Mein Leben für dich
anscheinend mit Haut und Haaren verfallen ist?
Das Tröpfeln wird stärker.
Verdammt, fluche ich innerlich, ich hasse diesen Kai Thalbach, ich hasse ihn mehr als jeden Menschen zuvor!
Jetzt fängt es richtig an zu schütten und der Regen prasselt auf den Steg und durchnässt mich in Sekunden bis auf die Haut.
Ich hasse ihn, weil er es mit seiner schleimigen Art geschafft hat, sich in Mias Herz zu mogeln, und es ihm egal zu sein scheint, wer sie ist. Nämlich ein Mädchen, das romantisch ist und verletzlich, auch wenn sie immer versucht, cool und souverän rüberzukommen.
»Mia!« Der dichte Regen macht es schwer, die Boote im Detail zu erkennen, die vor mir im Wasser dümpeln.
Scheiße, wenn Thalbach sie in Schwierigkeiten gebracht hat, denke ich und merke, wie meine Wut auf ihn ins Unermessliche wächst, wenn er ihr auch nur ein Haar gekrümmt hat, dann kann ich für nichts mehr garantieren. Ich werde ihn zusammenschlagen, bis ihm seine hochgestochenen Vokabeln im Hals stecken bleiben und er daran erstickt.
»Miaaaa!« Der Regen rinnt meine Haare und mein Gesicht hinab. Ich fühle mich so hilflos, und mein Magen krümmt sich bei dem Gedanken zusammen, dass ich vielleicht zu spät komme. Verdammt noch mal, ich hasse diesen Kai, weil er nicht auf Mia aufpasst, wie es ein richtiger Freund tun sollte. Und ich hasse ihn, weil er mir Mia einfach weg–
Ich schaffe es nicht, den letzten Gedanken zu Ende zu führen, denn in diesem Augenblick erspähe ich ein einzelnes Segelboot, das mitten auf dem Wasser schaukelt. Ich kneife die Augen zusammen und erkenne den blau-weißen Mast.
»Mia!« Ich forme meine Hände vor dem Mund zu einem Trichter und schreie, so laut ich nur kann, ihren Namen. »Miaaaa!«
Durch den Regenvorhang hindurch sehe ich, dass sich eine Person erhebt, und an ihrer zierlichen Gestalt erahne ich, dass es Mia sein muss, aber sonst kann ich niemanden ausmachen. Am Ende … liege ich komplett falsch und Kai hat gar nichts angestellt, sondern ist ohnmächtig geworden oder so etwas.
»Simon!« Ich höre ihre entfernte Stimme und mein Name geht unter in einem lauten Grollen. Am Horizont zucken Blitze und auch der Wind wird jetzt stärker. »Simon, Hilfe!«
Ein Schauer rinnt meinen Rücken hinab, aber es ist nicht nur ein Schauer der Sorge und Angst um Mia, sondern auch einer der Erleichterung. Ich habe sie gefunden und ich werde sie verdammt noch mal nicht mehr so schnell aus den Augen lassen.
Renates Worte kommen mir plötzlich wieder in den Sinn: »Und Mia … Ich weiß, sie mag Sie auch, Simon. Sie braucht nicht einfach nur einen Bodyguard, sondern Sie.«
»Ich bin hier, Mia, hab keine Angst!«
»Hilf mir, Simon!«
»Klar helfe ich dir, kleiner Kobold«, murmle ich. »Bloß … wie?« Ich blicke mich um. Es ist absolut keine Menschenseele in der Nähe, niemand, der mir einen Tipp geben könnte, wie ich das Segelboot wieder an Land bringe. Als Erstes kommt mir natürlich der Notruf in den Sinn, aber das würde bedeuten, Aufmerksamkeit zu erregen und am Ende auch wieder Presseleute zu alarmieren, was ich, wenn möglich, vermeiden möchte. Plötzlich fällt mein Blick auf die Holzhütte am Ende des Stegs, auf der »Bootsverleih Peter Olsen« steht. Ich laufe darauf zu. Die Hütte ist zwar geschlossen, aber auf der Terrasse klemmt unter einer Holzbank ein Kinderschlauchboot, auf das verblasste Mickymaus-Figuren gedruckt sind. Ich ziehe es hervor. Ich finde auch zwei Plastikpaddel, die zwar schon etwas rissig aussehen, aber, soweit ich das ausmachen kann, noch ausreichend in Schuss sind.
»Okay«, murmle ich. »Besser als nichts. Ich bin zwar kein geübter Seemann, aber wer Autos knacken kann, wird ja wohl mit einem läppischen Schlauchboot klarkommen.«
Mia
»Siehst du, so ein blödes, unzuverlässiges Ding! Jetzt geht es wieder einwandfrei, als wäre nichts gewesen. Aber wenn man es wirklich mal braucht …« Ich halte Simon Winter zum Beweis mein iPhone vor die Nase. Tatsächlich hatte ich vorhin auf dem Wasser keinen Handyempfang mehr, und das war alles andere als geplant, genauso wie dieses Unwetter, das plötzlich wie aus dem Nichts aufgezogen ist und mir eine Heidenangst eingejagt hat. Denn erst als es anfing zu regnen und zu donnern, ist mir eingefallen, dass Simon Winter wahrscheinlich eine Zeit lang brauchen wird, bis er die richtige Anlegestelle der Marina ausgemacht hat.
Das Segelboot ist immer weiter hinaus aufs Wasser getrieben, schaukelte mit jeder Minute heftiger und ich hatte
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