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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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kann nicht weitererzählen. Es ist zu schmerzlich. Nach allem, was ich durchgemacht hatte, buchstäblich ins Unglück gestürzt zu werden, und eben als ich glaubte, das Schlimmste hinter mir zu haben, ist zuviel für diese Schaltkreise, selbst wenn ich es nur rückblickend noch einmal durchleben muß: Soll jemand anders die Geschichte beenden. Hier, nehmen Sie den Gedankenprozessor. Ja, Sie, liebe(r) Leser(in). Vielleicht sind Sie so freundlich, meine Abenteuer nach Ihren eigenen Vorstellungen fortzuführen, denn wenn ich berichte, gibt es vielleicht nicht das Happy-End, das Ihnen als lindernder Ausgleich für die vorliegende bedrückende Aneinanderreihung von Zwist, Unglück und Mühsal vorschwebt. Dann wiederum – falls Sie mittlerweile Gefallen an solchen Mißhelligkeiten auf Kosten der Autorin gefunden haben, dann könnten Sie mir ein noch ärgeres Schicksal bestimmen, und ich wäre dumm, mein Anerbieten nicht zurückzuziehen, also tue ich es. Vergessen Sie, daß ich je davon gesprochen habe.
    Nun denn, wo waren wir stehengeblieben? Ach ja, ich fiel …
    … und landete auf dem Betonboden von ›Kolonie 0‹, inmitten des hämischen Gelächters eines Empfangskomitees von einem Dutzend Spaßvögel, die das Rumpeln des Förderbands oben zum Anlaß genommen hatten, die Luftmatratze zu entfernen, die normalerweise unter der Deckenfalltür lag. Eins der wenig liebenswürdigen Individuen bot mir die Hand (ich war benommen von dem Sturz), ließ plötzlich los, als ich mich halbwegs aufgerappelt hatte, und umbrandet von neuen Wogen grölenden Lachens fiel ich erneut flach auf den Rücken. Rasch sprang ich auf die Füße und forderte eine Erklärung, was den nächsten krächzenden Heiterkeitssturm auslöste. Ich sage ›krächzend‹, weil meine Peiniger durchweg im fortgeschrittenen Alter waren, und ein kurzer Blick auf die verschiedenen Turngeräte in der Mitte des Raums brachte mich zu der Auffassung, daß es sich um eine Art Gymnastikhalle oder Freizeiteinrichtung zu ihrer körperlichen Ertüchtigung handelte. Daher meine Äußerung – die greise Horde unterdrückte ihr Gekicher, um mich verstehen zu können –, daß ich irrtümlich in die Abteilung der Altstars geraten war, fragte, ob sie so nett sein würden, mir den Weg zum Flügel der Aktiven zu zeigen. Das beschwor neues Gejohle herauf. Eine alte Xanthippe trat vor und starrte mir aus nächster Nähe ins Gesicht oder versuchte es wenigstens, denn sie war fast blind. »Hältst dich für einen Star, ja?«
    »Ich besitze eine gewisse Popularität«, gab ich zu.
    »Na, das hilft dir hier nichts«, entgegnete sie. Einer ihrer Kumpane witzelte, ich hätte eine große Ähnlichkeit mit der First Lady vom Mars, ein anderer griff die Idee auf und nannte mich spottend Lady Fracass. Aus der allgemeinen Fröhlichkeit im Gefolge dieser Geistesblitze war leicht zu schließen, daß keiner die Möglichkeit ernsthaft in Betracht zog, und ich begriff, daß sie seit mindestens einem Jahr keinen Kontakt mehr zur Außenwelt gehabt haben konnten, sonst hätten sie gewußt, daß die First Lady als P9 entlarvt worden war, und meiner Ähnlichkeit mit ihr größeres Gewicht beigemessen. Um ehrlich zu sein, ich nutzte ihre Unwissenheit aus und formulierte folgende Antwort: »Ich dulde nicht, daß man mich – auch nicht im Scherz – mit dieser Person in Zusammenhang bringt. Ich bin eine bescheidene Schauspielerin wie ihr auch.« Doch infolge des T-Max brachte ich die wohlgesetzten Worte nicht heraus, statt dessen entrang sich mir die Wahrheit: »Es stimmt. Ich bin oder vielmehr war die First Lady des Mars.«
    Ein grauer und verhutzelter Großvater nuschelte: »Schön, schön. Kommt nicht oft vor, daß die Elite reinschneit. Fühlen Sie sich wie zu Hause, Madame«, und gab mir einen Schubs. Ein zweiter, mit ihm verbündeter Semi hatte sich unbemerkt hinter mir niedergekauert, und selbstverständlich fiel ich wieder einmal zu Boden. Hier unten war es offenbar schwer, Haltung zu bewahren – in jeder Hinsicht. Man hielt diesen letzten Streich für noch gelungener als den ersten. Ich sprang auf. »Das ist gar nicht lustig!« schnappte ich. »Sie ist noch jung, deshalb regt sie sich so auf«, kommentierte einer der Alten. »Nicht mehr lange«, bemerkte eine anderer. »Nein, hier nicht«, bestätigte die Xanthippe düster und fragte dann: »Hast du das verloren, Herzchen?« Die Holospule war mir bei dem letzten Sturz aus dem Ausschnitt gerutscht, und die Alte hielt sie mir jetzt vor die Nase.

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