, anschließende Dinner und einsame Nächte in fremden Hotelzimmern aus. Er vermisste seine Familie. Dafür bedurfte es keiner Worte. Das erkannte man daran, mit welcher Hingabe er sich am Wochenende um Frieda und die Zwillinge kümmerte. Weil ich wusste, dass Zweisamkeit, auch jenseits des eigenen Sofas, für eine Ehe unerlässlich ist, bot ich an Samstagabenden regelmäßig meine Unterstützung an. Irgendwie sagte mir meine innere Stimme, dass die Beziehung von Frieda und Matthias nicht mehr so unbeschwert war. Es kam häufig zu Streitereien. Wegen Kleinigkeiten.
Ich spürte als Mutter, dass Frieda unter der Doppelbelastung, fürsorgliche Mutter und gleichzeitig strahlende Ehefrau zu sein, litt. Fast programmatisch spulte sie die tägliche Routine ab: Mahlzeiten zubereiten, Windeln wechseln, die Kinder unterhalten:trösten, spielen, in den Schlaf wiegen. So lange, bis sie selbst in den Schlaf fiel. Mein Angebot, sie im Haushalt zu unterstützen, nahm sie nur selten an. Zu stolz war sie. Sie wollte Matthias und sich selbst beweisen, dass sie die Strapazen aushielt. Sie
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