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Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Titel: Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Hoßfeld
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als Paul kommt und sich zu uns gesellt. Erst als Dina leise aufschreit und Billi „Was ist das denn?“ ruft, nehme ich meinen Blick von den Frikadellen.
    Paul lehnt am Kühlschrank und grinst. Er sieht aus wie immer, allerdings nicht alles an ihm. Sein linker Oberarm sieht merkwürdig aus, rot und leicht geschwollen. Außerdem ist er in Frischhaltefolie eingewickelt. Der Arm, nicht Paul.
    „Du hast es echt getan, Alter!“ Phillip und Paul klatschen sich ab.
    Pauls Grinsen wird breiter. Er nimmt sich ein Bier aus dem Kühlschrank und ploppt es auf.
    „Was getan?“, fragt Jesko.
    Paul hebt seinen Arm.
    „Ey, krass! Zeig mal!“
    Im Handumdrehen ist Paul von den Jungs umringt.
    Dina, Billi und ich wechseln einen irritierten Blick.
    Ich wende meine Frikadellen und frage: „Was ist so cool daran, mit einer Frischhaltefolie um den Arm auf einer Party aufzukreuzen? Mal abgesehen davon, dass es ziemlich bescheuert aussieht.“
    Die Jungs lachen.
    „Es kommt darauf an, was unter der Folie ist.“ Phillip klaut einen Partyklops aus der Pfanne und verschlingt ihn mit einem Happs. Natürlich verbrennt er sich die Zunge. Geschieht ihm recht.
    „Und was ist darunter?“, fragt Billi.
    „Ein Tattoo natürlich. Was sonst?“ Phillip zuckt mit den Achseln.
    „Paul hat sich tätowieren lassen?“ Dinas Augen sind größer als meine Bratpfanne.
    „Echt wahr?“ Billi schiebt sich zwischen den Jungs hindurch und inspiziert Pauls Arm. „Und was soll das sein, wenn’s fertig ist?“
    „Ein Tribal-Armband.“ Paul stellt seine Flasche auf einen Küchenschrank und rülpst.
    Ich beschließe, dass die Frikadellen fertig sind, und nehme die Pfanne vom Herd. „Das Nudelwasser kocht! Kann mal jemand die Nudeln reinwerfen?“ Die Jungs können gerne ein bisschen helfen, finde ich, wenn sie schon die halbe Küche blockieren. „Und einer müsste noch die Zwiebeln und die Paprika für den Salat schneiden und die Mayo anrühren.“
    Ich fülle die Klopse in eine große Schale um und stelle sie zum Abkühlen in den Kühlschrank. Dann widme ich mich Pauls Arm. Eine Art gezacktes, in sich verschlungenes Dornenband rankt sich um seinen Oberarm. Dass es mir gefällt, kann ich nicht gerade behaupten.
    „Sieht krank aus“, bemerke ich. „Irgendwie entzündet.“
    „Das kommt, weil’s noch ganz frisch ist“, meint Paul. „Die Schwellung ist in ein paar Tagen weg.“
    „Mir gefällt’s“, mischt Billi sich ein. „Ich hätte gerne einen kleinen Delfin auf der Schulter. Tut das sehr weh?“
    „Nö“, sagt Paul. „Ist auszuhalten.“
    „Und deine Eltern haben dir das erlaubt?“ Dina schüttelt den Kopf.
    „Nicht wirklich.“ Paul lacht. „Ich musste ein bisschen nachhelfen.“
    „Wie, nachhelfen?“, frage ich, obwohl ich mir die Antwort schon denken kann. Hausers würden Paul nie im Leben erlauben, sich ein Stammessymbol der Maori oder irgendetwas anderes in den Arm stechen zu lassen. Niemals.
    „Na ja, die Unterschrift“, grient Paul.
    „Du hast sie gefälscht?“ Jesko klopft Paul auf die Schulter. „Respekt, Mann! Hätte ich dir nicht zugetraut!“
    Die beiden stoßen mit ihren Flaschen an. Wenn die weiter in diesem Tempo trinken, ist das Bier bald alle.
    „Aber deine Eltern sehen das doch früher oder später“, meint Billi.
    „Na und?“, kontert Paul. „Sollen sie mir das Tattoo aus dem Arm schneiden, oder wie? Dran ist dran. Das bleibt jetzt so.“
    Er macht ein Bäuerchen. Für ihn ist das Thema erledigt. Für mich auch. Was geht mich Pauls Oberarm an? Wenn’s ihm gefällt … Den Stress, den er deshalb unter Garantie bekommen wird, stelle ich mir lieber nicht vor. Aber das ist seine Sache. Genau wie das Dornenarmband, das ihn ab jetzt für den Rest seines Lebens begleiten wird.
    „Tüdelü, ihr Lieben!“, ruft jemand durchs Fenster. „Pizzaservice!“
    Ah, Lena mit dem Pizzateig!
    Sie reicht ihre Einkäufe durchs Fenster und krabbelt hinterher. Krischan benutzt die Haustür und stellt zwei große Kisten auf den Küchentresen. Tomaten, Zucchini, Zwiebeln, Schafkäse, Basilikum und noch viel mehr. Lauter knackfrische Sachen.
    „Alles eigene Ernte?“, frage ich ihn und kann mir ein Grinsen nicht verkneifen.
    „Logo“, grinst er zurück. „Meine Spende für die Pizzen. Frisch schmeckt besser als Dose.“
    Ich widerspreche ihm nicht. Die Frage, wer das alles klein schnippeln und auf den Pizzateig werfen soll, verkneife ich mir. Ich finde, ich habe eindeutig genug getan. Jetzt sind mal die anderen dran.

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