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Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Titel: Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Hoßfeld
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nur mit Phillip. Im Mondschein. Oh, yes …

Nicht alle Scherben bringen Glück.

    „Mist!“ Phillip lässt den Hammer ins Gras fallen und hält sich den Daumen. Die Lichterkette rauscht Lämpchen für Lämpchen wieder runter.
    „Brauchst du ein Pflaster?“ Ich stehe unter ihm und halte die Leiter fest. Unser Versuch, die Partybeleuchtung am Gartenhaus zu befestigen, ist gescheitert. Das Holz ist einfach zu hart. Zuerst reihenweise krumme Nägel, und jetzt das!
    „Nein“, ächzt Phillip. Er wirft einen Blick auf seinen Daumen. „Oder doch.“
    „Komm erst mal runter!“ Ich trete einen Schritt zur Seite. „Wie wär’s, wenn wir die Kette einfach in einen Baum hängen?“
    Phillip schüttelt den Kopf. „Dann stolpert ständig ein Idiot über die Kabel. Nee, ich lass mir was anderes einfallen.“
    Wir gehen ins Haus – wenn man das, worin Phillip mit seinem Vater lebt, überhaupt Haus nennen kann. Eine zweistöckige Villa auf einem parkähnlichen Grundstück, rundherum von alten Bäumen und hohen Hecken umgeben. Im Erdgeschoss des Hauses befindet sich die Kanzlei von Phillips Vater, einem erfolgreichen Anwalt. Phillips Zimmer ist oben. Wir gehen die breite Treppe hinauf. Phillip hält seinen Daumen immer noch umklammert.
    Wir verschwinden im Bad. Phillip hockt sich auf den Rand einer marmornen Badewanne, die das Format eines Nichtschwimmerbeckens und außerdem jede Menge Whirlpool-Düsen hat. Wie es wohl ist, darin zu baden? Natürlich mit ganz viel Schaum, versteht sich?
    Von irgendwoher dringt laute Musik zu uns herauf. Phillips Fußballkumpel machen zusammen mit Billi und Dina einen ersten Soundcheck. Dem Wummern nach zu urteilen, haben sie gerade die Bässe gefunden.
    Phillip verzieht das Gesicht. Keine Ahnung, ob wegen seines Daumens oder wegen des Beats, der die Wände der Villa fast zum Vibrieren bringt.
    „Hoffentlich ist nichts gebrochen“, sage ich. „Zeig mal her!“
    Brav streckt er mir seine Hand entgegen. Der Daumen sieht wirklich übel aus, stelle ich fest. Er ist ziemlich dick angeschwollen und leicht bläulich.
    „Kannst du ihn bewegen?“
    Phillip wackelt ein bisschen damit hin und her und verzieht sofort das Gesicht.
    „Tut’s sehr weh?“, frage ich mitfühlend.
    „Nur, wenn ich Quittengelee und Holunderlikör sage“, stöhnt er.
    Ich muss lachen.
    „Wo habt ihr Pflaster?“
    Mit dem Kopf deutet Phillip auf einen Glasschrank. Ich mache ihn auf und werde nach kurzer Suche fündig. Dieser Haushalt ist besser ausgestattet als manche Notfallambulanz. Nicht, dass ich mich besonders gut auskennen würde, aber man hört ja immer, dass Krankenhäuser heutzutage sparen müssen. Bestimmt fängt das schon bei den Pflastern und Verbänden an.
    Ich nehme eine Tube kühlendes Sportgel, eine Mullbinde und eine elastische Binde heraus und mache mich ans Werk. Wenig später hat Phillips Daumen Ähnlichkeit mit einem weißen Kaktus, dem man die Stacheln gezogen hat. Total unförmig.
    „Hauptsache, es hilft“, murmelt Phillip und guckt mich an. „Übrigens … ich liebe Krankenschwestern!“
    „Ach?“, mache ich. „Seit wann das denn?“
    „Seit gerade eben.“ Er zieht mich an sich.
    Wir küssen uns zärtlich. Ich stehe augenblicklich in Flammen. Zum Glück ist nur der Daumen verletzt, denke ich, als ich Phillips Hand unter meinem T-Shirt spüre. Ganz leicht streichelt er meine Haut. Ich fahre ihm durch seine weichen Locken und könnte schnurren vor Wonne. Wir sind vollkommen ineinander versunken, als uns ein lautes Scheppern auseinanderreißt.
    „Was war das denn?“ Ich springe erschrocken von seinem Schoß.
    „Keine Ahnung“, knurrt er. „Aber es hörte sich nicht gut an.“
    Dem kann ich nur zustimmen. In Windeseile stopfe ich das Verbandmaterial in den Schrank zurück und trabe hinter ihm her nach unten.
    Die Fußballjungs sind im Keller, das ist trotz der dröhnenden Musik nicht zu überhören. Da sonst niemand im Haus ist, muss das Scheppern von dort gekommen sein. Laute Stimmen streiten miteinander. Jemand flucht. Ich erkenne Billis Stimme.
    Vorsichtig biegen Phillip und ich um die Ecke und treten um ein Haar in Scherben.
    „Vorsicht!“, ruft Billi gerade noch rechtzeitig.
    „Verdammt!“ Phillip bleibt so abrupt stehen, dass ich gegen seinen Rücken pralle.
    Vor uns liegen die Reste eines Spiegels. Der Anzahl der Scherben nach zu urteilen, die den gefliesten Boden des Partyraums fast komplett bedecken, muss er ziemlich groß gewesen sein und mindestens eine halbe Wand

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