Mein Leben als Androidin
Öffentlichkeit abgegebenen Erklärungen (die Sie ins Lächerliche zu ziehen sich nicht entblödet haben) wahr und aufrichtig, sowohl in bezug auf meinen Gatten, der sich auf dem Schiff großartig verhalten hat, wie auch Horizont betreffend, das jeden Ansatz zur Normalisierung der Beziehungen hartnäckig hintertreibt. Solange die Aquarier terroristische Aktionen der Androiden unterstützen und finanzieren, können wir uns guten Gewissens nicht auf Verhandlungen einlassen. Daß ich zu einer Zeit mit Individuen anderer politischer Couleur Umgang pflegte, ist – wenn man Ihrem Brief Glauben schenken kann – nach meiner Einschätzung der unwiderlegbare Beweis für die Macht und Liebe unseres Herrn, der mich aus so degenerierter und profaner Gesellschaft errettete. Und falls es tatsächlich der Wahrheit entspricht, daß früher einmal persönliche Beziehungen zwischen uns bestanden, müssen Sie damals merkwürdig blind gewesen sein, um einen derart falschen Eindruck von meinem Charakter zu gewinnen. Um auf einen weiteren grotesken Punkt in Ihrem Brief zu sprechen zu kommen: Da jedermann weiß, daß die Schauspieler in Hollymoon samt und sonders Droiden sind, ist es schlichtweg unmöglich, daß ich dort einen Sohn habe. Diese Unterstellung sowie die Erwähnung einer Tochter in Horizont (guter Gott) waren die unverschämtesten Passagen in Ihrem Brief und vermutlich nachträglich angefügt, um mich zu beleidigen. Trotz allem wüßte ich gerne mehr über unsere angebliche Beziehung, um mein angegriffenes Erinnerungsvermögen vervollständigen zu können, wenn auch nur aus therapeutischen Gründen. In diesem Zusammenhang würde ich alle Informationen über Sie selbst und diesen Tad, den Sie erwähnten, durchaus begrüßen. Aber bitte, unterlassen Sie jedes weitere Gerede von Rettung. Wie oben erwähnt, bin ich bereits gerettet. Die Ihre im Namen Gottes und der Menschen
Angelika Fracass
von: Lamaze
Briefkastenspeicher, Esprie Distrikt
Armstrong, Mond
an: Lady Blaine Fracass
Mons Olympus Hotel, Penthouse
Mons Olympus, Mars
Datum: 4. Juni 2082, 20.42 Uhr, LZ2
Text: Verehrte Lady Fracass,
mit großer Traurigkeit nehme ich den Gedankenprozessor zur Hand, um Ihnen eine letzte Spule zu senden. Daß Sie in Ihrer Verblendung darauf beharren, ein Mensch zu sein, sogar eine Humanistin, beweist zweifelsfrei, daß Sie mit einem Internen Zensor versehen und von Ihrem Gatten für die verabscheuungswürdige Rolle programmiert wurden, die Sie jetzt mit so verdammt viel Verve spielen. Daher werden Sie keine weiteren Spulen von mir erhalten noch irgendwelche Informationen über mich oder sonst jemanden, die zu unserem Nachteil verwendet werden könnten. Als Folge Ihrer wieder perfekten Konditionierung haben Sie bestimmt Ihren Gebieter längst von unserer Korrespondenz in Kenntnis gesetzt.
Adieu! Ich vermag nichts mehr für Sie zu tun, während Sie mir und meinen Kameraden viel zuviel Schaden zufügen können. Seien Sie meines Bedauerns gewiß und leben Sie wohl.
Lamaze
Kapitel zwei
Mein frischgebackener Ehemann und sein Diener waren enttäuscht über das abrupte Ende des Briefwechsels mit der fernen Aquarierin. Sie hatten gehofft, sie zu einer ausgedehnten Korrespondenz verleiten zu können, in deren Verlauf man ihren Aufenthaltsort herausfinden konnte und die Bedrohung eliminieren, die sie für die Geheimhaltung meiner Vergangenheit darstellte. Andro – der mir den Text der Briefspule diktiert hatte – war dennoch der Meinung, daß die Informationen über sie und diese geheimnisvolle Dahlia ausreichten, um einen Kontrakt vergeben zu können. (Tad, der auch in dem Brief vorkam, wurde verschont, weil er keine Gefahr mehr darstellte. Seiner Mutter war die Vormundschaft zugesprochen worden, und sie hatte ihn in ein Erholungsheim für Gebieter auf der Erde einweisen lassen.) Nachdem Blaine sein Einverständnis bezüglich der Ausmerzung dieser zwei potentiell gefährlichen losen Enden gegeben hatte, leitete Andro die Details an Micki Dees Consigliori weiter, die wiederum eins der zahlreichen unabhängigen Killerkommandos beauftragten. So wuchs meine Qual ins Unermeßliche, denn ich war in keiner Weise an der Verschwörung beteiligt, vielmehr ein hilfloser Roboter, eine Marionette, wenn Sie so wollen, wie Dahlia und dann Anna (die geheimnisvolle Lamaze) ganz richtig vermutet hatten. Hätte ich die Wahl gehabt, es wäre ein völlig anderer Brief gewesen, der sie als Antwort von mir erreichte;
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