Mein Leben
den Keyboards, Robin Mason an den Drums und Terry Brennan als Sänger. Einen Bassisten gab es nicht.
Terry war ein toller Typ, ein hundertprozentiger Ted mit einer fünfzehn Zentimeter hohen pomadisierten Elvis-Tolle, fast knielangem Jackett mit Samtkragen, Röhrenjeans und »Creepers«, spitzen Wildlederschuhen mit dicker Kreppsohle. Im Gegensatz zu den meisten Teds, die als ziemlich raue Burschen verrufen waren und nur Bill Haley und Jerry Lee Lewis hörten, war er unglaublich sanftmütig und ein echter Blues-Liebhaber. Außerdem hatte er eine tolle Stimme. Schon weil ich ihn und Ben, den Keyboarder, bewunderte, wollte ich mit ihnen spielen. Als ich Ben zum ersten Mal spielen hörte, wusste ich gleich, dass er in meinem Leben noch sehr wichtig werden würde. Er war ein absoluter Purist, der den Blues beinahe noch mehr liebte als ich. Ich spielte kurz vor, und sie fragten mich sofort, ob ich bei ihnen einsteigen wollte.
Die Roosters waren eine Band praktisch ohne Equipment. Gitarre, Gesang und Keyboard liefen alle über einen einzigen Verstärker. Einen vernünftigen Transporter hatten wir auch nicht. Robin hatte ein Morris Oxford Cabriolet, in das wir uns zusammen mit unseren Instrumenten quetschen mussten, und allein die Tatsache, dass er einen Wagen besaß, verlieh ihm eine gewisse Macht in der Band. Wir probten in einem Raum über einer Kneipe in Surbiton. Ich kam aus Ripley, stöpselte meine Gitarre in Toms Verstärker, und dann lernten wir alle möglichen Songs, hauptsächlich Blues und R&B-Cover. Wir brachten uns gegenseitig ein paar Chuck-Berry-Songs, »Short Fat Fanny« von Larry Williams und einige Sachen von Muddy Waters bei. Das für mich denkwürdigste Ereignis war der Tag, an dem Tom eine Single von einem schwarzen Musiker namens Freddy King mitbrachte, eine Instrumentalnummer mit dem Titel »Hideaway«, auf die er total abfuhr. Ich hatte nie zuvor etwas von Freddy King gehört, und die Wirkung war vergleichbar der Begegnung mit einem Außerirdischen. Es hat mich glatt umgehauen.
Die B-Seite von »Hideaway« war ein Stück namens »I Love the Woman« mit einem Gitarrensolo, das mir den Atem verschlug. Es war wie moderner Jazz, expressiv und melodisch, eine einmalige Spieltechnik, bei der er die Saiten auf eine Weise dehnte und so Sounds erzeugte, die mir kalte Schauer den Rücken runterjagten. Für mich war es weltbewegend, wie ein neues Licht, nach dem man streben konnte. Bisher war die Gitarre für mich nie viel mehr als ein Begleitinstrument für den Gesang gewesen, abgesehen von ein oder zwei raren Ausnahmen, die mir sofort aufgefallen waren und bei denen ich mich fragte, woher die Gitarristen kamen. Ein gutes Beispiel war der Connie-Francis-Titel »Lipstick on Your Collar«, in der ein unglaubliches Gitarrensolo von George Barnes vorkommt; und Ricky Nelson hatte einen Gitarristen namens James Burton, der manchmal Country-Blues-Soli auf der E-Gitarre spielte. Als ich Freddy spielen hörte, begriff ich, woher all das kam.
Die Roosters probten häufiger, als sie auftraten. Obwohl wir hin und wieder einen Gig spielten, meistens über irgendwelchen Kneipen, ging es mehr um die aufregende Begegnung gleichgesinnter Blues-Enthusiasten. In Ripley interessierte sich buchstäblich niemand für Blues. Pop war angesagt, und der letzte Schrei war der Merseybeat. Die Beatles wurden gerade populär, und es gab eine wöchentliche Radiosendung mit dem Titel Pop Go the Beatles , in der ausschließlich die Beatles eigene Songs und Coverversionen spielten. Die Beatles erlebten einen wirklich rasanten Aufstieg, und jeder wollte sein wie sie. Es war der Beginn der Beatlemania, und im ganzen Land kleideten sich die Leute wie die Fab Four aus Liverpool. Ich fand es verachtenswert, wahrscheinlich weil es nur zeigte, dass die Menschen folgsame Schafe waren, allzu bereit, diese Musiker in den Status von Göttern zu erheben, während die meisten Künstler, die ich bewunderte, unbekannt, manchmal bettelarm und einsam starben. Außerdem hatten wir den Eindruck, dass das, was wir versuchten, von Anfang an aussichtslos war.
Die wachsende Beliebtheit des Merseybeats zwang Musiker wie mich praktisch in den Untergrund wie Anarchisten, die Pläne schmiedeten, das Musik-Establishment zu stürzen. Die Szene des »Traditional Jazz« lag im Sterben und raffte den Folk und den Blues gleich mit dahin. Deshalb brauchten wir uns bei den Roosters zur gegenseitigen Bestätigung. Es sah ganz bestimmt nicht so aus, als würden wir Karriere
Weitere Kostenlose Bücher