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Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story

Titel: Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Omar Nasiri
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ihnen unserem Fahrzeug näherte, war ich überrascht, wie jung er war. Er dürfte nicht älter als sechzehn gewesen sein. In einer Hand hielt er eine Kalaschnikow, in der anderen einen Stock. Er beugte sich in den Pick-up hinein, deutete mit dem Stock auf die Stereoanlage auf dem Armaturenbrett und sprach mit dem Fahrer. Dieser hob eine Kassette vom Wagenboden auf und steckte sie in das Kassettendeck. Als das Band anlief, hörte man, dass es sich um eine Koranrezitation handelte. Der junge Talib lächelte und winkte uns durch.
    Als wir weiterfuhren, begann sich die Landschaft zu ändern. Die Straße war nicht mehr so staubig, und die Vegetation nahm zu. Bald sah ich vor uns ein Dorf und einen Fluss. Auf der Fahrbahn spielten Kinder, und im Fluss wuschen einige Mädchen die Wäsche.
    Mein Führer sagte etwas zu dem Taxifahrer. Dieser hielt an, und wir stiegen aus. Von hier aus machten wir uns zu Fuß auf in die Berge. Mein Begleiter begann plötzlich immer schneller zu werden. Bald musste ich rennen, um ihm überhaupt noch hinterherfolgen zu können. Da ich nicht mit ihm sprechen durfte, konnte ich ihn auch nicht auffordern, langsamer zu gehen. Nach einigen Kilometern geriet ich wirklich in Schwierigkeiten und begann mich zu fragen, ob er mir vielleicht nicht sogar absichtlich davonlaufen wollte. Ich wusste nicht, ob ich ihm überhaupt noch trauen durfte.
    Schließlich war er so weit voraus, dass ich ihn nicht mehr sehen konnte. Ich war ganz allein inmitten dieser schwarzen Felsen. Wusste er möglicherweise, dass ich ein Spion war? Waren die letzten Tage nur eine einzige Inszenierung gewesen, um mich jetzt besser umbringen zu können? Ich erinnerte mich an den Film im Centre Pompidou, der zeigte, wie die Mudschahidin den sowjetischen Konvoi in einen Hinterhalt gelockt hatten, und war mir überhaupt nicht mehr sicher, ob ich diesem Mann noch weiter folgen sollte. Ich wusste absolut nichts über ihn, und ich hatte keine Ahnung, wohin er mich bringen würde. Kurzzeitig dachte ich daran umzukehren, aber dann verdrängte ich alle diese Gedanken. Es gab gute Gründe, dass ich jetzt hier war, und ich würde jetzt nicht einfach aufgeben.
    Ich schwitzte aus allen Poren, und meine Beine wurden immer schwerer. Ich hielt an und beugte mich vor, um wieder zu Atem zu kommen und meine Schwäche zu überwinden. Als ich wieder aufschaute, sah ich meinen Führer auf einer Geländeerhebung direkt vor mir stehen.
    „Beeile dich“, rief er zu mir herüber. „Sonst kommen wir noch zu spät zum Essen.“
    Von nun an gingen wir zusammen weiter. Unser Weg führte jetzt in ein Tal hinunter, das wie eine Oase in diesen schwarzen Bergen wirkte. Alles war grün und üppig bewachsen. In der Ferne war sogar das Glitzern von Wasser zu erkennen.
    Plötzlich ein lautes Geräusch. Bamm. Bamm. Bamm. Ich erkannte es nicht sofort. Bald kamen noch andere Geräusche dazu. Bum. Bum. Tat-tat-tat-tat.
    Jetzt wusste ich, was das war: Gewehrschüsse, Explosionen, Mörserfeuer. Mein Begleiter grinste mich an. „Wir sind da, Bruder. Das hier ist Khaldan.“
    Dies war das erste Mal, dass ich das Wort „Khaldan“hörte.
    Ich folgte meinem Führer ins Tal hinunter. Auf der einen Seite sah ich in einer Schlucht zwischen hohen Bergen einige Gebäude. Aus dem Gebirge kam ein Fluss, der das breite Tal und das Lager durchströmte. Rechts von mir gab es eine weite, offene Fläche. Links vor mir konnte ich in der Entfernung eine Höhe mit den Überresten einer Art Wachtturm erkennen.
    Vor dem ersten Gebäude hielten wir an. Mein Führer schaute mir direkt in die Augen.
    „Du bleibst jetzt genau hier stehen“, befahl er mir und deutete auf meine Füße. Er wollte also, dass ich mich nicht vom Fleck rührte. Danach verschwand er hinter dem Gebäude.
    Es kam mir so vor, als ob ich eine ganze Stunde hier warten müsste. Die Sonne brannte auf mich herab, und Schweiß floss mir in die Augen und vermischte sich dort mit den blendenden Strahlen der Sonne. Was hätte ich jetzt nicht für meine Ray-Ban-Sonnenbrille gegeben. Ich fühlte mich noch schwach und schwindelig von dem langen Fußmarsch. Immerhin hatte ich den ganzen Tag noch nichts gegessen. Plötzlich kam mir das alles irgendwie surreal, ja sogar bedrohlich vor. Die gnadenlose Sonne hatte den Himmel jeder Farbe beraubt, und die schwarzen Felsen hoben sich unheilschwanger von diesem bleiernen Hintergrund ab.
    Ich hatte keine Ahnung, was als Nächstes geschehen würde. Ein Führer, dem ich nicht traute, hatte mich

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