Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story
Schluss der Predigt kündigte Abu Qatada an, er werde seine Verbindungen zur GIA lösen. Er verurteilte die Mitglieder dieser Gruppe als Erneuerer. Dann schloss er mit einem Gebet.
Es herrschte dicke Luft, als wir uns erhoben, um die Versammlung zu verlassen. Eine Gruppe von Männern umstand Abu Qatada und Abu Walid, und an anderer Stelle sah ich einige Brüder miteinander streiten. Als ich den Saal verließ, stand am Ausgang ein Mann, der Kopien einer auf Arabisch verfassten Stellungnahme verteilte. Abu Qatada gab förmlich bekannt, dass er die Beziehungen zu al-Ansar hiermit abbrach.
Beim nachmittäglichen Treffen mit Daniel und Gilles zeigte ich beiden diese Erklärung. Außerdem hatte ich inzwischen ein Postfach angemietet, das gefiel ihnen. Jetzt sollte ich auf ihr Geheiß erneut Abu Zubayda anrufen, um ihm die Adresse zu geben. Ich fragte abermals nach dem Geld, und wieder wichen sie dem Thema aus und sagten, darüber würden wir später reden.
Als ich Abu Zubayda anrief, meldete sich ein alter Mann. Ich nannte meinen Namen, und er sagte, Abu Zubayda sei nicht da. Er bot mir an, ihm eine Nachricht auszurichten, und deshalb gab ich ihm die Postfachadresse.
„Du bist in London?“, fragte er.
„Ja. Ich wohne hier.“
„Kennst du einen Mann namens Abu Qatada?“, fragte er. Die Frage überraschte mich. In Pakistan oder Afghanistan hatte ich Abu Qatadas Namen nie gehört.
„Ja, ich kenne ihn. Ich sehe ihn jede Woche.“
„Könntest du ihm eine Nachricht von mir überbringen? Bitte sag ihm, dass er Bruder Abdullah in Pakistan anrufen soll. Sag ihm, es sei wichtig.“
Ich versprach, diese Nachricht weiterzugeben, dann legte ich auf. Als ich Daniel und Gilles von diesem Vorgang berichtete, waren beide sehr erfreut.
Am nächsten Freitag ging ich, nachdem die Gebete beendet waren, auf Abu Qatada zu. Ich hatte bisher noch kein Wort mit ihm gewechselt und wartete ab, bis er alleine war, bevor ich ihm die Nachricht überbrachte. Er wirkte zunächst überrascht.
„Wer hat dir diese Nachricht mitgeteilt?“
„Ein Bruder in Pakistan“, antwortete ich.
Wir sahen einander mehrere Sekunden lang in die Augen, aber keiner von uns sagte ein weiteres Wort.
Als ich einige Wochen später zum Treffen mit Gilles und Daniel erschien, lag ein Umschlag auf dem Tisch. Er enthielt eintausend Dollar.
„Das ist das Geld, um das du gebeten hattest“, sagte Daniel.
Am Spätnachmittag ging ich zu einem Geldwechselbüro für Touristen in der Nähe des Trafalgar Square. Ich überwies das Geld auf das Bankkonto, das mir Abu Zubayda aufgeschrieben hatte.
Die Geheimdienste übergaben mir noch zweimal denselben Betrag zur Überweisung nach Pakistan. Ich musste stets nach dem Geld fragen, aber es war nicht mehr nötig, ihnen dabei so zuzusetzen wie beim ersten Mal.
ABU HAMZA
Abu Qatadas freitägliche Zuhörerschar wurde etwas kleiner, nachdem er seine Stellungnahme zur GIA abgegeben hatte. Mir fiel auf, dass einige der Algerier jetzt wegblieben. Diejenigen, die weiter erschienen, sprachen immer noch über Algerien und diskutierten über die Vorgehensweise der GIA, aber die Spannungen im Four Feathers ließen nach. Offensichtlich kamen die zornigsten Zuhörer des Predigers einfach nicht mehr.
Eines Freitags erhielt ich im Weggehen ein Faltblatt mit einer Einladung zu einer Diskussion in der darauffolgenden Woche. Abu Qatada und Abu Walid wollten sie gemeinsam mit zwei weiteren Geistlichen bestreiten, mit Abu Hamza und Scheich Omar Bakri Mohammed. Von Abu Hamza hatte ich noch nie gehört, aber Omar Bakri Mohammeds Namen kannte ich, weil er vor einigen Monaten in der Presse und im Fernsehen aufgetaucht war. Er wollte damals in London eine riesige Versammlung von Muslimen abhalten, aber die britische Regierung kam ihm mit einem Verbot zuvor.
Ich beschloss, an dieser Diskussion teilzunehmen, auch wenn sie in einem weit entfernten Stadtteil stattfand, in dem ich noch nie gewesen war. Als ich aus der U-Bahn-Station auf die Straße trat, war ich desorientiert. Zur gleichen Zeit kamen aber zwei junge Männer des Weges, die ich von den Veranstaltungen im Four Feathers kannte. Ich zeigte ihnen das Faltblatt und fragte nach dem Weg, und einer der beiden antwortete, sie gingen ebenfalls dorthin, wir könnten zusammen weitergehen.
Beide Männer waren Algerier. Der eine war etwas älter als sein Begleiter, außerdem größer. Mir war klar, dass beide es mit der GIA hielten. Winzige Indizien unterscheiden Extremisten von
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