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Mein ist dein Tod

Mein ist dein Tod

Titel: Mein ist dein Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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dafür sorgte, dass eine Beziehung gefloppt war.
    Bei diesen Erinnerungen lächelte er und tatsächlich hatte er den Alexandermord für einige Sekunden vergessen.
    Das eine Übel mit dem anderen ausgetauscht, könnte man sagen, nicht wahr?
    Elvira hatte ihn regelrecht angefleht, Mister Null zu fangen.
    Als wäre der Mörder ein Schmetterling und er, der Mann aus Dortmund, hätte das größte Netz.
    Warum traute sie ihm so viel zu?
    Sie wusste, dass er einer der Besten war.
    Aber vielleicht wollte sie sich auch beweisen, mit dem richtigen Mann ins Bett zu gehen. Bei Elvira war alles denkbar.
    Jetzt grinste er sogar, stand auf und ging in den Umkleideraum, wo er fröhlich pfeifend unter der dampfenden Dusche seine geschundenen Muskeln aufweichte.

32
     
    » Okay, ich werde es noch einmal tun.« Max reckte sich, als hätte er eine große Last abgeworfen, was sicherlich auch so war, denn er hatte den Gedanken geschleppt und entschieden. »Und da mit unserer alten Verkleidung alles gut gelaufen ist und uns niemand auf die Spur kommt, sollten wir dabeibleiben. Never change a winning horse, wenn du verstehst?«
    » Und wo willst du es tun?«
    » An derselben Stelle.«
    Lenas Herzschlag setzte für einen Atemzug aus. Sie hatte sowieso ein schlechtes Gewissen, dass sie ihn motiviert hatte, einen zweiten Mord zu begehen, aber sie wäre nie auf die Idee gekommen, er solle es am selben Ort tun.
    » Sie werden dich sofort verhaften, wenn du dort sitzt. Deine Verkleidung ist zu bekannt. Sie erscheint täglich im Fernsehen. Das ganze Land sucht nach dir.«
    Max grinste schräg und Schalk funkelte in seinen Augen.
    »Wo versteckt man sich am besten?«
    Sie starrte ihn entgeistert an und zuckte mit den Achseln.
    »In der Höhle des Löwen, oder anders ausgedrückt, ganz nahe beim Feind, da einen dort niemand erwartet.«
    Sie begriff noch immer nicht.
    »Im Jiddischen gibt es dafür einen schönen Begriff. Man nennt es Chuzpe. Kennst du das Wort?«
    Lena schüttelte den Kopf.
    »Chuzpe ist eine zielgerichtete intelligente Unverschämtheit, so kann man es erklären. Vielleicht könnte man es auch Dreistigkeit nennen.«
    » Aha.«
    » Eine kleine Geschichte. Hörst du zu?«
    » Ja.«
    » Da sind ein Bettler und ein Rabbi. Der Bettler sagt: ‚Eine milde Gabe, Herr.’ Der Rabbi: ‚Hier hast du eine Kopeke.’ Der Bettler: ‚Nur eine Kopeke? Letzte Woche hast du mir zwei gegeben.’ Der Rabbi: ‚Ich hatte eine schlechte Woche, mein Lieber.’ Der Bettler: ‚Und wenn du eine schlechte Woche hattest, soll ich darunter leiden?’«
    Lena sah ihn entgeistert an.
    »Das ist Chuzpe. Tue, was niemand vermutet, und sei dreist. Dann wirst du erfolgreich sein. Ich weiß zwar nicht, ob der Rabbi dem Bettler die zweite Kopeke gab, aber ich würde fast darauf wetten. Genauso wette ich darauf, dass auch dieses Mal alles nach Plan läuft. Wenn mich ein Überwachungsbeamter auf dem Bildschirm sieht, wird er niemals davon ausgehen, ich sei es, sondern jemand, der sich einen Scherz erlaubt. Bis sie merken, dass es echt ist. Chuzpe eben.«
    Lena begriff und sagte: »Ihr Psychologen seid gefährliche Typen. Ihr wisst zu viel über eure Mitmenschen. Das gibt euch Macht. Ihr wisst, wie man manipuliert, und nutzt es zu eurem Vorteil.«
    Max schwieg und sah sie lange an. Dann zog er die Brauen hoch und murmelte: »Und jetzt fragst du dich, ob ich dich manipuliert habe?«
    Lena kniff die Lippen zusammen. Las er ihre Gedanken?
    Er sagte: » Wir alle manipulieren uns. Jeden Tag, immerzu. Denn alles ist ein Geschäft. Gibst du mir, gebe ich dir.«
    » Grauenvoll«, entfuhr es Lena. »Das klingt so unromantisch.«
    Max lachte , und da war es wieder, dieses warme Empfinden, das er ausstrahlte, die Verlässlichkeit. »Psychologisch gesehen gibt es keine Liebe. Die Verliebtheit ist ein Zustand der psychischen Verwirrung. Verliebte Menschen, hat man durch die neuen bildgebenden Verfahren festgestellt, zeigen dieselben Gehirnmuster wie Schizophrene. Sie befinden sich in einem Zustand, in dem sie eigentlich in eine Klapsmühle gehören. Doch das vergeht. Die spätere reife Liebe ist eine Vereinbarung zwischen zwei Menschen. Man toleriert, schenkt und wird beschenkt. Alles, was ein Mensch tut, geschieht mit Hintergedanken. Nicht immer bewusst, aber das ist auch nicht nötig. Unser Unterbewusstsein hat längst begriffen, wie wir überleben, denn auch das, was wir Liebe nennen, ist ein Überlebenskampf. Wir wollen erhalten, was wir schön finden, wobei wir uns wohl

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