Mein Leben
stur und von Natur aus dominant.
Aber als wir zu spielen begannen, verwandelte sich alles einfach in Magie. Vielleicht war ich der Katalysator, den sie brauchten, um miteinander klarzukommen. Eine Zeit lang hatte ich fast den Eindruck. Wir spielten akustisch ein paar Songs, darunter auch neues Material von Jack, und die Musik hatte einen Drive, der sich echt gut anfühlte. Wir guckten uns an und grinsten.
Als wir allerdings zum ersten Mal elektrisch probten, kamen mir Bedenken, weil ich plötzlich das Keyboard vermisste, an das ich mich bei den Bluesbreakers gewöhnt hatte. Mein Ideal war weiterhin Buddy Guy, der es schaffte, den Sound eines Trios voll klingen zu lassen, ich musste jedoch erkennen, dass ich das Gleiche ohne seine Virtuosität und sein Selbstbewusstsein nicht rüberbringen konnte. Das bedeutete, dass unser musikalisches Kräfteverhältnis eindeutig zugunsten von Jack und Ginger verschoben war.
Offen gestanden klang die Band in meinen Ohren ein wenig leer, so als ob wir einen weiteren Musiker brauchten.
Ich hatte auch vom ersten Tag an jemand Bestimmten im Sinn, Steve Winwood, den ich im Twisted Wheel und anderen Clubs gesehen hatte und der mich mit seinem Gesang und seinem Stil wirklich beeindruckt hatte. Ich glaube, er war damals ungefähr fünfzehn, aber wenn man mit geschlossenen Augen hörte, wie er »Georgia« sang, hätte man schwören können, es sei Ray Charles. Musikalisch wirkte er wie ein alter Mann im Körper eines jungen Burschen. Als ich das Thema gegenüber Jack und Ginger ansprach, machten sie unmissverständlich klar, dass sie kein weiteres Mitglied in der Band haben wollten. Sie mochten unsere Besetzung, so wie sie war, obwohl wir im Studio immer zusätzliche Spuren und Overdubs einspielten und so zusätzliche Musiker erschufen. Entweder spielte Jack Keyboards oder ich nahm erst die Rhythmus- und dann die Lead-Gitarre auf. Bei Aufnahmen haben wir nur ganz selten tatsächlich als Trio gespielt.
In den nächsten Monaten probten wir weiter heimlich, wann und wo wir konnten. Wir hatten eine stillschweigende Vereinbarung, dass das so bleiben sollte, bis wir so weit waren, an die Öffentlichkeit zu gehen. Schließlich hatten wir alle Verträge bei anderen Bands. Dann ließ Ginger in einem Interview mit Chris Welch vom Melody Maker die Katze aus dem Sack, und die Hölle brach los. Jack war stinksauer und hätte sich darüber beinahe mit Ginger überworfen, und mir stand die wenig beneidenswerte Aufgabe bevor, mich John Mayall gegenüber zu erklären, der wie ein Vater zu mir gewesen war.
Es war keine schöne Erfahrung. Ich erklärte ihm, dass ich aussteigen würde, weil ich an einen Scheideweg gekommen sei und meine eigene Band gründen wollte. Ich war ziemlich überrascht, wie aufgebracht er war, und obwohl er mir alles Gute wünschte, ließ er keinen Zweifel daran, dass er sehr wütend war. Und auch traurig, glaube ich, weil ich dazu beigetragen hatte, die Bluesbreakers auf eine neue Ebene zu hieven. Als John der alleinige Kopf der Band gewesen war, war sie viel Jazz-orientierter und bescheidener gewesen, ich hatte sie aufgemischt und auf einen neuen Kurs gebracht. Nachdem er bis dahin recht geradlinig gelebt hatte, hatte diese Verwandlung mit all ihren Nebenwirkungen, den Mädchen und dem Lifestyle, ihm gefallen und die Band auch stark beeinflusst. Ich glaube, er war wütend, dass ich von dem Zug absprang, als dieser gerade Fahrt aufnahm.
Ginger wollte, dass der Manager der Graham Bond Organisation uns vertrat, ein Vorschlag, gegen den Jack anwetterte, weil das unsere Unabhängigkeit kompromittieren könnte. Er plädierte stattdessen dafür, dass wir uns selbst managten. Schließlich ließ er sich doch überreden, mitzukommen und »Stigboot«, wie Ginger ihn nannte, in seinem Büro in der New Cavendish Street kennenzulernen. Zu jener Zeit hatte Robert Stigwood mit seiner Agentur schon beträchtliche Erfolge, jedoch vor allem mit Popsängern wie John Leyton, Mike Berry, Mike Sarne und einem neuen Künstler namens »Oscar« (in Wahrheit Paul Beuselinck).
Robert war ein unglaublicher Typ, ein extravaganter Australier, der sich gern als vermögender Engländer ausgab. Er trug meistens einen blauen Blazer, eine graue Hose, ein hellblaues Hemd und Goldschmuck und war der Inbegriff eines Bonvivants. Hinter einem kunstvoll verzierten Schreibtisch sitzend malte er uns in einem schillernden Monolog aus, was er alles für uns tun könne und wie wundervoll unser Leben sein würde. In meinen
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