Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story
Mahlzeit genossen, und als wir fertig waren, lehnte sich Yasin in seinem Stuhl zurück und legte die Hände auf den Bauch.
„Gott vergebe uns“, sagte er zu Amin. „Wir werden beide fett.“
Amin lächelte dabei, und schließlich musste er laut lachen. „Ja, im Lager waren wir beide so dünn“, meinte er schließlich wehmütig. Dann lehnte er sich ebenfalls zurück und legte die Hände auf sein kleines Bäuchlein, um damit anzudeuten, wie fett er seitdem geworden war, und Yasin und Hakim lachten ebenfalls.
Als das Gelächter nachließ, fuhr Amin fort: „Es ist nicht leicht, auf dem Pfad Gottes zu wandeln, wenn du selbst unter Ungläubigen lebst. Wir essen zu viel, und wir halten uns nicht fit. Wir werden schwach.“
Die Unterhaltung kam mir zu diesem Zeitpunkt seltsam vor. Amin und Yasin waren außergewöhnlich fit. Tag für Tag sprachen sie die salat und die sunna salat . Auf mich wirkten die beiden unglaublich diszipliniert. Ich konnte mich überhaupt nicht mit ihnen vergleichen. Aber ich erinnerte mich an das, was mein Bruder in Marokko zu mir gesagt hatte: dass ich viele Ebenen durchlaufen müsse, bevor ich für den Dschihad reif sei.
Ich wusste, dass Hakim dies ebenfalls wollte, aber er packte es auf die falsche Art an. Im direkten Vergleich mit Amin und Yasin wirkte er irgendwie klein und unbedeutend – ein bisschen dümmlich mit seinem siwak und seiner djellaba . Ich kam zu der Einsicht, dass Amin und Yasin ebenso dachten. Sie waren stets freundlich zu ihm und froh darüber, ihn um sich zu haben. Aber ich gewann den Eindruck, dass sie ihn nicht wirklich respektierten. Mit Hakim sprach ich natürlich nie über diese Themen. Eigentlich sprach ich so gut wie gar nicht mit ihm.
Nein, ich war nicht wie Amin und Yasin. Ich sprach nicht fünfmal täglich die salat . Ich rauchte und trank – natürlich heimlich, weil die anderen nichts davon wissen durften. Ich sah die Welt nicht zwischen den Frommen und den Ungläubigen aufgeteilt. Ihre harsche Sprache war mir oft unangenehm. Aber ich bewunderte beide wegen ihrer Erfahrung, ihrer Disziplin und für das Feuer, das sich in ihrer Verehrung Gottes offenbarte. Es war auch mein Gott.
Nur eine Sache bereitete mir bei meiner neuen Tätigkeit Sorgen: die Uzis. Es machte mich traurig, wie alle drei – Hakim, Yasin und Amin – über die Umma und den Dschihad schwadronierten, während sie Tausende von Francs für israelische Maschinenpistolen und russische Kugeln ausgaben.
Das ist der symbolische Ausdruck der Probleme des modernen Islams. Wir sind vollständig vom Westen abhängig – wir brauchen ihn für unsere Geschirrspülmaschinen, unsere Kleidung, unsere Ausbildung, für alles . Es ist erniedrigend, und jeder Muslim empfindet das. Ich empfand es jedes Mal, wenn ich an die Uzis dachte. Amin und Yasin enttäuschten mich mit ihrer Heuchelei, aber die muslimische Welt enttäuschte mich noch mehr. Früher hatten wir so viele Errungenschaften vorzuweisen – in den Naturwissenschaften, in der Mathematik, Medizin und Philosophie. Jahrhundertelang waren wir dem Westen weit voraus, wir waren die am höchsten entwickelte Zivilisation der Welt.
Heute sind wir rückständig. Wir können nicht einmal mehr Kriege führen, ohne die Waffen unseres Feindes zu benutzen.
TAREK
Etwa vier Monate nach meiner Ankunft in Brüssel wurde mein Leben auf den Kopf gestellt. Eines Nachmittags kam ich nach Hause und fand die Küche mit Pappkartons und Gepäckstücken vollgestellt. Ich wusste nicht, was los war, und rannte die Treppe hoch, in Richtung meines Zimmers. Noch bevor ich dort ankam, sah ich im Korridor ein riesiges Canon-Fotokopiergerät – auch das war neu. Und als ich in mein Zimmer trat, fand ich dort noch mehr Gepäck und Pappschachteln vor, die über den ganzen Raum verstreut waren.
Ich eilte ins Erdgeschoss zurück und fragte dort meine Mutter: „Maman, was ist hier los? Woher kommt dieses ganze Zeug?“
„Ein paar von Hakims Freunden werden eine Weile bei uns wohnen. Amin, Yasin, und noch ein paar andere. Sie haben ihre Wohnung verloren und brauchen eine Bleibe.“
Ich traute meinen Ohren nicht. Aber ich konnte nichts dagegen tun – es war das Haus meiner Mutter. Ich stürmte davon und knallte die Haustür hinter mir zu.
Als ich zurückkam, waren Hakim, Yasin, Amin und zwei weitere Männer im Haus. Sie aßen gemeinsam zu Abend. Ich setzte mich dazu, und Hakim stellte die beiden Neuankömmlinge als Tarek und Kamal vor.
Tarek war das bei weitem
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