Mein Leben, meine Filme - Die Autobiografie
wieder zu erholen. Doch auch dort gelang es ihm nicht, sich einzuleben, weil es eben keine Frage des Klimas war - vielmehr verzehrte er sich vor lauter Heimweh nach Italien! Er war ein stattlicher Mann, 1,84 groß, korpulent, aber er gehörte jener wohlhabenden neapolitanischen Gesellschaftsschicht an, die keine körperlichen Anstrengungen gewohnt und emotional sehr mit ihrer Heimat verbunden war. Das Umherziehen in Südamerika bereitete ihm daher einige körperliche Probleme. Um es kurz zu machen, er blieb nur sehr kurz in Argentinien, nicht einmal ein Jahr, danach kehrten wir alle nach Italien zurück.
Ich muss wohl kaum betonen, dass ich von dort unzählige unvergessliche Erinnerungen mitnahm: Wäre ich Peter Pan, dann wäre Brasilien mein »Nimmerland«.
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In Südamerika sollte ich später auch Paolo und Alberto kennenlernen, zwei andere Italiener, die ebenfalls aus wohlhabenden Familien stammten, sich aber aufgrund verschiedener Probleme entschieden hatten auszuwandern.
Sie gehören zu den ganz wenigen Freunden in meinem Leben, die mit dem Filmgeschäft nichts zu tun haben. Wir teilten uns ein enges Zimmerchen in einer miesen Hotel-Absteige. Unsere drei Feldbetten standen hintereinander aufgereiht in einer Linie, mit unseren Koffern darunter verstaut. Um mich im Zimmer zu bewegen, musste ich seitwärts gehen.
Wenn ich ausgestreckt lag, ragten meine Füße - ich glaube, ich brauche es nicht zu erwähnen - über die Bettkante hinaus. Geld hatten wir kaum, und ab und zu mussten wir entscheiden, ob wir es in der Hoffnung auf einen Gewinn in eine Art lokaler Lotterie einsetzen oder uns lieber Brot kaufen sollten.
Manchmal hatten wir auch berühmte Gäste, wie an jenem Abend, als ich bemerkte, dass sich neben unserem Zimmer die berüchtigte Vallanzasca-Bande, die aus Italien geflohen war, einquartiert hatte. Italienische Bande von Kriminellen im Raum Mailand, die von Renato Vallanzasca (geb. 1950) angeführt wurde und lange Zeit die Polizei in Atem hielt
Da es nur ein gemeinsames Bad auf dem Flur gab, fanden meine zwei Freunde dieses eines Morgens besetzt vor, und zwar von einem anderen armen Teufel, der im Auto vor dem Hotel schlief und hereinkam, um bei uns zu duschen. Dieser Typ verjagte Alberto gewaltsam, und deshalb musste ich auf etwas ruppige Art eingreifen, indem ich ihn nackt aus der unrechtmäßig besetzten Dusche verjagte. In Wirklichkeit war das ein Krieg unter armen Leuten, und dieser Unglückselige tat mir sogar ein bisschen leid.
Mit dem lieben Alberto, der heute noch in Venezuela lebt und als Vertreter arbeitet, telefoniere ich häufig und wir sehen uns so oft wie möglich.
Der gute Paolo lernte eine wohlhabende Witwe aus der Gegend kennen, die Textilien aus den Vereinigten Staaten importierte. Er selbst kannte sich mit Textilwaren bestens aus - seine Familie hatte sich in Rom einen Namen auf diesem Gebiet gemacht. Er gründete ein Unternehmen mit dieser Dame, und da er ein kluger Kerl war, wurde er reich.
Wenn es um wahre und dauerhafte Freundschaften geht, sind diese beiden Männer die Ersten, wenn auch nicht die einzigen, die mir in den Sinn kommen, und dies vielleicht gerade deshalb, weil ich sie kennen lernte, als Carlo Pedersoli nicht mehr der Schwimm-Champion und »Bud Spencer« noch nicht geboren war. Also konnte kein Schatten eines möglichen Hintergedankens auf unsere Freundschaft fallen. Wie schrieb doch Carlo Dossi in Note Azzurre : »Der falsche Freund ist der Schatten, der uns folgt, solange die Sonne scheint.«
1951 - 57:
AUFS NEUE
IN ROM
»Weisst du denn nicht, dass wir alle vorgeben,
viel mehr zu leiden als alle anderen?«
HONORÉ DE BALZAC
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»Die Stimme in der Wüste
ertränkt sich nur im Sand.«
BUD SPENCER
4. Kapitel
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D ie Rückkehr in die Hauptstadt markierte für mich den tatsächlichen Beginn meiner sportlichen Karriere, auch wenn es in Wirklichkeit ein zweiter Anfang war.
Damals erreichte ich beim 50-Meter-Freistil die Bestzeiten der Weltmeister. Auf 100 Meter jedoch hatte ich so meine Schwierigkeiten, da ich ja rauchte und nur wenig trainierte. Wenn ich das Laster der Zigaretten nicht gehabt hätte, wäre ich vielleicht sogar unter die drei Besten der Welt gekommen, aber ich kann mich trotzdem nicht beklagen, weil ich ein solches Rindvieh war und teilweise heute noch bin. Vor allem aber gelang mir alles wie von selbst, wie fast immer in meinem Leben: Ich habe nie mit blindem Eifer für meine sportlichen
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