Mein irischer Held
jemand sie unerwartet ansprach, erschrak sie.
Es war Patrick. „Guten Tag. Ich hatte gehofft, Euch hier zu treffen. Ich würde gern einiges mit Euch besprechen.“
Seine Stimme klang ernst, und Genevieve begriff, dass es sich um etwas Wichtiges handeln musste. „Es täte mir sehr leid, wenn ich Euch und den Euren Unannehmlichkeiten bereiten würde“, sagte sie.
„Einige meiner Leute sind misstrauisch. Aber da Ihr Euch auf meine Einladung hin auf Laochre aufhaltet, müssen sie sich damit abfinden, dass eine Normannin als Gast bei uns weilt.“ Er bot Genevieve den Arm. „Wollt Ihr mir an einen Platz folgen, an dem niemand unser Gespräch belauschen kann?“
„Natürlich.“
Er ging mit ihr zu einer abgeschiedenen Saalecke, wo sie beide auf zwei Holzstühlen Platz nahmen. Patrick musterte nun mit seinen grünen Augen aufmerksam Genevieves Gesicht. „Ich habe mit Bevan über die Möglichkeit eines Arrangements gesprochen.“
Er zögerte, und Genevieve folgerte daraus, dass ihm nicht ganz wohl bei dem Vorschlag war, den er ihr unterbreiten wollte.
„Ich nehme an, es geht um Rionallís?“, erkundigte sie sich nervös.
„In gewisser Weise ja. Ich möchte, dass Frieden zwischen Eurer Familie und den Angehörigen meines Volkes herrscht. Und ich bin ziemlich sicher, dass Ihr das Gleiche wünscht.“
Sie nickte. Er hatte so ruhig und überlegt gesprochen, dass ihre Unsicherheit verflogen war. „Wenn ich Euch recht verstehe, möchtet Ihr, dass ich etwas tue, um diesen Frieden herbeizuführen. Woran habt Ihr gedacht?“
„Ich möchte, dass Ihr Bevan heiratet. Eine Ehe zwischen Euch und ihm würde zur Folge haben, dass der Streit um Rionallís ein Ende hat. Denn der Besitz würde dann beiden Clans gleichermaßen gehören. Meiner Meinung nach würde auch Euer König diese Lösung gutheißen.“
Genevieve runzelte die Stirn. Tatsächlich hatte sie bereits ähnliche Überlegungen angestellt. Doch das war vor Bevans Kuss und seiner anschließenden Flucht gewesen. „Euer Bruder“, stellte sie fest, „würde lieber sterben, als eine Normannin zur Frau zu nehmen.“
Patrick schüttelte den Kopf. „Ich bin nicht nur sein Bruder, sondern auch sein König. Er schuldet mir Gehorsam.“
Das mochte stimmen. Aber wollte sie den Rest ihres Lebens an der Seite eines Mannes verbringen, der sie ablehnte? War sie bereit, dieses Opfer zu bringen, damit es kein Blutvergießen gab?
„Im Moment würde es mir genügen, wenn Ihr Euch damit einverstanden erklären könntet, dass ich die Angelegenheit vor Eu ren König Henry bringe und sie auch mit unserem Hochkönig bespreche.“
„Es nützt Euch nichts, wenn ich ja sage. Ihr braucht das Einverständnis meines Vaters.“
„Ich habe ihm bereits eine Nachricht geschickt und ihn gebeten, mich auf Tara zu treffen. Gerade eben ist der Bote zurückgekehrt. Der Earl of Longford lässt mir mitteilen, dass er dorthin reisen wird.“
Das war eine gute Neuigkeit. Ihr Vater würde endlich kommen und sie vor Hugh schützen. Das jedenfalls wollte sie fest glauben, auch wenn Thomas de Renalt auf keine ihrer Botschaften reagiert hatte. Nun, immerhin war es möglich, dass Hugh all ihre Briefe abgefangen hatte, so dass nicht ein einziger ihren Vater erreichte.
Sie runzelte die Stirn. Nach allem, was Marstowe ihr angetan hatte, konnte sie ihn nicht heiraten. Das würde ihr Vater sicher verstehen. Aber würde er sich deshalb auch damit einverstanden erklären, dass sie die Gemahlin eines anderen wurde? Eines Iren? Es war keineswegs auszuschließen, dass er eigene Pläne hegte. Und da er davon überzeugt war, dass Rionallís ihm von Rechts wegen zustand, würde er auch bereit sein, mit Bevan um den Besitz zu kämpfen.
Patricks Stimme riss sie aus ihren Gedanken. „Kann ich die Verhandlungen aufnehmen? Seid Ihr bereit, Bevan zu heiraten, damit in Zukunft Frieden zwischen unseren Familien herrscht?“
Sie holte tief Luft. „Ja.“
6. KAPITEL
Als der Sturm nachließ, war das Land unter einer dichten, weißen Decke aus Schnee begraben. Dennoch wollte Genevieve ein wenig nach draußen gehen. Sie brauchte Ruhe, um über das nachzudenken, was Patrick ihr gesagt hatte.
Sie hatte von Isabel einen warmen Wollumhang mit einem fröhlich bunten Muster bekommen, den sie sich jetzt umlegte. Dann trat sie in den Hof hinaus. Es war kalt, Schneeflocken tanzten um sie herum, Mensch und Tier hatten Zuflucht in den verschiedenen zur Burg gehörenden Gebäuden gesucht.
Genevieve tat es gut, allein zu
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