Mein Leben als Androidin
Beginne … jetzt.«
Während die Helioharmoniummusik aufjauchzte und die vielfarbige Rose in blendendem Glanz mit dem blauen Himmel verschmolz, begann das Mantra ›Glaube an dein Format‹ als endlose Beschwörung in meinen Ohren zu tönen. Ich legte mich bequem zurück, tauchte in diesen murmelnden Strom, und schon projizierte ich positive Bilder meiner bevorstehenden Ankunft auf dem Raumhafen Mars. Ich stellte mir vor, wie ich zur Fähre begleitet, nach Horizont geflogen und ins Hospital gebracht wurde, wo man den Aufruf aus meinem Gehirn tilgte. Dann hielt ich Jubilee in den Armen. Tad und Anna waren auch da, durch einen von der nimmermüden Dahlia erwirkten Gerichtsbeschluß aus der Haft entlassen, und als Krönung dieser besten aller Realitäten tauchte Junior auf, von dem das Studio sich nun doch getrennt hatte. Hatte ich Vertrauen in diesen Traum? O ja. Die Würfel waren bereits gefallen: Ich befand mich an Bord der Concordia, und der Mars war weniger als drei Stunden entfernt. Zum ersten Mal seit Malibu vermochte ich wieder frei zu atmen.
Kapitel neun
Das Holoskop wurde mir von einer Stewardeß heruntergerissen, die mir einen Laser unter die Nase hielt und verlangte, daß ich meinen Ausweis vorzeigte. Verstört setzte ich mich auf, sah mich um und mußte feststellen, daß zwei weitere Besatzungsmitglieder – der Copilot und eine zweite Stewardeß – ebenfalls bewaffnet waren und meine Mitpassagiere bedrohten. Es hatte eine Meuterei stattgefunden. Der Pilot verkündete über die Lautsprecheranlage, daß die Revolutionäre Androidengarde (RAG) das Kommando über das Schiff an sich gerissen hatte. Unser Schicksal, sagte er, hing davon ab, ob die Regierung von Frontera den Kodex anerkannte.
»Wessen Format ist das?« wollte ich schreien. Zum Teufel mit dieser Dahlia! Sie hatte mich für die TWA 505 gebucht, den tragischsten Flug in der gesamten Geschichte der interplanetaren Raumfahrt. Und ich betone, ich war keine Komplizin der Entführer, wie es bei meiner Gerichtsverhandlung so viele Jahre später angedeutet wurde. Ich war ein hilfloses Opfer, wie die übrigen Passagiere. Zugegeben, meine Anwesenheit war nicht unbedingt ein Zufall – gibt es überhaupt echte Zufälle? –, aber ich war auch nicht die in Droid! dargestellte Kollaborateuse. Tatsächlich wurde ich von den Terroristen höchst rüde behandelt. Diejenige von ihnen, die mir das Holoskop entrissen hatten (und mit ihm all meine Träume), beschuldigte mich, böswillig meine Identität zu verschleiern, weil ich ihr natürlich keinen Ausweis vorzeigen konnte. Sie ging soweit, unter meinem Sitz nachzusehen, und als sie dort keine ID-Chips entdeckte, verstieg sie sich zu der Behauptung, ich hätte Lunte gerochen, die Schildchen verschluckt und mich dann mit dem Holoskop getarnt. Nach ihrer Art von Logik reichte das als Beweis dafür, daß ich ein Humanist aus Frontera war, denn warum sonst wäre ich auf ein derart verzweifeltes Manöver verfallen?
Selbstverständlich beteuerte ich, daß ich ein P9 war, wie sie auch, und glaubte felsenfest, die Wahrheit würde mir diesmal eine ebenso verläßliche Verbündete sein wie das Mal zuvor. »Wirklich?« fragte sie, ganz und gar nicht überzeugt. Warum war ich dann nicht mit den übrigen Lakaien, Dienstmädchen und Dienern im Laderaum untergebracht? Ich erzählte ihr von dem Aufruf. »Und das soll ich glauben?« Sie nahm einen UPS-Leser aus der Tasche – Standardausrüstung für Stichproben bei fragwürdigen Passagieren. »Lieber Chef«, dachte ich bei mir, als sie den Leser auf den kleinen Finger meiner linken Hand steckte, »das bedeutet nichts Gutes.« (Roland fiel mir ein – der Bösewicht verfolgte mich über das Grab hinaus.) Sie verzog hämisch den Mund bei meiner stockenden Erklärung, ich wäre früher einmal mit der Hand in einen Vaporisator geraten, und bugsierte mich vor dem Lauf ihres Lasers zur VIP-Lounge vorne in der Maschine. Dort hatten sie eine Gruppe von auf der Heimreise befindlichen Humanisten zusammengetrieben. Falls es sich nicht vermeiden ließ, einige Geiseln hinzurichten, sollten sie als erste an die Reihe kommen.
»Bitte hör mich an, ich bin wirklich ein P9! Ich bin unterwegs nach Horizont.«
»Aber natürlich.« Sie stieß mich auf einen Sitz und ging. Eine zweite Stewardeß stand als Wache im Gang; der Lauf ihres Lasers zeigte in meine Richtung, also machte ich keinen Versuch aufzustehen.
»Kein übler Versuch«, meinte der Humanist zu meiner Rechten. Ich lächelte
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