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Mein Leben, meine Filme - Die Autobiografie

Mein Leben, meine Filme - Die Autobiografie

Titel: Mein Leben, meine Filme - Die Autobiografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bud Spencer
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steht. Auch wenn es unglaublich klingt, habe ich in dieser wunderbaren Landschaft, die so stark vom Wasser dominiere war, drei Jahre lang nicht einen einzigen Armzug gemacht. Nachdem ich erst als Hafenarbeiter mein Geld verdient hatte, wurde ich beim italienischen Konsulat eingestellt, um kleine Post- und Kanzleibesorgungen zu erledigen. Der Konsul war ein älterer und vornehmer Diplomat, kein Berufs-, sondern ein Honorarkonsul.
    Er erlaubte mir oft, sein amerikanisches Auto der Marke Hudson zu fahren, die heute nicht mehr produziert wird.
    Damals konnte man (und viele machten es auch) den gesamten etwa tausend Kilometer langen Weg von Recife nach Bahia mit dem Auto am Strand zurücklegen, weil der Sand bei Ebbe hart genug war. Nicht selten kam es dabei zu Unfällen wegen der riesigen Schildkröten, die plötzlich an der Strandlinie auftauchten, weswegen die Autos - keinesfalls vergleichbar mit modernen SUVs - mit ihnen kollidierten: Die Meeresschildkröten blieben zum Glück unversehrt, aber die Autos überschlugen sich oft, da die Schildkrötenpanzer wie Sprungschanzen wirkten.
    In diesem Land konnte ich Nutzen aus den zwei Chemieprüfungen ziehen, die ich an der Universität in Rom abgelegt hatte. Nachdem ich meine Stelle beim Konsulat aufgegeben hatte, arbeitete ich bei Dupont, einer Firma, die Lackleder für Bezüge aus Krokodilhaut und andere Textilien produzierte.
    Meine Kollegen dort nannten mich »O Químico« (»Der Chemiker«). Binnen weniger Monate hatte ich alles gelernt, was es in der Firma über Größen und Farben zu wissen gab, und wurde auch dank meiner Qualifikation als Repräsentant in beinahe alle Städte Brasiliens geschickt: von Fortaleza im Bundesstaat Ceará, Belém do Pará bis nach Manaus im Bundesstaat Amazonas. Das waren in jeder Hinsicht unglaubliche Reisen: Zum Beispiel fuhren die Züge in den Provinzgegenden mit Treibstoff auf Kaffee-Basis, der die Waggons mit einem unerträglichen Gestank durchdrang und alle Passagiere benebelte.
    Sie waren wie riesige Espressokannen auf Schienen, aus denen wir dann wie betäubt ausstiegen, ohne auch nur eine Tasse Kaffee getrunken zu haben! Die Waggons hatten keine Türen zum Ein- und Aussteigen am Wagenende, sondern Einstiege zu den Seiten eines jeden Sitzplatzes, weshalb man bei einer der unzähligen Öffnungen zustieg und sich sofort setzen konnte. Es gab ausgesprochen viele Dinge, die faszinierend anders waren, wo immer ich auch hinkam. Jede Stadt hatte ihre Farbe, und alle waren Stadtstaaten, wie das bereits erwähnte Belém, gegründet von den Portugiesen im Jahr 1616, oder Manaus am Rio Negro, die Hauptstadt des Bundesstaates Amazonas, die - wie ich mir damals nie hätte vorstellen können - wenige Jahre später eine wichtige Rolle in meinem Leben spielen sollte. Ich erinnere mich an eine lange Reise auf dem Amazonas von etwa 2000 Meilen an Bord eines alten Kahns. Ich befand mich an der Grenze zu Peru und nutzte dieses nicht näher definierbare Fluss-Verkehrsmittel, um Manaus zu erreichen. Das waren keine Boote für Touristen, sondern für Hoffnungslose. Einmal sahen wir Hunderte von Kaimanen ausgestreckt in der Sonne liegen, so unbeweglich, als wären sie unecht, und derart träge, dass wir einige Minuten brauchten, um festzustellen, dass es sich hier nicht um Stauden oder Sträucher handelte, die in den Fluss geworfen worden waren, sondern um Raubtiere. Dann, völlig unpassend an diesem unversehrten Fleckchen Erde, fiel ein krachender Schuss, der mich hochfahren liess, und ich sah, wie sich diese Kreaturen plötzlich bewegten und blitzartig untertauchten. Sie gehörten einer Welt an, die Lichtjahre von alldem entfernt lag, was ich bisher gekannt hatte.
    Man müsste ein Buch über jedes dieser Getiere mit seinen ganz eigenen Besonderheiten schreiben, die Musik, die Bauwerke, die Traditionen und auch jene Faszination, die ich jedes Mal von Neuem verspürte, als ich dachte, dass mich nun nichts mehr verwundern könne. Viele der Szenen erinnern mich heute an den Bud-Spencer-Film Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle , den ich etwa 25 Jahre später drehen sollte. Diese Erlebnisse waren es, die mir Brasilien in ganz besonderer Erinnerung tief im Herzen bleiben liessen. Ich war derart verzaubert, dass ich erst spät die ungute Veränderung bemerkte, die in meiner Familie stattgefunden hatte: Mein Vater wurde von Tag zu Tag magerer. Die Entscheidung, von Brasilien nach Argentinien umzuziehen, traf er auch, weil das Klima ihm helfen sollte, sich

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