Mein irischer Held
schluckte, und ihr wurde klar, was sie so berührte. Bevan war ein starker Mann, ein Krieger, der sich nehmen konnte, was immer er wollte. Aber im Gegensatz zu Hugh war er auch rücksichtsvoll. Er kümmerte sich aufopferungsvoll um ein Kind, das nicht einmal zu seinem Clan gehörte. Auch ihr gegenüber hatte er sich stets von seiner sanften Seite gezeigt. Sein Kuss war voller Zärtlichkeit gewesen. Nie hatte er mehr von ihr verlangt, als sie zu geben bereit war. Ja, so sorgfältig er seine Gefühle auch vor der Welt zu verbergen suchte, er war ein liebevoller Mensch. Ein Mensch, dem so viel Schmerz zugefügt worden war, dass er nun alles tat, um sein Herz vor Empfindungen abzuschirmen, die zu neuem Leid führen konnten.
Als sie das Wasser das nächste Mal wechselte, erkundigte sie sich: „Wann werdet Ihr nach Tara reisen?“
„In drei Tagen. Anscheinend möchte unser Hochkönig gemeinsam mit Eurem König klären, wer in Zukunft Herr auf Rionallís sein soll.“
Genevieve hob den Blick. Der richtige Zeitpunkt, um mit Bevan über Patricks Idee zu sprechen, war gekommen. Aber sie musste ihre Worte sorgfältig wählen. „Euer Bruder“, begann sie, „ist der Meinung, dass es von Vorteil sein könnte, wenn Ihr mich heiratet.“
„Ich werde keine Ehe schließen, nur um zu erhalten, was mir von Rechts wegen sowieso zusteht.“
Das war mehr als deutlich. Er verabscheute die Vorstellung, sie zu heiraten. Genevieve war gekränkt. Aber sie zwang sich, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr er sie verletzt hatte. Leise sagte sie: „Ihr wehrt Euch gegen diese Ehe, weil ich eine Normannin bin. Aber ich bin nicht Eure Feindin. Auch würde ich nicht darauf bestehen, dass wir wie Mann und Frau zusammenleben. Ihr könnt mich also bedenkenlos heiraten.“
Er starrte sie an.
Sie legte ihm die Hand auf die Schulter. Seine Muskeln waren fest, und sie spürte die Wärme, die sein Körper ausstrahlte. „Ich meine, ich würde nicht erwarten, dass Ihr … das Ehebett mit mir teilt.“
Sein Herzschlag beschleunigte sich.
„Ihr könntet nach Lust und Laune kommen und gehen. Ich würde keine Fragen stellen. Und Rionallís würde Euch gehören, ohne dass Ihr das Leben auch nur eines einzigen Mannes riskie ren müsstet.“
Er musste sich zwingen, langsam und regelmäßig zu atmen. „Ihr wisst nicht, was Ihr da sagt“, stieß er schließlich hervor.
„Doch.“ Seine Nähe, seine männliche Ausstrahlung, sein Mund, der dem Ihren so nah war, verwirrten sie. Aber sie musste jetzt stark sein. „Bitte, denkt wenigstens darüber nach.“
Himmel, wie er sie begehrte! So sehr er sich auch bemühte, er konnte das Verlangen nach ihr nicht bezwingen. Er wollte sie küssen. Wollte in ihren tiefblauen Augen versinken und alles um sich herum vergessen.
Doch in diesem Moment zog sie ihre Hand zurück. Ihre Stimme klang ruhig, obwohl ihr Puls raste und ihr Herz vor Sehnsucht zu zerspringen schien. „Ich biete Euch Rionallís, Eure Freiheit und Frieden zwischen unseren Völkern an. Könnt Ihr ein solches Angebot guten Gewissens ausschlagen?“
Ein eher schmal gebauter Mann näherte sich Laochre. Er bewegte sich wie ein Ortskundiger – und so war es auch, man kannte ihn. Die Wachen riefen ihm einen überraschten Gruß zu.
„Ich habe befürchtet, dass du tot bist“, meinte einer der Soldaten. „Was ist geschehen?“
Der Rothaarige hatte sich gut auf diesen Moment vorbereitet. Seine Leute verdienten nicht, was er ihnen antun würde. Aber er hatte keine Wahl. Wenn er Kiara, seine Frau und Mutter seines Sohnes retten wollte, musste er zum Verräter werden. „Ich bin mit den anderen in Gefangenschaft geraten. Doch ich konnte von Rionallís fliehen“, sagte er.
„Dann leben die anderen?“
„Ja.“
„Das ist gut. Sie werden bald frei sein, Bevan hat Connor mit ein paar Männern nach Rionallís geschickt.“
„Bevan führt den Trupp nicht selbst an?“
„Nein. Patrick wollte das wohl nicht …“
Der Rothaarige dachte angestrengt nach. Connor wusste nicht, dass auch Kiara in Gefangenschaft geraten war. Konnte sie dadurch in eine noch größere Gefahr geraten? Etwa dann, wenn Hugh sie seit seinem neuen Plan von den anderen Gefan genen entfernt versteckt hielt? Was, um Himmels willen, soll ich tun? Er wagte nicht, den Soldaten die Wahrheit zu sagen .
In diesem Moment überkam ihn ein großer Zorn auf Genevieve de Renalt. Ja, die Normannin war an allem Schuld. Wenn sie nicht gewesen wäre, hätte Bevan sich von Anfang an anders
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