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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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Reifezeit und kein Alter erleben. Mir war das Erscheinungsbild einer jungen Frau von zweiundzwanzig Jahren bestimmt, und das würde ich beibehalten bis zum Tag meiner Termination, dem 15. November 2089, meinem zwanzigsten Geburtstag. Dieses Datum war unwiderruflich in meiner DNA verankert. Jede Zelle meines Körpers trug es in sich und gab es weiter, jeder Atemzug brachte mich dem Zeitpunkt meiner Annihilation näher. Daran hatte ich nie zuvor einen Gedanken verschwendet, doch jetzt konnte ich nicht aufhören, darüber nachzugrübeln. Vorprogrammierter Verfall oder im heutigen Idiom VVD, ein Akronym für vorprogrammiertes Verfallsdatum. Wie Bauwerke, Aeromobile und andere Konsumgüter war ich vergänglich, die Gebieter dagegen ewig, wenigstens glaubte ich das zu jener Zeit. Sie herrschten über diesen und andere Planeten und hatten uns nach ihrem Bilde erschaffen. Konnten sie uns nicht mehr gewähren als eine kurze Lebensspanne von zwanzig Jahren, damit wir lernten, ihre Leistungen besser zu würdigen? War nicht anzunehmen, daß wir ihnen diese kleine Wohltat mit noch größerer Dienstwilligkeit und Treue vergelten würden? Da die einzigen greifbaren Repräsentanten der herrschenden Spezies immer noch mit ihren privaten Amüsements beschäftigt waren, verzichtete ich darauf, mich sofort an sie zu wenden. Meine Hoffnung ging dahin, daß sich in den kommenden Tagen und Wochen ein Vertrauensverhältnis zwischen uns herausbilden würde, wie es bei mir und Tad gewesen war, so daß ich es in absehbarer Zeit wagen konnte, das Thema zur Sprache zu bringen. Sie schienen mir ein vorurteilsfreies und fortschrittliches Paar zu sein. Leider sollte es ganz anders kommen.
    Gegen Ende der sechsten Woche in ihren Diensten kam es zu einem unglücklichen Zwischenfall, der all meinen Hoffnungen ein Ende setzte. Ganz unerwartet fühlte ich mich eines Morgens von unklaren Beschwerden heimgesucht, Abgespanntheit, Brechreiz und Gliederschmerzen, als hätte ich die Grippe, dabei war das ganz unmöglich, denn ein P9 ist immun gegen alle bekannten Krankheitserreger. Ich führte meinen Zustand auf die Nutrapillen zurück, die vielleicht nicht ganz einwandfrei waren, und um das flaue Gefühl in meinem Magen zu besänftigen, nahm ich eine größere Portion von Essensresten zu mir als sonst. Doch während des Vormittagsspaziergangs mit Ally verschlimmerte sich die Übelkeit, und ich mußte mich auf dem Bürgersteig übergeben. Danach fühlte ich mich dermaßen schwindelig und schwach auf den Beinen, daß ich die Orientierung verlor und den Heimweg nicht finden konnte. Die Apple Daisy muß meine Gebieter unterrichtet haben, als ich zur vorbestimmten Stunde nicht zurückkehrte. Meine Gebieter wiederum alarmierten die Polizei, die sich gleich auf mich als die vermeintliche Kindesentführerin stürzte. Nachdem die Polizei mich zurückgebracht hatte, beschlossen meine Gebieter, mich nicht der Androidenüberwachung (AÜ) auszuliefern, sondern das Mißgeschick zu verschweigen, damit sie von Hal die Rückerstattung des vollen Kaufpreises verlangen konnten. Als Begründung dafür, daß sie mich nicht behalten wollten, führten sie die Berichte in den Medien über abnorme Verhalten bei P9-Modellen an, das gelegentlich sogar in Gewalttaten gipfelte, besonders bei Rehas. Es wäre unverantwortlich, ihre Tochter der Willkür eines derart instabilen Produkts auszuliefern, sagten sie. Hal hielt ihnen entgegen, daß Pirouet kürzlich von United Systems aufgekauft worden war, um das öffentliche Vertrauen in die Firma wiederherzustellen, und daß das System des Zentralen Zensors nach einer geringfügigen Korrektur wieder einwandfrei funktionierte, so daß kein Grund zur Sorge bestand. Doch sie blieben fest, also schlug er einen Tausch vor: mich gegen einen P8, ein weniger vielseitiges Modell, aber dafür mit einem Internen Zensor ausgestattet. Sie waren so versessen darauf, mich loszuwerden, daß sie sich nicht einmal über den für sie ungünstigen Preisunterschied beschwerten, denn ein P8 kostete einhunderttausend Mel mehr als ein gebrauchter P9. Aber warum sich Gedanken machen, es lief ja alles auf Raten.
    So landete ich auf den hinteren Rängen in der Abteilung für gebrauchte Androiden, und mein Preis wurde auf einhundertneunundneunzigtausend herabgesetzt – so tief war ich gesunken. Die zwei Wochen, die ich dort Staub sammelte, versuchte ich in Stasis zu verbringen, um die unwürdige Situation nicht wahrnehmen zu müssen, doch meine Krankheit ließ es nicht

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