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Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story

Titel: Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Omar Nasiri
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Also standen wir auf, reichten uns die Hände und verabschiedeten uns.
    Zu diesem Zeitpunkt hatte ich keine Ahnung, dass dies die letzte Unterhaltung war, die ich mit Gilles führen würde.
     
    „Da gibt es einen Bruder, der dich gerne sprechen möchte.“
    Diese Worte überraschten mich. Ich hielt mich mit Khaled in der Finsbury-Park-Moschee auf, und das Freitagsgebet war gerade zu Ende gegangen.
    „Wer?“, fragte ich nach. Mein Herz begann zu rasen. Ich hatte Angst, dass es jemand aus Brüssel sein könnte, der wusste, was ich getan hatte.
    „Jemand, den du kennst“, antwortete er. „Jemand aus al-Jibal.“ Jemand aus den Bergen. Den Ausbildungslagern. Mein Herz schlug etwas langsamer, aber ich war nach wie vor leicht beunruhigt, wie immer, wenn meine beiden Lebenswelten aufeinanderzustoßen zu drohten. Khaled forderte mich auf, mich am folgenden Freitag im Four Feathers einzufinden. Dort würden sie auf mich warten.
    Als ich das meinen Agentenführern mitteilte, waren sie von dieser Nachricht begeistert. Sie wiesen mich an, das Treffen so lange wie möglich auszudehnen und hinterher nach Möglichkeit mit meinem Gesprächspartner nach draußen zu gehen, damit sie gute Aufnahmen von ihm machen könnten.
    Als ich ins Four Feathers kam, konnte ich Khaled zuerst einmal nicht finden. Ich setzte mich ganz hinten in den Raum und verrichtete meine salat. Als ich aufstand, entdeckte ich Khaled. Neben ihm stand Abdul Haq, der Marokkaner aus Khaldan, der in London bei seiner Schwester lebte und der damals als Erster das GPS ausprobieren durfte.
    Es war sehr seltsam, ihn hier in einer überfüllten Londoner Sporthalle zu sehen. Ich erinnerte mich plötzlich ganz deutlich an mein Leben in den Lagern, an den Geschmack des Essens, den Lärm der Schusswaffen und Explosionen und an den harten, kalten Erdboden, auf dem ich jede Nacht schlafen musste.
    Ich ging hinüber, um Abdul Haq zu begrüßen. Khaled ließ uns beide daraufhin alleine.
    „Man sollte uns hier nicht zusammen sehen“, flüsterte mir Abdul Haq zu. Dann forderte er mich auf, ihn am folgenden Freitag nach dem Gebet in der Regent’s-Park-Moschee zu treffen. Ich versprach ihm, zu kommen.
    Als ich mich an diesem Nachmittag mit Penny und Alexandre traf, waren beide begeistert. Sie hatten Hunderte von Fotos von Abdul Haq aufgenommen, als wir aus dem Gebäude getreten waren. Sie wollten weitere im Regent’s Park machen.
    Am Freitag darauf verbrachten Abdul Haq und ich zwei Stunden miteinander. Wir saßen auf einer Bank im Park, und er richtete mir Grüße von Ibn Sheikh und Abu Bakr aus. Er erzählte mir, dass sich Assad Allah beim Herumexperimentieren mit einem Sprengstoff schwer verletzt und dabei eine Hand verloren habe.
    Abdul Haq berichtete mir, dass er sich bereits seit sechs Wochen in London aufhalte und in ein paar Tagen nach Pakistan zurückgehen werde. Er fragte mich, ob auch ich plane, in die Lager zurückzukehren.
    „Ja“, antwortete ich. „Wahrscheinlich in einem Jahr oder so.“
     
    Abdul Haq war die einzige Person aus den Lagern, die mir in London jemals begegnet ist. Aber ich erfuhr von Alexandre auch Neuigkeiten von Abu Bakr. Eines Tages legte er bei einem unserer Treffen ein Foto von Abu Bakr vor mich auf den Tisch.
    „Weißt du, wer das ist?“, fragte er mich. Er schien wirklich begeistert zu sein.
    „Das ist Abu Bakr“, antwortete ich. Ich war begierig, mehr zu erfahren.
    „Stimmt genau!“Alexandre grinste über das ganze Gesicht. „Wir haben ihn gerade in Jordanien aufgegriffen.“
    Das war das Letzte, was ich seitdem von Abu Bakr gehört habe.

GIA
    Den ganzen Sommer des Jahres 1997 über wütete der Krieg in Algerien. Beinahe jeden Tag konnte man in den Zeitungen neue Berichte über Massaker lesen. Der Konflikt forderte auch in Finsbury Park seinen Tribut. Selbst einige der Männer, die einst wegen Abu Hamzas Unterstützung der GIA vom Four Feathers herübergewechselt waren, zeigten ein zunehmendes Unverständnis für deren Verhalten. Die Kritik daran, die vorher nur hinter vorgehaltener Hand geäußert worden war, wurde nun immer lauter und öffentlicher.
    Im August erreichten dann die Massaker eine ganz neue Größenordnung. Ende des Monats tötete die GIA bei einem Angriff auf Sidi Moussa, eine Gemeinde etwas außerhalb von Algier, Hunderte von Menschen. Die GIA-Kämpfer kamen spät in der Nacht und setzten ihr Morden bis zum Anbruch des nächsten Tages fort. Sie verbrannten Leichen und hinterließen im ganzen Dorf

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