Mein ist dein Herz
ist, welches dafür verantwortlich ist.
Im Herzstück des Wildmannreichs erwarten mich wie immer ein herzlicher Empfang, heißer Tee und leckere Kekse. Adriana umsorgt mich mit demselben Eifer, wie ich es zuletzt bei Nancy gesehen habe, als diese sich durch die Monate hindurchquälte, als der wachsende Bauch für schlaflose Nächte sorgte. Dies ist auch ein Grund für meine unausgesprochene Frage, ob Seans Mutter nicht doch bereits eine Ahnung hat, warum ich plötzlich zugenommen habe und überhaupt viel öfters vorbeikomme.
Wir zwei kommen andererseits auch ohne Vertraulichkeiten sehr gut Miteinander aus. Ich kann getrost sagen, dass ich mich glücklich schätzen würde, wenn sie eines Tages zu meiner Schwiegermutter wird.
»Willst du mit Jonas und seiner Freundin ausgehen? Sie wollten gern in ein Billardcafé ...«, fragt mich Sean und kommt aus dem Wohnzimmer mit dem Handy am Ohr heraus.
»Gib´s zu! Du willst doch nur wieder hinters Steuer!«, feixt seine Mutter.
Ach ja? Habe ich es schon erwähnt? Sean hat seine Führerscheinprüfung wie erwartet erfolgreich bestanden und ist nun der stolze Besitzer eines alten aber dennoch sehr schmucken Fords. Ein Escort, in meiner Lieblingsfarbe: Blau!
Jedenfalls lässt er nun wirklich keine Gelegenheit aus, um sich hinters Steuer zu setzen und irgendwohin zu fahren.
»Es handelt sich lediglich um eine Fahrt bis zum nächsten Ort! Also nichts, was der Rede wert wäre«, erklärt Sean. »Da wird noch nicht einmal der Motor warm ...«
»Ein paar Runden Billard, werden uns sicherlich gut tun«, falle ich ihnen ins Wort und sehe wie Sean ein lautloses »Du bist ein Schatz!« an mich richtet.
J e später der Abend, desto lästiger wird das Summen meines Handys in der Tasche. Ich sehe mich bald schon gezwungen, es herauszuholen, um das Ding endgültig stummzuschalten. Dabei fällt mir natürlich auf, wie oft Tyler bereits angerufen und wie viele SMS er verschickt hat.
Man könnte sein Benehmen getrost als Stalking bezeichnen!
Weiß Gott, ich hätte es besser gelassen, allerdings öffne ich eine Nachricht nach der anderen und rutsche nach jeder Einzelnen nur noch nervöser auf der glatten Sitzfläche des Barhockers.
Mein Blick schweift zu Sean, der mit dem Queue in der Hand neben Jonas steht und über eine gute Taktik sinniert, wie er die Runde gewinnen kann. Sie spielen nämlich gerade um Geld mit ein paar anderen Jungs aus Isny und sind kurz davor, diese Partie für sich zu entscheiden.
Amanda - Jonas neue Freundin - ist gerade auf der Toilette verschwunden, also nutze ich die günstige Gelegenheit, um kurz nach draußen zu gehen.
Die Bar liegt im zweiten Stockwerk eines Geschäftshauses, wo unten drunter ein Geschäft liegt und die klare Luft ist nun tatsächlich viel kälter geworden. Normalerweise bewundere ich hier den Ausblick, heute aber gilt meine Aufmerksamkeit dem Handy.
Mit zitternden Gliedern wähle ich Tylers Nummer in der Anrufliste aus und rufe ihn ohne ein zweites Mal darüber nachzudenken an.
Je schneller ich das kläre, um so besser! , ist das Motto, welchem ich folgen will.
»Wo zum Teufel steckst du, Janessa? Du bist nicht zuhause und warst es auch nicht!«, blafft er anstelle einer Begrüßung ins Telefon. Nichts Neues für mich, wenn ich ehrlich bin. Aber dennoch ist es nicht gerade angenehm, andauernd angeschrien zu werden.
»Ich bin mit Freunden beim Billard!«, antworte ich wahrheitsgemäß.
»Wo?«
»Das geht dich nichts an!«
»W O ?«, wiederholt er einen Tick gereizter.
»Wie gesagt, das geht dich nichts an.«
»Ich sage es dir ein letztes Mal, Janessa. Du bist alles, was ich habe. Du kannst und darfst mich nicht so im Regen stehen lassen, weil ich dann keinen Sinn darin sehe, weiterzuleben. Das Leben ist beschissen genug, der Tag war es auch, deswegen wäre es jetzt mehr als angebracht, wenn du mir sagst, wo du bist!«
»Das werde ich nicht!«, verlaute ich mein Urteil.
»Gut!«, antwortet er. »Wenn das so ist ...« Er legt eine kurze Bedenkpause ein. »... hoffe ich, dass du mit der Schande leben kannst! Den Brief, welchen ich in handschriftlicher Form niedergeschrieben habe, werde ich dir gleich per SMS zuschicken. Nur damit du weißt, was auf dich zukommt! Leb Wohl, Janessa! Beziehungsweise hoffe ich, dass dich dein Gewissen zerfleischt und du den Rest deines Lebens heulend an meinem Grab verbringst ...«
Damit legt er auf und ich stehe noch eine gefühlte Ewigkeit so da, mit dem Summen der Stille an meinem Ohr und frage
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