Mein Leben für dich
umgehauen hat, und jetzt dieser komische Anruf von Mia. Wo, bitte schön, bleibt ein bisschen Zeit für Spaß und Entspannung? Ich dachte, dies hier wird ein freier, erholsamer Nachmittag, aber Fehlanzeige!
»So ein verdammter Mist!«, fluche ich. »Das sind bloß Unterlagen aus München, die bringen mir einen Dreck!« Hektisch durchwühle ich die Papiere, die mir Renate in die Hand gedrückt hat, auf der Suche nach irgendeinem Hinweis, wo Falkensteins Segelboot liegt. Es gibt in Hamburg zig Clubs und Stege, wie ich im Internet recherchiert habe. Panik steigt in mir auf, denn Mias Handy ist jetzt ausgeschaltet und ihr Schrei hallt noch immer in meinen Ohren nach, dann dieser dumpfe Aufprall … Was, wenn dieser Scheißkerl von Kai sie zu irgendetwas zwingt?
»Sind Sie denn sicher, dass Mia auf dem Segelboot ist?« Renates Wangen sind tief gerötet, so wie immer, wenn sie sich mit mir unterhält, und sie knetet nervös ihre Finger.
»Na ja, sie hatte zumindest vor, den Nachmittag dort zu verbringen, und außerdem habe ich im Hintergrund Möwenkreischen gehört«, erkläre ich ihr.
»Also, ich, äh …« Sie räuspert sich. »Ich weiß zufällig, wo das Segelboot liegt.«
»Was?« Ich starre die Empfangsdame verdattert an und frage mich, warum sie erst jetzt damit rausrückt. Sie hat doch mitgekriegt, dass ich es eilig habe. In der Zwischenzeit könnte wer weiß was passiert sein.
»Es heißt Marina und hat einen blau-weiß gestreiften Mast …«
Ich muss immer noch ziemlich überrascht aussehen, denn Renate fühlt sich zu einer Erklärung genötigt. »Herr Falkenstein hat es mir vor drei Tagen gezeigt, als wir uns zufällig beim Spazierengehen an der Alster getroffen haben.« Sie rückt ihre Brille zurecht und weicht meinem Blick aus. Alles klar, denke ich und kann mir trotz der stressigen Situation ein Grinsen kaum verkneifen. Zufällig beim Spazierengehen also! Ich dachte mir doch gleich, dass Falkenstein bei unserem letzten Gespräch nicht grundlos so gute Laune hatte. Er hat Mia wahrscheinlich nur deshalb ihre drei freien Nachmittage mit Kai gewährt, weil er selbst bis über beide Ohren verknallt ist. Und zwar in die Dutt-Dame, die heute aber gar keinen Dutt hat, sondern das Haar offen trägt. Ich fass es noch immer nicht. Allerdings halte ich es für besser, mir nichts anmerken zu lassen, und verkneife mir jeglichen Kommentar, der die arme Renate bestimmt noch nervöser machen würde.
Renate hat mir bereits den Bootssteg und Segelclubnamen notiert und drückt mir nun den Zettel in die Hand.
»Segeljachtclub Peter Olsen«, lese ich. »Vielen Dank, Renate!« Ich bin schon am Davonstürmen, da fällt mir noch etwas ein. »Oh, und bitte … Verpetzen Sie mich nicht beim Boss, okay? Das nächste Mal werde ich mich genauer schlaumachen, wo Mia und Thalbach stecken.«
Renate nickt und wirft mir ein Lächeln zu, das sagt: Machen Sie sich mal keine Sorgen, das bleibt unter uns. »Ach, übrigens, Simon«, fügt sie hinzu, als ich mich gerade wieder umdrehen will, »Sie machen das alles sehr gut, besser, als Sie vielleicht denken.«
Ich starre sie überrascht an.
»Robert, ich meine, Herr Falkenstein, vertraut Ihnen wirklich sehr, wissen Sie? Er mag Sie. Und Mia … Ich weiß, sie mag Sie auch, Simon. Sie braucht nicht einfach nur einen Bodyguard, sondern Sie.«
Ich lächle ihr zu. »Danke«, murmle ich und merke, wie ihre Worte irgendetwas in meinem Innern auslösen. Sie bedeuten mir fast mehr als Falkensteins ständige Lobhudelei. Aber ich habe keine Zeit, länger darüber nachzugrübeln, ich muss meine Mission erfüllen.
Während ich zum Auto renne, merke ich, dass es nach Regen riecht und sich die Sonne bereits verflüchtigt hat, und als ich zwanzig Minuten später endlich in der Nähe des Bootsstegs parke, tröpfelt es bereits und ein entferntes Grollen ist zu hören. Die Luft ist schwül und die dunklen Wolken am Himmel kündigen ein ordentliches Sommergewitter an. Während ich zum Wasser renne, verfluche ich mich bestimmt zum hundertsten Mal, dass ich mir nicht Kais Handynummer habe geben lassen. Ich bin eben kein richtiger Bodyguard, ich hab es nicht drauf, Mia auf die Weise zu beschützen, wie es sich Falkenstein wahrscheinlich vorstellt. Fuck, aber wie sollte ich auch? Ich habe so etwas schließlich noch nie gemacht. Es ist das eine, sie am Abend zu begleiten und ihr bei Überfällen penetranter Presseleute beizustehen, aber wie, bitte schön, soll ich sie vor einem Typen bewahren, dem sie
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