Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest
hat. Von innen heraus strahlt oder so. Keine Ahnung.
Lena und Krischan haben es jedenfalls noch nicht getan, das hat Lena mir erzählt. Bei den beiden hat es aber trotzdem ganz schön eingeschlagen, trotz des Altersunterschieds. Immerhin ist Krischan fast vier Jahre älter als sie. Macht aber nix, meint Lena, und dass ältere Männer durchaus ihre Vorzüge haben. (Klar, Biogemüse zum Beispiel. Haha … ) Neulich ist sie sogar mit ihm Trecker gefahren! Er musste irgendein Feld beackern und hatte keine Zeit für sie, worauf Lena sich mal eben kurzerhand zu ihm auf den Treckersitz geschwungen und stundenlang mit ihm Furchen in sein ökologisch korrektes Gemüsebeet gezogen hat. Im Spätsommer wollen sie dann zusammen Mähdrescher fahren. Wenn’s Spaß macht, warum nicht? Solange sie nicht Hand in Hand in Gülle baden …
Wenn Phillip Landwirt wäre, würde ich vielleicht auch den ganzen Tag in Latzhosen und Gummistiefeln rumlaufen und mit ihm zusammen Kühe melken, Heu wenden oder was sonst so gemacht werden muss. Könnte vielleicht ganz romantisch sein. Aber zum Glück ist er kein Bauer. Und heute Nachmittag hat er sogar mal Zeit für mich. Wir wollen endlich die Kinogutscheine einlösen, die seit meinem Geburtstag in meinem Schreibtisch liegen und auf ihren Einsatz warten.
Wir sind zwar erst um halb fünf verabredet, aber ich überlege trotzdem schon den ganzen Tag hin und her, was ich anziehen soll. Das superschöne Vorsommerwetter hat leider vor kurzem schlappgemacht. Im Moment ist es wieder kühl und regnerisch. Das bedeutet Jeans und Sweatshirt, was anderes fällt mir nicht ein. Doch, halt! Ich habe eine nagelneue weiße Bluse mit Lochstickerei im Schrank, die ich noch nie anhatte. Dazu eine Kapuzensweatjacke und meine gepimpte Partyjeans, die nach einer gründlichen Vollwäsche wieder wie neu aussieht. Genau wie die Chucks übrigens, die die Party erstaunlich gut überstanden haben. (By the way: Mich würde mal interessieren, ob Jungs sich auch solche Gedanken über ihr Outfit machen, wenn sie mit einem Mädchen verabredet sind. Kann ich mir irgendwie nicht vorstellen. Sonst würden sie nicht immer gleich aussehen, oder? Irgendwie sind die deutlich entspannter als wir Mädels.)
Um Punkt halb fünf bin ich mit meinem Rad vor Phillips Haustür. Der Jaguar seines Vaters steht in der Einfahrt. Daneben parkt ein großer BMW . Vermutlich Kundschaft. Phillips silbergraues Rennrad lehnt ein Stück weiter hinten an der Hauswand. Im Nachbargarten brummt ein Rasenmäher. Args, Hilfe! Herr Worthmann ist dabei, seinen Rasen auf den Millimeter genau zu stutzen. Ich schaue lieber schnell woandershin, sonst identifiziert er mich noch als eine von diesen aufständischen Jugendlichen, die seine Nachtruhe gestört haben. Die Party ist noch nicht soo lange her. Wenn Herr Worthmann und seine Frau nicht gerade an Alzheimer leiden, werden sie sich noch gut daran erinnern können. Vielleicht also auch an mich.
Als Phillip fünf Minuten später immer noch nicht aufgekreuzt ist, versuche ich ihn mit meiner Fahrradklingel aus dem Haus zu locken. Vergeblich. Liegt er etwa in seiner Hängematte und hat mich vergessen?
Ich stelle mein Rad ab und drücke auf den Klingelknopf neben der Haustür. Ich habe uns zwar Plätze für die Fünf-Uhr-Vorstellung reservieren lassen, aber das Kino liegt mitten in der Fußgängerzone, und wenn wir vorher noch Cola und Popcorn kaufen wollen, sollten wir uns langsam auf den Weg machen. Ich finde es extrem peinlich, zu spät zu einer Kinovorstellung zu kommen. Besonders wenn das Licht schon aus ist, alle brav auf ihren Plätzen sitzen, der Film womöglich schon läuft und man sich durch die Reihen quetschen und pausenlos entschuldigen muss, um auf seinen Platz zu kommen. Nee, das muss echt nicht sein.
Als ich leicht genervt aufstöhne und gerade noch einmal klingeln will, reißt Phillip die Tür vor meiner Nase auf und strahlt mich an.
„Hey, Süße! Sorry, ich war noch on. Wartest du schon lange?“
Er war im Internet, während ich mir hier die Füße in den Bauch gestanden, Herrn Worthmann bei der Rasenpflege zugeguckt und vor lauter Warten kringelige Haare gekriegt habe? Geht’s noch?
„Elf Minuten ungefähr“, antworte ich auf seine Frage. „Es können auch elfeinhalb gewesen sein.“
„Nicht sauer sein, bitte“, sagt er mit seinem Ich-bin-ein-kleiner-Labrador-und-will-nur-spielen-Blick. „Wir sind in fünf Minuten in der Stadt. Das schaffen wir locker.“
Meine Antwort ist ein
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