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Mein Ist Die Nacht

Mein Ist Die Nacht

Titel: Mein Ist Die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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schwarzen Mantel und einen
ebenfalls schwarzen Hut mit breiter Krempe. Er wirkte wie ein Geist
auf Baumann.
    »Oh, habe ich
Sie erschreckt?« Der Besucher lachte, und es klang
spöttisch.
    »Nein, haben Sie
nicht.« Baumann gab seiner Stimme einen festen Klang. Von so
einem Blödmann wollte er sich nicht ins Boxhorn jagen lassen.
»Ich habe Ihren Wagen gar nicht gesehen und wusste nicht,
dass Sie schon hier sind.«
    »Ich bin zu
Fuß.«
    »Bei diesem
Wetter?«
    »Warum
nicht?« Der Fremde trat näher. Den Kragen seines langen
Mantels hatte er aufgestellt, die Hände in den Manteltaschen
verborgen. Breitbeinig baute er sich vor Baumann auf. »Mir
macht das Wetter nichts aus. Ich bin es gewohnt, bei Wind und
Wetter an der frischen Luft zu sein.«
    »Sie werden sich
den Tod holen«, fürchtete Baumann.
    »Und wenn schon.
Ich habe keine Angst vor dem Tod.«
    Baumann hatte den
lauernden Unterton in der Stimme seines Gegenübers
gehört. Eine Alarmglocke schlug tief in seinem Innersten
an.
    »Sie
interessieren sich also für das Gelände?«, wollte
Baumann zum geschäftlichen Teil überleiten. »Ich
kann Ihnen einen guten Preis machen.«
    »Das will ich
hoffen. Immerhin muss die alte Fabrik dem Erdboden gleich gemacht
und die im Boden vorhandenen Schadstoffe müsen abgetragen
werden. Das wird ein Vermögen kosten.«
    »Ich merke, Sie
haben sich bereits informiert.«
    »Das tue ich vor
jedem Geschäft.«
    »Sehr
vernünftig. Haben Sie sich auch schon
umgesehen?«
    »Das wird nicht
nötig sein.« Der Fremde zog eine Hand aus der
Manteltasche. In seiner Faust schimmerte ein metallischer
Gegenstand. Baumann blickte fassungslos in die Mündung einer
Waffe, die nun auf ihn gerichtet war. Seine Kehle war von einer
Sekunde zur anderen wie ausgedorrt. Er schluckte trocken und
spürte, wie sein Herz ihm bis zum Hals klopfte. Er war sich
darüber im Klaren, dass er hier draußen in dieser
Einöde keine Chance hatte. Niemand würde ihm zu Hilfe
kommen können, niemand würde den tödlichen Schuss
hören. Einen Moment lang spielte er mit dem Gedanken, das
Handy hervorzuziehen und die Polizei zu rufen. Doch auch das
würde ihm nicht das Leben retten können.
    »Was haben Sie
vor?«, keuchte er heiser.
    Sein Gegenüber
lachte. »Können Sie sich das nicht denken, Herr
Baumann?«
    »Aber…
warum?«
    »Denken Sie
nach, Mann. Sie sind zu einer Gefahr geworden. Die Polizei
schnüffelt bei Ihnen herum. Glauben Sie ernsthaft, ich
möchte etwas riskieren? Wenn Sie singen, ist es eine Frage der
Zeit, bis die Bullen mich am Arsch haben. Nein, das möchte ich
nicht riskieren.«
    »Wer sind Sie,
verdammt noch mal?«
    »Das tut
überhaupt nichts zur Sache. Es wird nicht wehtun, vertrauen
Sie mir.« Der dunkel gekleidete Mann trat näher. Ein
Lichtstrahl fiel durch eines der glaslosen Fabrikfenster und traf
sein Gesicht. Jetzt wusste Baumann, mit wem er es zu tun hatte. Und
er wusste, dass er das Spiel verloren hatte. Diesmal spielte sein
Mann fürs Grobe sein eigenes Spiel. »Oh mein
Gott«, kam es über seine Lippen.
»Sie?«
    »Ja, ich. Es
musste ja eines Tages so kommen. Aber ich will es kurz machen,
schließlich habe ich noch einiges vor heute Abend.« Die
Hand, die die Waffe umklammert hielt, schnellte hoch. Baumann
beobachtete starr vor Schreck, wie sich der Finger, der am Abzug
lag, krümmte. Im nächsten Augenblick sah er das
Mündungsfeuer in der Dunkelheit aufblitzen. Noch bevor er die
Druckwelle des Schusses spürte, bohrte sich ein brennender
Schmerz in seine Brust. Er wurde von der Wucht des Projektils
zurückgeworfen und fühlte, wie seine Beine unter ihm
nachgaben. Baumann fasste sich an die Brust und spürte etwas
Warmes und Klebriges zwischen seinen Fingern - sein Blut. Blitze
tanzten vor seinen Augen, dann fiel er nach hinten. Den harten
Aufschlag spürte er bereits nicht mehr.
    Klaus Baumann
würde keine Geschäfte mehr machen.

 
    51
    20.20
Uhr
    Er hatte es schnell
hinter sich gebracht. Sekundenlang stand er da und ergötzte
sich am Anblick des toten Baumann. Er hatte ihn eliminiert. Der
große Klaus Baumann lag leblos und in verrenkter Haltung vor
ihm. Im Moment des Todes hatte sein Opfer, die Hand an die
getroffene Brust drückend, die Augen in nackter Panik weit
aufgerissen.
    Fasziniert betrachtete
er sein Werk.
    Die Bilder, die er von
Baumann aus der Zeitung kannte, manifestierten sich vor seinem
geistigen Auge: Baumann händeschüttelnd mit dem
Oberbürgermeister, der überall dorthin lächelte, wo
eine Kamera klickte.

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