Mein Leben
Ohren hörte sich das an wie ein Haufen Schmus, aber ich war gleichzeitig fasziniert von seinem künstlerischen Flair und seiner sehr eigenen und interessanten Lebensphilosophie. Außerdem schien er sich ehrlich für unsere Musik zu begeistern, und ich glaube, in gewisser Weise hatte er sie wirklich verstanden. Es dauerte eine Weile, bis mir dämmerte, dass er eine Vorliebe für gut aussehende Typen hatte, aber das war für mich kein Problem. Dadurch erschien er mir vielmehr verwundbarer und ungleich menschlicher.
Musikalisch hatten wir für die neue Band eigentlich keinen Plan. In meinen Phantasien hatte ich mich als Buddy Guy gesehen, Frontman eines Blues-Trios mit einer sehr guten Rhythmusgruppe. Ich weiß nicht, was Jack und Ginger sich vorstellten, ich bin mir nur sicher, dass sie eher zum Jazz tendierten. Und da Stigwood vermutlich auch keine Ahnung hatte, was wir machten, war das ganze Projekt ein gigantisches Glücksspiel. Allein die Idee, ein Trio aus Gitarre, Bass und Schlagzeug könnte in der Ära der Popbands Erfolg haben, war aberwitzig. Als Nächstes mussten wir uns einen Namen für die Band ausdenken, und ich schlug Cream vor, einfach weil wir unserer Ansicht nach die Creme waren, die Besten in unserer jeweiligen Domäne. Die Musik, die wir spielen wollten, definierte ich als »traditionellen und modernen Blues«.
Im Sommer 1966 war ganz England außer uns im WM-Fieber, und wie der Zufall es wollte, fand unser erster richtiger Gig am 29. Juli, dem Abend vor dem Finale, in einem alten Stammlokal von mir statt, dem Twisted Wheel in Manchester. Ich hatte Ben Palmer überredet, aus dem Vorruhestand zurückzukehren, allerdings nicht als Pianist, sondern als Roadie, und in dieser Funktion fuhr er uns in einem schwarzen Austin Westminster, den Stigwood für uns gekauft hatte, in den Norden. Der Austin war ein ziemlich protziger Wagen und eine Klasse besser als der Ford Transit, den ich gewöhnt war.
Ich erinnere mich noch an Bens Entsetzen, als er bei unserer Ankunft feststellte, dass das Wort »Roadie« nicht nur »Fahrer« bedeutete, sondern von ihm zusätzlich erwartet wurde, unsere komplette Anlage herumzuschleppen. Er musste wie wir alle noch einiges lernen. In dem Club war nicht viel los, weil wir unangekündigt für Joe Tex eingesprungen waren, der in letzter Minute abgesagt hatte. Wir spielten einen Set, der überwiegend aus Blues-Covern wie »Spoonful«, »Crossroads« und »I’m So Glad« bestand und im Grunde nur eine Generalprobe für die offizielle Premiere war, die Stigwood für uns organisiert hatte, zwei Tage später beim sechsten National Jazz and Blues Festival auf der Rennbahn von Windsor.
Bei diesem Gig trug ich ein ganz spezielles Outfit, ein Tanzband-Sakko, das ich bei Cecil Gee in der Charing Cross Road gekauft hatte. Es war schwarz mit Grosgrain-Revers und durchwirkt mit goldenem Faden. Rückblickend erscheint es einem komisch, aber wir waren alle drei unglaublich nervös. Als völlig unbekannte Band waren wir Headliner des letzten Abends. Nachdem jeder von uns bis dahin vorwiegend in Clubs aufgetreten war, sollten wir nun plötzlich vor fünfzehntausend Leuten spielen. Wir hatten nur eine winzige Anlage und zu dritt anscheinend viel zu wenig Power. Das Ganze klang so mickrig, vor allem weil wir nach der damals vermutlich lautesten Rockband der Welt auftraten, den Who. Das Wetter war grauenhaft, es goss in Strömen. Nach nur drei Songs war unser Repertoire erschöpft, und Ginger musste die Ansage machen: »Sorry, mehr Stücke haben wir nicht.« Ich glaube, wir haben dann ein oder zwei Nummern nochmal gespielt, was offenbar allen egal war. Schließlich haben wir einfach gejammt, und das Publikum ist aus geflippt. Genau wie die Musikpresse, die uns danach als erste »Supergroup« bezeichnete.
Es dauerte eine Weile, bis Cream den Durchbruch wirklich geschafft hatte. Vom gigantischen Publikum beim Jazz Festival in Windsor ging es schnurstracks zurück auf eine Tour durch die Clubs und Ballrooms, die am 2. August im Klooks Kleek, einem R&B-Club in West Hampstead in London, begann. Wir suchten nach wie vor nach unserer musikalischen Richtung, während wir gleichzeitig hart arbeiteten, um unser Publikum zu überzeugen, dass ein Trio genauso gut und laut sein konnte wie eine Viermannband. Wir wollten Sachen spielen, die einerseits sofort wiedererkennbar waren, andererseits aber die Grenzen des Publikumsgeschmacks erweiterten. Am Ende lösten wir das Dilemma häufig einfach durch
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