Mein leidenschaftlicher Ritter: Roman (German Edition)
wollte der König wissen. »Was für eine Pflicht?«
Verpflichtungen. Konsequenzen. Welcher Sechzehnjährige denkt schon daran, wenn er zum ersten Mal liebt? In jenem Sommer in Flandern hatten er und Margaret sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit davongestohlen.
»Wir sind durch unsere Familien in Flandern entfernt miteinander verwandt«, sagte Robert in dem Wissen, dass kleine Brocken der Wahrheit jede Lüge verbesserten. »Wenn Ihr Zweifel hegt, fragt Lady Hume, ob sie eine flandrische Großmutter hat.«
Der König kniff nachdenklich die Augen zusammen.
»Sie ist eine Witwe, kein junges Mädchen«, erinnerte Robert ihn. »Sie braucht keine Anstandsdame.«
»Trotzdem muss ich etwas mit ihr machen«, murrte der König.
»Ich gebe Euch mein Ehrenwort, dass die Dame bei mir in Sicherheit sein wird.«
Der König nickte; Heinrich gefiel es immer, wenn ihm jemand sein Ehrenwort gab.
»Aber Ihr werdet auf sie aufpassen«, sagte der König und drohte Robert mit dem Finger, »wie ein Vater auf seine Tochter aufpasst.«
Robert schnürte sich die Kehle zu. Bei Gott, er übernahm diese Aufgabe reichlich spät. Und war dafür völlig ungeeignet.
Aber er würde sein Bestes tun.
4
November 1417
Stephen marschierte missmutig über den Burghof, nachdem er den ganzen Vormittag damit zugebracht hatte, einen Disput zwischen zwei jammernden Händlern zu klären. Gott sei Dank hatte er den Nachmittag frei, um mit William und Jamie zu trainieren. Er musste ein Schwert führen, bis ihm die Muskeln wehtaten und ihm der Schweiß ausbrach.
Dieser Abend gehörte Robert – wie all seine Abende in letzter Zeit. Gott stehe ihm bei, sein König schätzte ihn, weil er den Leuten ihre Geheimnisse entlocken konnte. Wie viel Ehre steckte in einer solchen Tat?
Der König sollte erfreut darüber sein, dass Stephen seine besonderen Talente einsetzte. Bisher gab es keinen Mangel an Männern, die mit ihm trinken, oder Frauen, die mit ihm ins Bett gehen wollten.
»Stephen!«
Er sah Marie de Lisieux erst, als er sie festhalten musste, damit er sie nicht umrannte. Gott im Himmel, die Frau war ihm ständig im Weg. Sie verfolgte ihn mit einer Hartnäckigkeit, die ihm längst nicht mehr schmeichelte.
Marie drückte die Hand an ihren vollen Busen. »Ihr müsst Euch zu mir setzen, während ich mich erhole.«
Das Funkeln in ihren Augen verriet ihm, dass die Dame nicht unbedingt vorhatte, irgendwo mit ihm zu sitzen. Ihr Ehegelübde zu halten war bloß eins jener Bedenken, die die sinnliche Marie de Lisieux nicht hatte. Die Frau war eine Plage. Aber wer war er schon, dass er sich dem Befehl des Königs verweigerte, sich unter den örtlichen Adel zu mischen?
»Ich kann jetzt nicht.« Über ihrer Schulter sah er William und Jamie über den Burghof kommen. Robert war bei ihnen.
Marie zupfte an seinem Ärmel. »Wann dann?«
»Samstag«, sagte er und winkte den anderen zu.
»Aber das ist noch Tage hin!«
Ihr Parfüm war so stark, dass ihm Tränen in die Augen traten. Seltsam, dass es ihm zuvor nie aufgefallen war.
»Heute Abend«, insistierte sie. »Ihr müsst heute Abend zu mir kommen!«
»Spät«, sagte er und löste ihre Finger von seiner Tunika. Er zwinkerte ihr zu und rannte den anderen entgegen.
Seine Stimmung wurde besser, als sie zu viert in Richtung des alten Palastes gingen. Zwischen ihm und der Schatzkanzlei war ein offener Platz, wo sie üblicherweise trainierten.
»Ich freue mich, dass du dich uns anschließt«, sagte er und schlug Robert auf die Schulter. »Nach allem, was du für mich getan hast, sehe ich es als meine persönliche Pflicht an, dafür zu sorgen, dass du in guter Kampfform bleibst.«
Robert lachte. »Ich sollte mich über dieses Angebot freuen, aber heute kann ich nicht. Ich bin gekommen, um euch um einen Gefallen zu bitten.«
Stephen warf ihm einen finsteren Blick zu. »Um was geht’s?«
»Eine Edeldame aus Northumberland kam heute Morgen mit dem Schiff hier an«, sagte Robert und drehte sich so, dass er auch William und Jamie in das Gespräch mit einbezog. »Der König hat sie unter meine Obhut gestellt. Da sie hier keine Freunde oder Familie hat, wäre es nett, wenn ihr mit ihr sprechen würdet.«
In Stephens Nacken kribbelte es. Er konnte sich nur einen Grund für die Ankunft einer allein reisenden englischen Dame in Caen denken.
»Wenn das irgendeine dumme Gans ist, die Catherine und meine Mutter hergeschickt haben, schicke ich sie gleich wieder zurück. Ohne Rücksicht auf die Konsequenzen.« Sein
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