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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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Einfluß auf die ökonomische und industrielle Infrastruktur zu sichern. Der Modus operandi: Micki Dee gründete Scheinfirmen, betrieben von seinen und Blaines Mitarbeitern, die als Mittelsmänner beim Kauf der betreffenden Objekte fungierten – nachdem die Unternehmen auf Betreiben einer weiteren Humanistenclique im Kabinett absichtlich heruntergewirtschaftet worden waren. Anschließend wurden die Firmen stillschweigend an den Multi weiterverkauft, den Profit sackten zur einen Hälfte Blaine Fracass und Konsorten ein, zur anderen Micki Dee und sein Syndikat. Um die Öffentlichkeit von diesen Schiebereien abzulenken, bediente man sich der Androidengefahr, und damit kommen wir zur zweiten großen Enthüllung des Verhörs, nämlich daß es United Systems war, das Horizont on line brachte. (TWAC hätte den Aquariern niemals die Genehmigung zur Errichtung einer Kolonie erteilt ohne den Segen des einflußreichsten Mitglieds, und der wurde erst erteilt, nachdem man den Aquariern den Standort diktiert hatte: unmittelbar an der Grenze von Frontera, um den Widerstand der Bevölkerung gegen Androiden und den Kodex weiter zu verstärken.)
    An dieser Stelle des Verhörs mußte Blaine kichern. »Die Aquas sind tatsächlich drauf reingefallen«, sagte er. »Die sind so blöd, daß sie nicht mal ahnen, daß man sie eingeseift hat. Arrogante Bastarde – sie glauben, sie könnten uns einfach wegwünschen. Je mehr es werden, je erfolgreicher und produktiver sie sind, desto stärker werden sie in Frontera als Gefahr empfunden, und desto stärker wird unsere Partei.« Er brüstete sich damit, Horizont wäre eine so perfekte demagogische Handhabe, daß man sie erfinden müßte, wenn es sie nicht schon gäbe, wie man sich auch die Androidenterroristen in Frontera ausgedacht hatte. Das war die dritte Enthüllung, die aber nach all den vorhergegangenen Ungeheuerlichkeiten kaum noch zu überraschen vermochte. Eine wirkliche Überraschung, besonders für ihn, war die Tatsache, daß es sich bei der RAG um eine echte Organisation handelte; sie waren tatsächlich, was sie zu sein behaupteten. Er betrachtete es als eine grausame Ironie, daß sie von den Aktivitäten seiner eigenen Androidenrebellen in Frontera – getarnten Anti-Terroreinheiten – inspiriert worden waren. An dieser Stelle reagierten die Befrager hörbar schockiert und erregt, ansonsten nahmen sie seine Aussagen mit wissendem Gleichmut hin.
    Vor diesem Hintergrund ergaben die jüngsten Skandale, die seine Regierung auf dem Mars erschüttert hatten (Bestechung, Begünstigung, ungerechtfertigte Zuteilung von Staatsgeldern) einen Sinn. Er redete weiter, aber weniger bereitwillig und selbstsicher, denn eigentlich war seine Wiederwahl beschlossene Sache gewesen, jetzt aber, nachdem die Vorfälle aufgedeckt worden waren, erwog man sogar, ihn nicht wieder kandidieren zu lassen. Unerhört! Er gehörte auf diesen Stuhl! Mit einer plötzlichen Volte attackierte er seinen Vizepräsidenten, einen Reverend Milton Smedly, nannte ihn einen doppelgesichtigen Janus, der es auf seinen Posten abgesehen hatte, und beschuldigte ihn, hinter den humanistischen Abweichlern zu stecken. Dann, nach fortgesetzter Befragung über Korruption in seinem Verwaltungsapparat, verriet er ein Dutzend Vorkommnisse, die bis jetzt unentdeckt geblieben waren, vom Aufstocken des Militärbudgets bis zu persönlicher Bereicherung durch Micki Dees illegale Androidenplantagen. Abschließend blieb nur die Erkenntnis, daß der einzige verläßliche, fähige und redliche Teil seiner Regierung das ungeheure Heer der Verwaltungsbeamten (Androiden) war. Sie sorgten dafür, daß die Räder des Staates sich drehten, trotz der hinderlichen Machenschaften ihrer Gebieter. Zu ihnen gehörte auch Andro, sein Stabschef, den er zurückgelassen hatte, um während seiner Abwesenheit seine Interessen wahrzunehmen.
    Bei einem Blick in die Runde bemerkte ich, daß die Leute im Abteil weniger schockiert und entrüstet zu sein schienen als vielmehr verwirrt und ratlos. Offenbar bereitete es ihnen große Schwierigkeiten, Informationen zu verarbeiten, die in so krassem Widerspruch zu ihren verinnerlichten Überzeugungen standen. Fast hätte ich bei der nächsten Frage Mitleid für sie empfunden, denn ich wußte, was jetzt kam.
    »Erzählen Sie uns von Andro, Herr Präsident.«
    »Oh. Den Süßen ficke ich jetzt seit fünf oder sechs Jahren. Er ist phantastisch!«
    Sie alle hörten es aus den Lautsprechern dröhnen, auch der Betroffene selbst, der

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