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Mein Leben für dich

Mein Leben für dich

Titel: Mein Leben für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loewe
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wie eine kreischende Möwe im Tiefflug auf mich zugeschossen kommt. Vor Schreck lasse ich mein Handy fallen und es landet krachend auf dem Deck. Ich springe mit einem schrillen Schrei auf, als ich schon beinahe glaube, die Flügel dieses Monstervogels in meinen Haaren zu spüren. Das Boot schwankt gefährlich und ich kann mich gerade noch an der Reling festkrallen, damit ich nicht über Bord stolpere. Die Möwe schnappt sich mein angebissenes Schinkenbrötchen und stiebt davon.
    Völlig fertig schnappe ich ein paarmal nach Luft und schließe die Augen, um mich von dem Schreckensangriff zu erholen. Ich mag Vögel zwar, aber ich hasse es, wenn sie in Schwärmen auftreten oder mir zu nahe kommen, so wie dieses Riesenvieh eben. Ich fühle mich dann immer an Hitchcocks Die Vögel erinnert. Das Boot knarzt und mich schaudert. Plötzlich höre ich irgendetwas. Eine … Stimme. War das eben nicht mein Name? Ich lausche angestrengt. Oh Gott, mein Handy … Es ist ganz an den Rand des Bootes gerutscht und ich hebe es mit zitternden Fingern auf. Kurz darauf checke ich, was passiert ist. Ich muss aus Versehen Simon angerufen haben, als ich mit seinem Namen gespielt und mich diese verfluchte Möwe überrascht hat. Ganz vorsichtig und mit nervös klopfendem Herzen, als würde ich jemanden heimlich belauschen, halte ich das Handy an mein Ohr.
    »Mia? Mia? … Verdammt, Tanja, ich glaube, da ist irgendetwas passiert. Sorry, aber ich muss los, sie würde mich nicht einfach so anrufen!«
    Ich höre, wie er auflegt, und starre geschockt auf mein Display. Toll, und was jetzt? Ich stehe einen Moment lang stocksteif da, der Boden unter meinen Füßen schwankt, was sich eklig anfühlt, so als hätte ich absolut keinen Plan mehr, obwohl ich natürlich weiß, dass es am Boot und an den Wellen liegt.
    In meinem Kopf beginnt sich ein Film abzuspielen, der noch schauriger ist als Hitchcocks Vögel . Nämlich der, dass Simon, wenn er mich allein hier vorfindet, glauben wird, ich hätte ihn bloß angerufen, weil ich es keinen Nachmittag mehr ohne ihn aushalte. Dass mich eine Möwe angegriffen hat, hört sich nach einer mehr als bescheuerten Ausrede an. Er wird annehmen, ich hätte Kai absichtlich abgesagt, um mich stattdessen in dem Matrosenkleidchen mit ihm zu treffen, und er wird mich ewig damit aufziehen und behaupten, Viola Mertens hätte eben doch recht gehabt und ich wäre wirklich bis über beide Ohren in ihn verliebt. Und dann wird er mich beiseitenehmen, mir tief in die Augen blicken und erklären, ich hätte gestern am Elbstrand etwas falsch verstanden, er sei absolut nicht an mir interessiert, sondern in Wirklichkeit mit Tanja zusammen, und er hätte mir das nur nicht gestanden, aus Angst, ich würde die beiden aus Eifersucht bei meinem Vater verpetzen, der solche Techtelmechtel in seinem Hotel nicht duldet.
    »Scheiße«, murmle ich vor mich hin und spüre einen Anflug von Panik. »Scheiße, Scheiße, Scheiße.«
    Und da, plötzlich, kommt mir ein Gedanke. Erst ist es nur eine kleine flüchtige Idee, die ich schon fast wieder verwerfe, weil sie echt abgefahren ist, aber je länger ich darüber nachdenke und je mehr Zeit vergeht, desto fester verhakt sie sich in meinem Kopf, bis sie schließlich zu einem ausgereiften Plan herangewachsen ist.
    Ja, denke ich, so verrückt mein Vorhaben auch ist, auf diese Weise könnte ich gerade noch aus der Sache herauskommen, ohne dass es peinlich wird. Jedenfalls nicht so peinlich, wie wenn Simon Winter mir unterstellt, ich wäre ihm hoffnungslos verfallen.
    Ich blicke um mich und fühle mich dabei ein bisschen verschlagen, so wie Seeräuber-Jenny in der Dreigroschenoper . Aber nein, es ist nach wie vor niemand zu sehen, weder auf dem Wasser noch auf den anderen Booten. Auch Peter, der Stegbetreiber, ist nirgends mehr zu sehen.
    Die einzigen Zuschauer und Zeugen meiner List werden die paar Möwen sein, die auf dem Wasser schaukeln oder vereinzelt auf den Masten der anderen Boote sitzen und vor sich hin blinzeln, aber aus dieser Entfernung wirken sie jetzt eher friedlich und sehen nicht so aus, als würden sie sich besonders für mich interessieren. Schließlich habe ich ja auch kein Schinkenbrötchen mehr anzubieten, für das es sich lohnt, mich zu attackieren.
    »Also, dann mal los«, seufze ich, »an die Arbeit!«

Simon
    Oh Mann, was für ein abgefahrener Tag! Eine krasse Überraschung jagt die nächste und ich habe echt Schwierigkeiten, da mitzukommen. Erst die Sache mit Tanja, die mich mehr als

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