Mein Jakobsweg
ein Stück leckeren, süßen Kuchen mit. In meinem schönen, ruhigen Zimmer decke ich mir den Tisch und esse nach Herzenslust.
Von Sarria nach Portomarín
Die Dinge sind nie so, wie sie sind.
Sie sind immer das, was wir aus ihnen machen.
Jean Anouilh
F risch erholt und voller Neugier auf diesen Tag wache ich früh um fünf Uhr auf. Bis der Bus fährt, habe ich noch zwei Stunden Zeit. Beim Verlassen meiner Oase schaue ich mich noch einmal um. Oh je, mein Kreuz liegt noch auf dem Tisch! Beinahe hätte ich es vergessen. Peter hatte es mir extra in Kevelaer gekauft und mir um den Hals gehängt mit den Worten: Das soll dich auf deinem langen Weg beschützen.
Es ist ein gutes Stück Weg bis zum Busbahnhof, und ich bin froh, ihn gestern schon gegangen zu sein. Denn so früh begegnet mir kaum jemand auf der Straße; es wäre schwierig, mich durchzufragen.
Am Busbahnhof treffe ich Mary und John. Welch ein Zufall! Seit León hatten wir uns nicht mehr getroffen. John geht es wieder gut, wie ich sehe, und er bestätigt das auch. Drei Tage musste er in dem Krankenhaus in León zur Beobachtung bleiben. Die Ärzte hätten gesagt, er müsse sein Herz schonen und dürfe es keinesfalls mehr so stark belasten. Deshalb fahren die beiden immer einen Teil der Tagesstrecke mit dem Bus oder Taxi und übernachten nur noch in Hotels.
Wir sind einfach zu alt für solche Strapazen, sagt John, wir müssen auf unsere Gesundheit achten.
Wir wollen ja auch gesund in Santiago ankommen, fügt Mary hinzu und ist glücklich, weil ihr John diesen Schock so gut überwunden hat.
Wir Pilger haben alle den gleichen Weg und dasselbe Ziel. Wir begegnen uns auf dem Camino, übernachten in derselben Herberge, oder man sitzt am gleichen Tisch und kommt ins Gespräch. Es ist die Gemeinsamkeit, die uns trägt. Und gemeinsam erfahren wir, wie wenig man braucht, um glücklich zu sein.
An der Bar des Cafés nehmen wir ein kleines Frühstück. Wie in fast jedem spanischen Lokal läuft der Fernseher und zeigt gerade den Kronprizen Felipe, wie er seine Arme über die Schultern des heiligen Apostels legt. Auch er, der Prinz, ist ein peregrino und hat Santiago schon erreicht.
Um da hinzukommen, nehmen wir all diese Strapazen auf uns. Glücklich halten wir drei uns bei den Händen und sagen Buen Camino a Santiago. Bis Ferreiros sitzen sie im Autobus vor mir, noch ein letztes Winken, und ich fahre weiter.
Viel lieber wäre ich zu diesem großen Stausee per pie gekommen. Ich hatte mir immer vorgestellt, wie es sein wird, wenn ich nach einem langen Tag des Pilgerns über Berge und durch Wälder dann hier an diesem großen Wasser ankomme. Der Rio Miño fließt hindurch, der spätere Grenzfluss zu Portugal. Nun fahre ich in dem Bus über diese lange Brücke, hinüber zu dem Ort Portomarín. Kaum ausgestiegen, fällt mir als Erstes eine schöne, ganz neu gebaute Herberge auf. Zwei Männer reparieren etwas an der Eingangstür. In freudiger Erwartung gehe ich zu ihnen, vielleicht könnte ich meinen Rucksack schon mal abstellen.
No, no, wehren die beiden Männer ab und zeigen über die Straße zu dem alten und heruntergewirtschafteten Gebäude. Ach, es wäre ja auch zu schön gewesen!
Als ich in der alten Herberge meinen Rucksack hinterlege, begegnen mir fünf Radfahrer, die gerade dabei sind, ihr Gepäck zu ordnen.
Wo kommst du denn so früh her, fragen sie, bist wohl mit dem Bus gefahren?
Stimmt, mein Fuß ist nicht in Ordnung. Und wo kommt ihr her?
Aus Mönchengladbach, und es hat noch keiner schlapp gemacht.
Und seit wann fahrt ihr?
Na, seit Mönchengladbach natürlich.
Durch ganz Frankreich und über die Pyrenäen? Und ihr seid noch alle gesund?!
Na klar, wir sind doch Radfahrer, sagt einer. Das macht die gute Pflege von unseren Frauen zu Haus, witzelt ein anderer.
25 Tage sind sie jetzt unterwegs, schlafen aber nur in Hotels. Schließlich seien sie Rentner und bräuchten ihre Nachtruhe, um am nächsten Tag wieder fit zu sein. Kommt, Männer, der Kuckuck ruft, wir müssen los, sagt der Älteste und schwingt sich auf sein Rad. Winkend und lachend fahren sie davon.
Dann rufe ich Peter an und freue mich, seine Stimme zu hören. Meinen Fuß erwähne ich vorsichtshalber nicht, er soll sich ja nicht unnötig Sorgen machen.
Noch ist der Ort ganz ruhig. Alle Pilger sind fort, die Geschäfte noch geschlossen. Eine Zeit lang bin ich mit dem Apostel Jakobus ganz allein. Aus Stein gehauen, steht er inmitten des Kirchplatzes und weist mit der
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