Mein Höhenflug, mein Absturz, meine Landung im Leben (German Edition)
vor allem die Vierschanzentournee übertragen. Rund 30 Kameras verfolgten den Wettbewerb, darunter die »Flycam« (Seilkamera diagonal über den Auslauf), die »Jumpcam« (Minikamera am Vorspringer), die »Cam-Cat« (begleitete Springer vom Anlauf bis zur Landung), Kamerakräne, »Chip«-Kameras in der Anlaufspur sowie »News-Helikopter« (Flüge über die Schanzenanlage). Als besonderer Leckerbissen wurde »Best View 3D« angepriesen. Das neuartige Analysesystem soll eine 360-Grad-Perspektive um den Springer im virtuellen Raum anbieten.
Diese neue, aufwendige Form der Präsentation zahlte sich für alle aus. Die Einschaltquoten stiegen rasant, auf manchmal neun Millionen Zuschauer. Für eine 30-sekündige Werbepause konnte RTL jetzt jeweils 70.000 Mark in Rechnung stellen. Und auch wir Athleten profitierten von der Show.
Boygroup: die erfolgreichen deutschen Skiadler, vom Fotografen Sammy Minkoff cool inszeniert
Traum der Mädchen und der Schwiegermütter
Mit meinen Erfolgen wurde ich nun neben Martin Schmitt der zweite »Überflieger« aus dem Team der deutschen Adler. Der Hype hatte begonnen. RTL wollte aus uns »die Schumacher-Brüder des Winters« machen.
Teamkollege Martin Schmitt über Sven
»Sven hat mich zur Ordnung erzogen«
» Von Sven habe ich gelernt, dass eine gewisse Ordnung das Leben durchaus auch einfacher machen kann. Bei dem einen oder anderen in der Mannschaft herrschte auf dem Zimmer das reinste Chaos. Sportlich kamen diese Athleten oftmals an einen Punkt, wo es nicht mehr weiter nach vorne ging. Ich glaube tatsächlich, es gibt da einen Zusammenhang zwischen Ordnung, Struktur – und Erfolg.
Wir sind ja sehr viel unterwegs gewesen, Trainingslager, Wettkämpfe und so. Seit 1999 habe ich mit Sven meistens das Zimmer geteilt, viele Wochen im Jahr. Vorher war Alexander Herr mein Zimmerkollege, und Sven lag mit Dieter Thoma im Zimmer. Als der Dieter aufhörte und Alex sich ein Kreuzband gerissen hatte, wollten wir gerne zusammen. Wir konnten sehr gut miteinander. Obwohl wir so eng beisammen waren, gab es keine Probleme. Nach dem Training oder Wettkampf bist du ja ziemlich fertig, willst nur noch deine Ruhe oder fernsehen. Bei uns lief meist Sport.
Ich habe Sven als extrem zielstrebig erlebt. Und ehrgeizig waren wir beide. Aber als Typen sind wir doch sehr unterschiedlich. Ich habe immer versucht, analytisch vorzugehen. Freiwillig habe ich mir immer auf Video jeden meiner Sprünge angeschaut, immer wieder, habe kleinste Fehler gesucht, habe Trainingsaufbau und alles, was dazugehört, hinterfragt und in Sachen Material immer nach Alternativen gesucht. Sven war immer ganz anders. Er hatte blindes Vertrauen in die Trainer. Er hat seine praktischen Erfahrungen gesammelt, so lange, bis er überzeugt war, dass er den richtigen Ski, den richtigen Schliff, den besten Sprunganzug für sich hat. Und wenn er sein System gefunden hatte, dann ist er dabeigeblieben. «
Wie der erfolgreiche Team- und Zimmerkollege Martin Schmitt über alte Zeiten denkt
Mit Martin Schmitt in Freiburg (2013)
»Martin, wink doch mal. Hanni, schau doch mal her«, die Zahl der Fans im Schanzenauslauf, meist ziemlich junge Mädchen, wuchs dynamisch von Wettbewerb zu Wettbewerb. Und wir erfüllten geduldig ihre Wünsche. Ein Internetportal schrieb über uns: »Trotz ihrer Erfolge und trotz der gestiegenen Popularität sind die beiden Schwarzwälder mit beiden Beinen auf dem Boden geblieben. Martin Schmitt und Sven Hannawald sind der Traum der Mädchen und der Schwiegermütter. Nett, freundlich, höflich und mit dem lieben Lausbuben-Blick ausgestattet, der sie so sympathisch und zu ›Everybodys Darling‹ macht. Die liebenswerte Schwarzwälder Art mit dem allemannischen Dialekt tut ein Übriges.«
Die Namen »Hannawald« und »Schmitt« wurden jetzt in den Medien und von den Fans meist im selben Atemzug genannt. Wir waren beide froh, dass wir dieses überhitzte Interesse an den deutschen Adlern, das sich besonders auf uns beide fokussierte, gemeinsam erlebten. Wir wurden jetzt deutlich mehr gefordert. Von den Medien. Von den Fans. Von Sponsoren. Von den Mädchen, die im Hotel auftauchten.«
Martin und ich – ein ideales Paar
Nein, wir haben uns über diese pikante Situation nicht beklagt, natürlich nicht. Aber wir wussten beide, dass wir den neuen Verlockungen nur mit professioneller Distanz begegnen konnten. Entweder – oder. Ein bisschen lockeres Leben geht im Hochleistungssport nicht.
Dieser Trubel bei den
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