Mein Herz springt (German Edition)
Ich weiß, dass du die Beste bist. Aber das mit dem Forschungsteam um Prof. Clausen ist schon eine ganz große Nummer. Die bekommt man nicht so nebenbei. Aber natürlich hast du dir das verdient!«
Mir tun meine Worte von gerade eben leid. »Maya, entschuldige bitte meine Reaktion. Es ist gerade alles etwas viel. Prof. Clausen hat mich gefragt, ob ich sein Team verstärken möchte. Und ich habe ›Ja‹ gesagt, weil es eine tolle Chance ist.«
»Klar, Betty, so ein Angebot darf man auch nicht ausschlagen. Das fliegt nicht täglich mit der Post ins Haus. Aber wie ist Clausen auf dich aufmerksam geworden? Durch seinen Besuch in Köln vor ein paar Monaten?«
Ich habe nun das Gefühl, Maya gegenüber ehrlich sein zu müssen. »Ja, hier in Köln bin ich ihm wohl aufgefallen. Dann sind wir uns beim Kardiologenkongress in Wien wieder über den Weg gelaufen.«
»Zufällig?«
»Ja, zufällig. Wir hatten gute Gespräche und waren an einem Abend gemeinsam essen.«
»Nur essen? Du schriebst eine etwas verschlüsselte SMS. Hatte sie mit Clausen zu tun?«
»Um ehrlich zu sein, ja. Wir sind einander sympathisch. Sehr sogar. Es ist nichts gelaufen. Aber wir wissen beide, dass es nicht nur Freundschaft ist …«
»Betty, jetzt bin ich aber baff. Für mich warst du immer die perfekte Ehefrau und Mutter. Eine Frau, die nur für ihre Familie lebt. Sorry, dass ich gerade etwas geschockt bin.«
»Es gibt keinen Grund zur Sorge, Maya. Auch wenn sich in meinem Kopf gerade alles dreht, stelle ich mein Leben hier in Köln keinen Augenblick infrage. Ich liebe meine Familie, meinen Job. Für nichts und niemanden auf der Welt könnte ich das auf‘s Spiel setzen. Aber ich merke, dass es mehr gibt. Und dass mir der Kontakt mit Hanno guttut.«
»Hanno? Ihr duzt euch schon?«
»Maya, jetzt sei nicht albern. Wir sind doch erwachsene Menschen. Ich verspreche dir, dass du dir keine Sorgen machen musst. Ich habe alles im Griff. Vertraue mir.«
Das Gespräch mit Maya überrascht mich. Gerade sie, die Männern gegenüber als eher freizügig zu beschreiben ist, zweifelt an meiner moralischen Integrität. Ich hätte erwartet, dass sie mich in meiner Abenteuerlichkeit antreibt. Stattdessen bringt sie mich für den Moment auf den Boden der Tatsachen zurück. Ich fühle mich nach dem Telefonat etwas niedergeschlagen. Und gleichzeitig versuche ich nachzuvollziehen, wie mein Reden, meine Situation auf andere wirken muss. Es taucht plötzlich ein anderer Mann in meinem Leben auf, mit dem zwar nichts läuft, dessen bloße Anwesenheit mich aber zu verzaubern scheint. Und gleichzeitig stelle ich mein bisheriges Leben nicht infrage.
Ich kann nachvollziehen, dass das schwierig zu verstehen ist. Kann so eine Beziehung überhaupt funktionieren? Oder mache ich mir nur selbst etwas vor? Riskiere ich mehr, als es mir bewusst ist?
***
Am nächsten Morgen breche ich nach Hamburg auf. Anders als auf der Zugfahrt nach Wien nutze ich die Zeit, mich auf das Meetingvorzubereiten. Um 14.00 Uhr sind wir in Hannos Klinik verabredet. Abends steht ein Teamdinner im Hamburger Schanzenviertel auf dem Programm. Morgen Vormittag wird noch einmal eine Teamsitzung stattfinden, danach reist jeder individuell ab. Meine Aufregung steigt.
Bevor ich zur Klinik fahre, checke ich kurz im Hotel ein und mache mich frisch. Ich wähle ein unauffälliges Outfit und Make-up. Ich möchte weder Hanno noch dem Team signalisieren, dass ich äußerlich auffallen will. Alles, was zählen soll, sind meine fachlichen Beiträge – zumindest vorerst.
Meine Nervosität steigt im Taxi zur Klinik ins gefühlte Unermessliche. Ich muss mich zusammenreißen, locker bleiben. Am Krankenhaus angekommen, erkundige ich mich an der Eingangszentrale nach dem Weg zu Hannos Büro.
»Einen Moment bitte«, sagt die freundliche Dame hinter dem Tresen. Sie greift zum Telefonhörer und will mich anscheinend in Hannos Sekretariat anmelden. Sie lächelt mir nett zu. »Gehen Sie bitte direkt in den Besprechungsraum 2.16 auf der zweiten Etage. Prof. Clausen hat sich bereits auf den Weg zu seinem Teammeeting gemacht. Dort, gegenüber von dem Kiosk, befinden sich die Aufzüge.«
Ich danke herzlich und werfe einen Blick auf meine Uhr. Bin ich zu spät? 13.54 Uhr. Ich werde pünktlich sein. Allerdings haben sich die anderen Kollegen dort anscheinend schon eingefunden. Ich werde noch nervöser. Die Begrüßung wäre mir unter vier Augen lieber gewesen. Wie sollte ich mich nun verhalten? Formal begrüßen, so tun, als
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