Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest
Richtung wir zuerst gehen wollen, wischt sie sie an meinem T-Shirt sauber.
Wir beschließen, uns zuerst einen Milchshake zu kaufen, bevor wir uns ins Shoppinggewühl stürzen. Burgstadt kommt uns vor wie ein anderer Planet. Die Innenstadt ist laut, es stinkt nach Abgasen, und die Straßen sind voller Autos, Baustellen und Menschen, die geschäftig hin und her eilen. Wir bleiben am Bahnhof stehen und brauchen einen Moment, um uns zu akklimatisieren. Aber dann laufen wir los.
Ich fühle mich, als hätte sich in meinem Gehirn ein Schalter auf Shopping- und Großstadtmodus umgelegt, und genieße das Prickeln.
Unsere Milchshakes schlürfen wir im Gehen. Unser erstes Ziel ist die neue Einkaufspassage. Anna geht schweigsam neben mir her. Sie wirkt leicht abwesend, und ich will sie gerade fragen, ob das vielleicht was mit Lukas’ blödem Benehmen von heute Vormittag zu tun hat, als mein Handy sich meldet.
Wo bist Du? , will Phillip wissen.
In Burgstadt. Windowshopping mit Anna , simse ich zurück.
Sehen wir uns? , fragt Phillip.
„Auf jeden Fall!“, murmele ich vor mich hin und tippe ein, dass ich bei ihm aufschlage, sobald Anna und ich wieder zurück sind. So gegen sechs.
Bis dann , lautet Phillips Antwort, und dass er sich jetzt schon freut.
Ich mich auch. Und wie!
Anna und ich werfen unsere leeren Becher in einen Abfallkorb und schieben uns durch eine gläserne Drehtür ins Innere der riesigen Einkaufspassage.
Zielstrebig zieht Anna mich hinter sich her und eine breite Rolltreppe hinauf. Ich bin ein bisschen irritiert, dass sie so plötzlich ungefragt die Führung übernimmt, aber ich verkneife mir einen Kommentar. Ich hab keine Lust, mir den Nachmittag mit einem Streit zu vermiesen. Anna neigt nämlich dazu, ziemlich schnell einzuschnappen. Und außerdem ist sie öfter mal mit ihrer Mutter hier und kennt sich aus. Ich stolpere also hinter ihr her und bin neugierig, wo sie mich hinschleppt.
Witzigerweise ist es genau der Laden, in den ich sowieso wollte. Der mit dem bauchfreien Top, der coolen Jeans und dem langärmeligen schwarzen T-Shirt. Es hängt direkt hinter der Eingangstür an einem Klamottenständer, als hätte es genau dort auf mich gewartet. Und zwar nur auf mich.
Bevor hier übrigens ein falscher Eindruck entsteht: Ich bin normalerweise nicht so eine einkaufssüchtige Trulla, die nur Kleidung im Kopf hat. Aber die Aussicht auf Phillips Party und einen romantischen Abend plus eine möglicherweise noch romantischere Nacht hat irgendetwas in mir freigesetzt. Bestimmt irgendwelche Hormone oder so. Ich hab keine Ahnung. Aber es ist mir im Moment auch ganz egal. Ich rastere blitzschnell, dass das schwarze Shirt haargenau meine Größe hat, und reiße es quasi im Vorbeigehen an mich. Anna grinst.
Im Nu hängen unsere Arme voll mit Kleidungsstücken.
„Wenn jetzt gleich ein Schild aufleuchtet, dass man nur drei Teile auf einmal mit in die Kabine nehmen darf, haben wir verloren“, schnaufe ich wie nach einem Marathonlauf.
Ein Leuchtschild gibt es zwar nicht, aber eine schnippische Verkäuferin, die uns nicht besonders freundlich darauf hinweist, dass es tatsächlich nicht gestattet ist, derartig vollgehängt in der Umkleide unterzutauchen.
„Schade eigentlich.“ Ich schenke ihr ein strahlendes Lächeln, werfe ihr einen Berg Shirts, Blusen und Jeans in die Arme und picke mir drei Teile heraus, die ich zuerst anprobieren möchte. Anna folgt meinem Beispiel.
Die Verkäuferin bleibt sprachlos zurück, während Anna und ich uns kichernd in eine Kabine stürzen und den Vorhang hinter uns zuziehen.
Wir fallen über die Klamotten her wie zwei ausgehungerte Modejunkies und reißen uns die besten Stücke gegenseitig aus den Händen. Wir benehmen uns total albern, aber es macht tierischen Spaß.
Als ich in das schwarze Shirt schlüpfe, sagt Anna sofort: „Viel zu düster!“ Ein Blick meinerseits in den Spiegel gibt ihr Recht. Ich sehe aus, als wäre ich auf dem Weg zu einer Beerdigung. Unmöglich!
„Schwarz ist nicht deine Farbe“, meint Anna. Sie reicht mir ein zartes, helltürkisfarbenes Hängerchen. „Hier, probier das mal! Das passt super zu deinen Haaren!“
Die Farbe erinnert mich an Urlaubsbilder von Griechenland in einem Reiseprospekt, auf denen die Sonne scheint und das Meer zwischen schneeweißen Häusern hindurch funkelt und glitzert. Ich verliebe mich auf der Stelle in das Teil, noch bevor ich es über den Kopf gezogen habe. Als mein Blick auf das Preisschild fällt, ist meine
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