Mein ist dein Tod
Einsatzkommando zu Max Jungs Wohnung zu fahren. Sie hielten in der Seitenstraße und sofort fiel ihm etwas auf.
Neben der Haustür hatte ein Schild gehangen. Nun war es abgeschraubt. Auf dem Verputz war ein heller Fleck mit rostigen Rändern.
Es hatte nur Minuten gedauert, bis in Erfahrung gebracht wurde, dass es einen ausgebildeten Psychologen dieses Namens offiziell nicht gab. Wenn Max Jung also mit einem Doktortitel praktiziert hatte, war dies unrechtsmäßig geschehen.
»Er hat seine sogenannt Praxis geschlossen«, fauchte Donald.
Das Kommando stürmte die Wohnung, doch niemand war anwesend.
Zur selben Zeit wurde bei Lena Mora geklingelt. Da niemand öffnete und Gefahr in Verzug war, wurde die Tür gewaltsam geöffnet. Auch hier war niemand.
Beide, Max und Lena, waren verschwunden.
42
Max war stolz auf sich.
Niemand würde ihn fassen, obwohl die Aktion auf dem Alexanderplatz misslungen war. Nicht er war schuld daran, sondern sein verdammter Vater. Max war vom Alexanderplatz die Treppe runter zur U-Bahn gerannt, hatte eine öffentliche Toilette aufgesucht, sich blitzschnell demaskiert und stieg a ls Dr. Jung in die Linie 5 zu seiner Wohnung. In Windseile montierte er das Praxisschild ab, warf es in eine Mülltonne, holte sich einen kleinen Koffer und ein paar wichtige Reiseutensilien aus der Wohnung und verschwand von hier aus Richtung Charlottenburg, wo er in ein Hotel eincheckte, in dem kein Personalausweis verlangt wurde, was er befürwortete, falls man ihn zur Fahndung ausgeschrieben hatte.
Er unterzeichnete spontan und verwegen mit Mickey Mouse und bezog sein Zimmer.
Nun lag er auf dem Bett und starrte an die Zimmerdecke.
Er atmete langsam und ruhig aus und ein, und versuchte, seine Mitte zu finden. In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Er versuchte, sie zu greifen und in eine logische Reihenfolge zu bringen, doch da waren auch Gefühle, dere r er kaum Herr wurde.
Zorn, Hass und Wut!
Seitdem sein Vater ihn in die Bewusstlosigkeit getreten hatte, war er einer Form der Rationalität gefolgt, die wie ein Leitseil war, wie ein Handlauf über eine schwankende Brücke. Er war keiner, der sich seinen Gefühlen hingab und ihnen wie ein Narr nachlief. Er folgerte, überdachte, resümierte und handelte entsprechend.
Er versuchte mittels Selbstfokussing diese destruktiven Emotionen zu verbannen, doch stets, wenn er meinte, sich zu finden, überfielen sie ihn wieder mit brachialer Macht.
Was geschehen war, hatte ihn aus der Bahn geworfen. Und wenn er sich nicht fasste, würden ihn die Wirbel in den Abgrund treiben.
Er durfte mit Lena nicht mehr sprechen. Das war, als breche man ein Geschwür auf. Ein Gefühl war wie eine Muschel. Der Fühlende fühlte sich sicher unter der Schale. Oder wie ein kleines Zelt, in dem man weilte, nicht die Hitze der Sonne spürte , sondern nur den Hautgeruch des Partners wahrnahm. Eine Insel. Wurde eine Insel überschwemmt, flossen alle diese wunderbaren Sinnempfindungen, Reize, und manchmal auch die Instinkte davon. Und ohne Instinkte war ein Mensch nichts, weniger als ein Tier.
Hilflos.
Wehrlos.
Nackt!
Zuerst würde er Lena töten, dann den alten Mann, der ihm alles das angetan hatte.
Er würde ein für allemal aufräumen.
Lena, die er noch immer liebte
(und wie er sie liebte, oh ja!)
würde sterben, denn sie hatte ihn verraten. Sie war mit ihm gegangen. Mit diesem großen Kerl, der wie der alte Clint Eastwood aussah und immer noch jede attraktive Frau um den Finger wickeln konnte. Und nun nahm er ihm seine Liebste weg. Wie konnte sie ihn nur so enttäuschen? Warum hatte sie nicht zu ihm gestanden, zu dem Mann, der für sie gemordet hatte? Warum hatte sie ihn im Stich gelassen, sodass er nur mit Mühe der Polizei entkommen war, deren klebrige Finger er schon auf dem Rücken gespürt hatte?
Sie hatten gemeinsame Pläne geschmiedet. Sie waren das ideale Liebespaar gewesen. Für sie hätte er alle s, alles, alles getan, und sie rannte bei der ersten Kleinigkeit weg, direkt in die Arme dieses verlogenen alten Kerls.
(Stirb, Lena!)
Und wie würde er anschließend mit George W. Fielding verfahren? Sein Vater war zwar weit über siebzig, aber noch immer ein stattlicher Mann. Und Max besaß keinen Revolver. Eine Kugel tötete auf Distanz, aber in die Nähe der langen Arme seines Vaters wollte er auf keinen Fall kommen.
Max lachte leise. Kicherte. Schüttelte sich auf dem Bett, als stehe er unter
(Strom!)
Stress.
Er verhielt sich noch immer wie ein
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