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Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition)

Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition)

Titel: Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damien Echols
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Pudding. Für eine Psychoklinik war es nicht schlecht dort.
    Für gutes Benehmen wurden wir mit einem Ausflug belohnt. Einmal packte man uns alle in einen langen weißen Van mit einem riesigen Behinderten-Symbol auf der Seite und fuhr mit uns in den Zirkus. Es war schwer zu sagen, wo mehr Clowns waren, in der Arena oder auf der Tribüne. Ein andermal gingen wir schwimmen, aber ich bin nicht ins Wasser gegangen. Ich stand unter einem Sonnenschirm, schwarz gekleidet von Kopf bis Fuß, und wartete auf die Rückfahrt zum Krankenhaus. Der letzte und grauenhafteste Ausflug führte ins Kino, wo wir uns Whoopi Goldberg in Sister Act – Eine himmlische Karriere anschauen mussten.
    Das Leben ging weiter, und meine Beklommenheit nahm zu. Nach ungefähr drei Wochen gewährte man mir einen Vierundzwanzig-Stunden-Freigang, und meine Eltern und meine Schwester kamen zu Besuch. Eine Therapeutin traf sich mit ihnen und berichtete ihnen, wie es mir ging und was ich in den letzten Wochen getan hatte, und sie teilte ihnen mit, dass die Klinik mich für gesund genug hielt, um mich zu entlassen. Bevor sie uns allein ließ, sagte sie noch, sie könnten sich jederzeit an sie wenden, wenn sie Fragen hätten. Für mich war es die erste richtige Gelegenheit seit vielen Jahren, mit meinem Vater zu sprechen. Er hatte in dieser Zeit keinen Kontakt mehr mit uns gehabt, und so sprachen wir jetzt über Zukunft und Vergangenheit.
    Er wohnte in Oregon und war dabei gewesen, seine Rückkehr vorzubereiten, als meine Schwester Verbindung mit ihm aufgenommen hatte. Seit er weg war, hatte er mehrmals geheiratet, und ich hatte einen achtjährigen Halbbruder, der bei ihm wohnte. Erstaunt erfuhr ich, dass er und meine Mutter noch einmal heiraten wollten, und sobald ich aus der Klinik käme, würden wir alle nach Oregon ziehen. Normalerweise wäre ich begeistert gewesen, denn mehr konnte ich mir eigentlich nicht wünschen: Jack war weg, mein Vater war wieder da, ich hatte vierundzwanzig Stunden Urlaub, um den Tag mit meiner Familie zu verbringen, und es ging vorwärts mit uns. Aber jetzt war es ein Albtraum. Ich würde Deanna zurücklassen müssen. Ich wiegte mich auf meinem Stuhl vor und zurück und weinte lautlos. Ich machte kein Geräusch, aber die Tränen flossen so reichlich und schnell, dass ich das Zimmer nicht mehr sehen konnte. Ich schaute durch einen Wasserfall in die Welt, traurig und verzweifelt. Aber etwas in meinem Bauch verwandelte sich in Stahl. Ich wusste, ich würde das Wort halten, das ich ihr gegeben hatte – ganz gleich, was passierte.
    In dieser Nacht schlief ich kaum. Bald dachte ich aufgeregt an das potentielle Abenteuer, das vor mir lag, und bald dachte ich niedergeschmettert an das, was ich zurücklassen sollte. Das war ein ganz neues Leben. Ich konnte meine Vergangenheit hinter mir lassen wie eine alte Haut. Früher hätte ich alles dafür gegeben.
    Als der Morgen kam, zog ich mich an und packte meine Sache, denn heute wollte ich in einem Motel übernachten. Ich liebe Hotels und Motels. Sie haben etwas Aufregendes an sich, auch wenn man dort nur schläft. Ich hatte viele Jahre lang keine Gelegenheit dazu gehabt – nicht seit der letzten Heirat meiner Eltern.
    Sie kamen mit dem Dodge Charger, um mich abzuholen, und ich war beeindruckt. Chromfelgen, ein schöner Lack, eine erstklassige Stereoanlage. Ich verliebte mich sofort in den Wagen. Sie fragten, wozu ich Lust hätte, und wir fuhren zu McDonald’s, wo ich ein paar Leute sah, die ich kannte. Sie spielten im Highschool-Orchester und waren zu irgendeinem Wettbewerb nach Little Rock gekommen, und irgendein unglaublicher Zufall hatte sie in dieses McDonald’s geführt. Ein Mädchen namens Becky fragte, was ich dort machte, und ich sagte, ich hätte vierundzwanzig Stunden Urlaub von der benachbarten Irrenanstalt. Als ihr klar wurde, dass ich es ernst meinte, lachte sie sich kaputt.
    Wir nahmen uns ein Motelzimmer, und mein Vater und ich gingen hinunter, um einen Videorecorder und ein paar Kassetten zu mieten. Wir nahmen alle George-Segal-Film mit, die sie hatten, und schauten sie an. Er hatte sie alle zu Hause, und ein paar davon waren seine Lieblingsfilme. Ich hatte an diesem Abend so viel Spaß wie schon lange nicht mehr, obwohl ein paar Dinge mir Sorgen machten. Wir ließen Pizza kommen, schauten uns die Filme an und sprachen darüber, wie es in Oregon sein würde. Um mir eine Freude zu machen, zogen sie die Vorhänge zu und drehten die Klimaanlage herunter, sodass es im Zimmer

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