Mein leidenschaftlicher Ritter: Roman (German Edition)
zurückgewonnen haben, Ordnung und eine verantwortungsbewusste Regierungsführung etablieren. Zu diesem Zweck habe ich Sir John Popham zum Stadtvogt von Caen ernannt. Ich will, dass Ihr ihm assistiert.«
Stephen mochte nicht glauben, was er da hörte. »Ihr wollt, dass ich ein … ein …« Er musste nach dem Wort suchen, und es schmeckte ekelhaft auf seiner Zunge, als er es fand. »… ein Verwalter werde? Aber ich bin ein fähiger Ritter, Sire.«
»Ihr würdet auch einen guten Heerführer abgeben«, sagte der König ungerührt. »Aber bis die französische Armee bereit ist, sich uns im Kampf zu stellen, habe ich bereits mehr als genug Heerführer.«
Vor zwei Jahren hatte die englische Armee die Crème de la Crème der französischen Ritterschaft bei der Schlacht von Agincourt derart nachhaltig dezimiert, dass noch in ferner Zukunft davon erzählt werden würde. Seither hatten die französischen Heerführer es tunlichst vermieden, sich dem jungen englischen König im Kampf Mann gegen Mann zu stellen.
»Was ich brauche ist ein Mann mit Charme und Verstand, der das Vertrauen der Leute gewinnen kann«, sagte der König. »Eure Aufgabe wird es sein, ihre Beschwerden anzuhören, Streitfälle gerecht zu schlichten und sie davon zu überzeugen, dass es ihnen unter der englischen Herrschaft besser geht.«
Herrjemine. »Ich freue mich, Euch zu Diensten zu sein, Sire.«
»Lasst uns allein«, rief der König aus. Als sich die schweren Türen hinter den Soldaten schlossen, die hinter der Tür Wache schoben, sagte der König: »Ich wusste, dass ich den richtigen Mann gewählt habe. Niemand würde von Eurer Miene darauf schließen, dass Ihr innerlich vor Wut kocht.«
Das Lächeln des Königs ließ einen an eine Katze denken, die einen verletzten Vogel unter der Pfote festhält.
»Dieser irreführende Charme«, fuhr der König fort, »und Euer viel gelobtes Talent, Geheimnisse aufzuspüren, wird Euch bei Eurem zweiten Auftrag ebenfalls dienlich sein.«
Es war ein Familienwitz, dass kein Geheimnis vor ihm sicher war. Stephen versuchte zu raten, wer von seinen Liebsten es wohl für angebracht gehalten hatte, dies dem König mitzuteilen. Seine Grüblereien kamen zu einem abrupten Ende, als sich hinter dem König eine in der Wandvertäfelung verborgene Tür öffnete. Als ein großer, elegant gekleideter Mann mit weißblondem Haar durch die Öffnung trat, steckte Stephen sein Schwert in die Scheide zurück.
»Robert!«, rief Stephen. »Was machst du in der Normandie? Weiß William davon?«
Er und Robert begrüßten einander mit Schulterklopfen und rückten dann ein Stückchen voneinander ab, um sich gegenseitig zu mustern. Obwohl Roberts Gesicht seit ihrem letzten Treffen einige Lachfältchen mehr aufwies, zweifelte Stephen keinen Moment, dass die Frauen sich ihm mit gewohnter Regelmäßigkeit vor die Füße – und in sein Bett – warfen.
» Sir Robert, inzwischen«, sagte der König. »Nach zwanzig Jahren hat unser Freund seine Tarnung als reisender Spielmann aufgegeben. Er ist zurückgekehrt, um seinen rechtmäßigen Platz als normannischer Edelmann einzunehmen.«
»Du steckst voller Überraschungen.« Stephen lachte.
Robert grinste zurück. »Wie sehr würde es meinen Onkel grämen zu wissen, dass ich seine Ländereien geerbt habe. Ich bin damals untergetaucht, weil er fest entschlossen war, mich ermorden zu lassen.« Robert beugte sich nah an Stephen und flüsterte: »Seine zweite Frau mochte mich ein bisschen zu sehr.«
»Trotz der veränderten Umstände«, nahm der König den Faden wieder auf, »hat Robert sich bereit erklärt, weiterhin in meinen Diensten zu stehen.«
Stephen wusste, worin diese »Dienste« bestanden. Als Troubadour war Robert weit herumgekommen und überall willkommen. Das hatte ihn zu einem nützlichen Spion in den Jahren gemacht, als England von Rebellionen erschüttert wurde und König Heinrich noch der junge Prinz Harry gewesen war.
»Ich kann dir gar nicht sagen, wie viele Abende die Familie damit zugebracht hat, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wer du wirklich bist«, sagte Stephen.
Robert lächelte gut gelaunt. »Wir können darüber gerne zu einem anderen Zeitpunkt reden. Jetzt müssen wir darüber sprechen, was der König mit dir vorhat. Wir werden zusammenarbeiten, mein Freund.«
Als der König Stephen entließ und Robert ein Zeichen gab, noch zu bleiben, beunruhigte Robert dies nicht im Geringsten. Obgleich sie sehr verschieden waren, gründete sich ihre Beziehung auf lange
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