Mein irischer Held
es nur, dass er stets diesen beinahe unwiderstehlichen Wunsch verspürte, sie zu streicheln, sie zu küssen, sie zur Ekstase zu bringen?
In diesem Moment tauchte Rionallís am Horizont auf. Bevans Herz machte einen Sprung. Ein großes mit Schnee bedecktes Feld trennte die Gruppe der Reiter noch von der Burganlage. Im Sommer würde dort golden das Getreide reifen, auf den umliegenden Wiesen das Vieh weiden. Und Menschen würden damit beschäftigt sein, die äußere Mauer von Rionallís zu verstärken.
Ich werde dafür sorgen, schwor Bevan sich, dass alle, die hier leben, ohne Angst vor Überfällen ihrer Arbeit nachgehen und einen gewissen Wohlstand genießen können.
Obwohl er so oft an Rionallís gedacht hatte, war ihm nicht wirklich bewusst gewesen, wie sehr er den Besitz und die Menschen, die dort zu Hause waren, vermisst hatte. Aus Angst vor allem, was ihn an Fiona erinnerte, hatte er Rionallís den Rücken gekehrt. Aber nun tat es gut, zurückzukommen.
Früher hatte Fiona ihn willkommen geheißen. In Zukunft würde es Genevieve sein, die auf ihn wartete und ihn mit leuchtenden Augen begrüßte.
Es war an der Zeit, sich damit abzufinden.
Genevieve hob ihr Schwert, um Ewans Angriff abzuwehren. Ihre Armmuskeln waren kräftiger geworden, und sie konnte die schwere Waffe jetzt ohne allzu große Anstrengung halten. Wenn allerdings Metall auf Metall stieß, dann durchfuhr jedes Mal ein Schmerz ihre angespannten Sehnen.
Während der letzten Tage hatte sie regelmäßig mit Ewan geübt. Sie wusste nicht, ob er ein guter Lehrmeister war, aber sie war stolz auf alles, was er ihr beibrachte. Und er war stolz darauf, dass er sein Können – so bescheiden es auch war – weitergeben konnte. Das allein tat seinem Selbstbewusstsein so gut, dass er tatsächlich Fortschritte machte.
Genevieve war zufrieden mit sich. Es war ihr gelungen, etwas für den ehrgeizigen und dabei so ungeschickten Jungen zu tun. Zugleich hatte auch sie selbst Vorteile dadurch. Ihr ging es dabei weniger um ihre Fertigkeiten im Schwertkampf. Viel wichtiger war, dass ihr Plan, von Ewan mehr über Bevan zu erfahren, aufgegangen war. Ewan bewunderte seinen älteren Bruder und bemühte sich, es ihm in allem gleichzutun. Das verrieten seine Worte immer wieder.
„Heiraten“, sagte er in diesem Moment, „werde ich allerdings nie.“
„Warum nicht?“
„Ich besitze nichts, höchstens ein paar Rinder. Wie sollte ich also einen richtigen Hausstand gründen? Ich brauche keine Frau, die mir den Haushalt führt.“
Genevieve unterdrückte ein Lächeln. Glaubte der Junge wirklich, Männer würden sich nur deshalb eine Frau suchen, damit sich jemand um das Heim kümmerte? Laut sagte sie: „Ich bin ziemlich sicher, dass Patrick dir ein Haus und ein Stück Land überlassen würde, wenn du dir beides nicht selbst erwerben kannst.“
Ewan ließ das Schwert sinken. „Meine Brüder wollen, dass ich die Priesterlaufbahn einschlage. Aber diese Art von Leben liegt mir nicht. Ich werde mich als Kämpfer bei anderen Herren verdingen, in ihrem Auftrag große Siege erringen und meinen Lohn sparen, bis ich mir eigenes Land anschaffen kann.“
„Und dennoch möchtest du keine Söhne haben, die deinen Besitz eines Tages erben?“
„Hm …“ Er war rot geworden.
„Man braucht eine Frau, um Kinder zu haben.“
Jetzt wurden seine Wangen noch röter. Um seine Verlegenheit zu verbergen, begann er wieder, mit dem Schwert zu üben. „Die Mädchen lachen über mich. Sie wissen, dass ich nicht kämpfen kann.“
Genevieve hätte all diese dummen Mädchen am liebsten durchgeschüttelt. Ewan war ein so netter Junge! Er hatte es nicht verdient, dass sie sich über ihn lustig machten und seine Ungeschicklichkeit tadelten. „Es gibt auch Mädchen, die auf innere Werte achten“, erklärte sie.
Ewan schwieg. Aber seine Miene verriet deutlich, dass er das für eine Lüge hielt. Genevieve spürte, dass er allein sein wollte. Da auch sie gegen etwas Ruhe nichts einzuwenden hatte, verließ sie die Waffenkammer. Vielleicht würde es ihr guttun, sich ein bisschen mit der Handarbeit zu beschäftigen, die sie begonnen hatte. Sie begab sich in den großen Saal und nahm den Korb zur Hand, in dem sie Nadeln und Garn aufbewahrte.
Doch schon nach kurzer Zeit stand sie wieder auf. Sie war zu nervös, um sich auf die Stickarbeit zu konzentrieren. Nach dem Gespräch mit Ewan gab es so viel, über das sie nachdenken musste. Aber am liebsten hätte sie jetzt ein wenig musiziert. Ja, wenn
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