Mein Ist Die Nacht
anzumachen. Dass er sich selber beim Sex mit seiner Freundin
bald schon im Internet würde bewundern können, davon
hatte Belter vermutlich nichts geahnt, denn sonst hätte er bei
diesem Spielchen wohl kaum mitgemacht.
Aber warum hatte sie
so gehandelt?
War es ihr nur ums
Geld gegangen, oder wollte sie ihre Neigungen ausleben? So wie es
aussah, war sie entsprechend veranlagt gewesen. Die unzähligen
Seiten im Netz und die teils mit Werbefenstern zugemüllten
Foren begannen Franka zu nerven. So komme ich nicht weiter, dachte
sie seufzend und verputzte den Rest ihrer Pizza Funghi. Danach
räumte sie den Teller und das Besteck in die Spüle. Hier
stapelte sich der Abwasch der letzten beiden Tage. Franka nahm sich
vor, morgen endlich zu spülen und begab sich ins Bad. Es roch
angenehm nach Eukalyptus. Die Heizung lief, und so zog sie sich aus
und ließ sich in die Wanne gleiten.
Sie schloss die Augen,
atmete tief ein und spürte unter dem starken Eukalyptusduft,
wie sich das Volumen ihrer Lungen zu verdreifachen schien. Endlich
konnte sie wieder gut durchatmen. Ihre Nase wurde frei, und sie
genoss das Bad. Die Wärme tat ihr gut. Sie ließ die
Hände durch das Wasser gleiten und versuchte
abzuschalten.
Doch der Fall
ließ ihr keine Ruhe.
»Hobbyhuren«, murmelte
sie, während das heiße Badewasser ihren Körper
umschmeichelte. Diesen Begriff hatte sie auf einer der
anstößigen Seiten gelesen. Was war eine Hobbyhure? Eine
Frau, die Sex gegen Geld mit Männern hatte, oder eine Frau,
die sich prostituierte, um ihren eigenen Trieb mit vielen
wechselnden Partnern auszuleben? Die Variante, dass Mandy Klimmek
um jeden Preis der Welt ein Model werden wollte, gefiel ihr
deutlich besser. Einige wenige Schauspieler, die heute bekannt
waren, hatten früher Pornofilme gedreht. Warum sollte es bei
der Klimmek anders sein? Vielleicht hatte sie wirklich gerade am
Anfang einer Karriere als Model gestanden. Andererseits war sie
für eine Laufbahn als Fotomodell eigentlich schon zu alt
gewesen. In diesem Beruf fangt man früher an, manche schon mit
vierzehn, aber nicht mit siebenundzwanzig. War es die Lust daran,
sich nackt in Szene zu setzen, gewesen, die ihr Handeln bestimmt
hatte?
Wenn sie nymphoman
veranlagt gewesen war, dann wunderte sich Franka auch nicht
darüber, dass sie mit anderen Männern geschlafen hatte.
Vielleicht für Geld, vielleicht auch nur, um ihre eigene Lust
zu befriedigen.
Franka wollte nichts
außer Acht lassen. Was, wenn sich Mandy Klimmek in einem
dieser Foren für Hobbyhuren eingetragen hatte, was, wenn sie
sich mit einem vermeintlichen Kunden getroffen hatte, der nichts
anderes vorhatte, als sie zu töten, nachdem er sich an ihr
vergangen hatte? Das würde dann auch für die Tatsache
sprechen, dass sie nicht misshandelt wurde, sondern den Sex
gebilligt, ja, gewollt hatte. Dass das Ende des Abends sich so
blutrünstig gestaltet hatte, davon hatte sie sicher nichts
geahnt.
Kaum war Franka aus
der Wanne gestiegen, hatte sich abgetrocknet und war in ihren
Hausanzug geschlüpft, da saß sie auch schon wieder vor
ihrem Laptop und recherchierte. Diesmal gab sie
»Hobbyhure« als Stichwort ein. Nach ein bisschen
Sucherei landete sie in einem entsprechenden Forum. Hier gab es ein
Verzeichnis, wo sich die Anbieterinnen steckbriefähnlich
vorstellen konnten, mit allen Vorlieben und Tabus. Auch eine
Verlinkung zur eigenen Homepage war möglich, so die
betreffende Dame denn eine hatte. Frankas Augen brannten, als sie
sich durch die Angebote klickte. Es waren über dreißig
Seiten, bis sie auf das briefmarkengroße Bild einer blonden
Frau stieß, die sich verführerisch auf einem breiten
Bett räkelte. Und es war ein Wort, das Franka ihre
Müdigkeit vergessen ließ: Wuppertal stand dort, daneben
die Postleitzahl.
»Nancy
verwöhnt dich gegen ein kleines TG«, las Franka die
Überschrift. Nancy, dachte sie. Mandy nannte sich also im
Internet Nancy. Klang ähnlich, machte also Sinn. Trotzdem
glaubte sie nicht, dass Mandy Klimmek sich ihr Taschengeld, ihr TG,
mit Prostitution aufbesserte. Frankas Hand zitterte leicht, als sie
den rechten Mittelfinger über den Trackpad ihres Notebooks
schob und die Vergrößerung des Fotos anwählte. Es
dauerte einen Augenblick, bis sich ein neues Fenster öffnete,
und Franka trommelte nervös auf der Tischplatte herum. Dann
sah sie die blonde Schönheit in Bildschirmgröße.
Ihr Gesicht war mit einem Fotobearbeitungsprogramm verfremdet
worden. Vermutlich wollte sie
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