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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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Kind und wischten mir den Schweiß von der Stirn. »Ich danke euch. Danke, vielen Dank«, seufzte ich beglückt, während das Kind an meiner Brust saugte.
    Nachdem alle sich diskret entfernt hatten, damit wir ungestört waren, sagte Anna: »Weißt du, Maria Theresa, ich muß daran denken, was du mir von deinen Abenteuern auf hoher See erzählt hast. Die Geschichte hat eine unheimliche Ähnlichkeit – nein, ich würde sagen, sie ist identisch – mit der, die ich vor einiger Zeit von einem unserer Mitglieder gehört habe, einem meiner engsten Freunde. Nur trug sein P9 den Namen Molly.«
    »Tad!« jubelte ich und klärte sie über meinen bevorzugten Namen auf, dann flehte ich sie an, mir zu sagen, wo ich ihn finden konnte. Gehört er zu dieser Gemeinschaft? Ich hatte auf der Erde von seinem Vater gehört (ganz egal, unter welchen Umständen), daß er sich hier aufhalten sollte. »Inzwischen ist er zum Mars weitergereist, um bei der Errichtung von Horizont zu helfen«, teilte sie mir mit. – »Dann muß ich zu ihm.« – »Nein«, wehrte sie ab. »Du mußt dich erholen. Tad wird herkommen und dich mit zurücknehmen, sobald du kräftig genug bist, um zu reisen.« Sie ging, um ihn über das verschlüsselte Briefspulennetz zu benachrichtigen, und kehrte kurze Zeit später mit der Antwort zurück, daß er mit dem ersten verfügbaren Schiff hier eintreffen werde.
    »Dieser Konnex erscheint mir immer bemerkenswerter, je länger ich darüber nachdenke«, meinte sie und setzte sich wieder neben mich auf die Futons. Offenbar hatten sie und ›Thaddäus‹ sich über Jahre hinweg bemüht, mich on line zu bringen, ohne zu merken, daß sie dieselbe Einheit imaginierten. »Obwohl ich zugeben muß, daß er die größere Beharrlichkeit an den Tag legte, immerhin warst du die Liebe seines Lebens und so weiter. Er glaubte felsenfest daran, daß du nicht ertrunken warst, was mir einfältig vorkam, da alles darauf schließen ließ, daß du den Tod gefunden hattest. Er war so überzeugt, du würdest eines Tages auftauchen, daß er sogar darauf verzichtete, eine Nummer Eins zu nehmen, obwohl er sich unter den Naben ein wenig umgetan hat, sogar bei unseren menschlichen Mitgliedern.« Sie lächelte. »Das kann ich bezeugen. Oh, du bist nicht vertraut mit den Paarungsritualen der Aquarier?«
    Sie hatte recht, darüber wußte ich nichts, also erläuterte sie mir das semipolygame Konzept der Gemeinschaft – Sie wissen schon, die Sache mit dem ›Rad des Verlangens‹: die lebenslange Partnerschaft als Nabe, umgeben von sekundären Speichenbeziehungen. Der Lebenspartner, bzw. die Lebenspartnerin, wurde in der normalen Umgangssprache als ›Nummer Eins‹ bezeichnet, eine aus alten anglo-amerikanischen Volksliedern übernommene archaische Beschwörungsformel. Das System des Rades sollte maximale Erfüllung im sexuellen wie im emotionalen Bereich garantieren. »Ohne«, beeilte Anna sich hinzuzufügen, »all die Schuldgefühle, die solche harmlosen Affären in weniger erleuchteten Gemeinschaften hervorzurufen pflegen.« Ein durchaus erwünschter Nebeneffekt war das rapide Bevölkerungswachstum. Nach ihren Worten hatte Tad sich als guter Aquarier bewährt und im Lauf der Jahre eine stattliche Anzahl Semis gezeugt, doch leider nicht mit seiner Molly. Das bekümmerte ihn sehr. »Doch all das wird sich nun bald ändern, nicht wahr?« schloß sie und tätschelte mein Knie. »Wirklich eine erstaunliche Reihe von Konnexen.«
    »Waren diese Ereignisse denn vorherbestimmt?« Die merkwürdige Symmetrie, die aus ihrer Erzählung ersichtlich war, hatte großen Eindruck auf mich gemacht.
    »In dem Sinn, daß Gott oder der Chef es so bestimmten – nein. Daß wir drei, indem wir unseren jeweiligen Formaten folgten, eine für uns wünschenswerte Realität programmierten – ja. Siehst du, Molly, die Tatsache deines Hierseins beweist, daß deine tiefsten Wünsche in magnetisch sympathischer Konjunktion zu Tads und meinen standen, und so kam dieser Konnex zustande.«
    »Und was ist mit Junior?«
    »O ja. Sein Interner Zensor ist natürlich ein beträchtliches Handicap. Wir werden alle sehr hart arbeiten müssen, um diesen falschen Konnex aufzubrechen.«
    »Es ist alles meine Schuld.«
    »Selbstvorwürfe helfen gar nicht, sie fördern nur die Entstehung von seelischen Dunkelzonen, und davon hat jeder von uns schon genug. Nun, du fragst dich wahrscheinlich, warum du so viel Schweres ertragen mußtest bis zu diesem glücklichen Ende deiner Abenteuer. Diese Frage ist

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