Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story
di Liberazione Naziunale Corsu, einer militanten Gruppe, die die französische Herrschaft über die Insel abschütteln wollte. Jahrelang haben sie Anschläge auf Symbole der französischen Kolonialmacht verübt: Banken, Polizeistationen, Militärgefängnisse. Laurent wollte mich offensichtlich beeindrucken, dennoch war ich mir ziemlich sicher, dass er die Wahrheit sagte.
Ich wusste, was ich tat, und machte mir deswegen auch keine Sorgen. Für mich war dies nur ein Geschäft. Ich verdiente gutes Geld, und die Arbeit war aufregend. Natürlich wusste ich, wo all diese Waffen hingebracht wurden. Der größte Teil davon landete in Algerien, aber auch andere Länder wurden beliefert. Die ganze Operation verlief höchst einfach. Im Lauf der Wochen gaben sich immer mehr Leute bei uns die Klinke in die Hand. Es waren ausnahmslos junge Männer. Männer, die mit Autos kamen und gingen. Die Autos abstellten und wieder abholten. Manchmal blieben sie ein paar Tage lang bei uns, und dann sah ich sie nie wieder.
Im Lauf der Zeit nannten immer mehr Männer, die durch das Haus gingen, Tschetschenien als Ziel. Ich beneidete sie. Ich las inzwischen viel Zeitung, weil wir keinen Fernseher im Haus hatten, und verbrachte viele Stunden im Fnac, einem riesigen Mediengeschäft an der Place Rogier im Herzen Brüssels. Dort konnte ich sitzen und so lange lesen, wie ich wollte. Und dort las ich die Berichte über den Bürgerkrieg in Tschetschenien.
Ich wusste bereits von diesem Krieg. Während meiner letzten Monate in Marokko hatte ich etwas darüber gehört. Am meisten wusste ich über Dschochar Dudajew, den Führer der tschetschenischen Rebellen gegen Russland. Für mich war er ein Held. Früher war er ein großartiger Kampfflieger gewesen. Russland wollte ihn vertreiben, ja sogar töten. Sie wollten die tschetschenischen Muslime vernichten, so wie sie auch versucht hatten, die Muslime in Afghanistan zu vernichten.
Amin und Yasin sprachen viel über Tschetschenien und andere Dschihad in aller Welt. Am ausführlichsten redeten sie natürlich über Algerien. Sie wollten das Militärregime selbstverständlich stürzen. Die FIS jedoch wollten sie ausgelöscht sehen, weil sie sich um eine politische Lösung für die Probleme Algeriens bemühte. Aber Politik war für Amin und Yasin tahout . Es gibt kein anderes Gesetz als den Islam.
Sie sprachen auch über Bosnien. Ich war natürlich sehr darauf erpicht, etwas über Bosnien zu erfahren, weil ich so viel darüber gelesen und außerdem davon geträumt hatte, dorthin zu gehen. Deshalb war ich äußerst irritiert, weil Amin und Yasin mit den bosnischen Muslimen nicht einig zu sein schienen, obwohl immer noch Männer in unser Haus kamen, die sich deren Kampf anschließen wollten. Manchmal fragte ich mich, ob Amin und Yasin vielleicht selbst dort gewesen waren, weil sie so unverblümt über das sprachen, was dort vor sich ging. Sie unterhielten sich ständig über die Frage, warum die bosnischen Muslime keine richtigen Muslime seien. Sie sagten, die bosnischen Frauen trügen keine Kopftücher, und die Männer gingen nicht in die Moschee. Sie sagten, diese Leute würden Alkohol trinken und Schweinefleisch essen. Sie sagten, einige der bosnischen Männer hätten versucht, die arabischen Brüder zu töten, die gekommen waren, um sie im Dschihad gegen die Serben zu unterstützen.
Ich wusste nicht, was ich von alldem halten sollte. Ich hatte mir Bosnien immer als etwas Reines und Heiliges vorgestellt. Jetzt war ich mir nicht mehr so sicher.
Amin und Yasin unterhielten sich auch über Afghanistan. Auch hier überraschten sie mich. Ich begriff schnell, dass Hekmatyar für beide ein großer Held war, ebenso wie für Hakim. Doch sie hassten die Taliban. Ich wusste etwas über die Taliban, weil ich Fernsehberichte über sie gesehen hatte, und bei Fnac hatte ich auch Berichte über sie gelesen. Sie waren Extremisten im uneingeschränkten Wortsinn, und ich war davon ausgegangen, dass Amin und Yasin ihnen beipflichten würden, so wie sie Hekmatyar beipflichteten. Aber sie sagten, die Taliban seien Erneuerer. Keine wahren Muslime. Sie seien übereifrig in ihren Bestrafungsmethoden und sie orientierten sich nicht am wahren islamischen Recht.
Amin und Yasin wussten sehr viel über Afghanistan, weil sie sich dort in Ausbildungslagern aufgehalten hatten. Darüber sprachen sie fast nie, und ich erfuhr es eher zufällig, als sie beim Abendessen einmal darüber scherzten. Wir hatten alle eine sehr üppige
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