Mein leidenschaftlicher Ritter: Roman (German Edition)
an Feinsinn mangelte, klang er doch ernst. Sie betete, dass er es auch war.
Isobel nahm den Arm, den de Roche ihr anbot. Während sie gemeinsam ihren Weg durch die Länge des riesigen Saales machten, lauschte sie dem rhythmischen Patschen ihrer Füße auf dem Steinboden. Sie war sich der Tatsache nur allzu bewusst, dass dies das erste von vielen Malen war, dass sie an der Seite dieses Mannes dahinschritt.
Wie oft würde sie es in ihrem Leben tun? Tausend Mal? Zehntausend Mal? Wie oft würde sie es tun, bis de Roche sich nicht mehr wie ein Fremder anfühlte?
Wie viele Male, bevor sie dabei nicht an Stephen denken musste?
12
Februar 1418
Stephen kuschelte sich noch tiefer in seine Decke und verfluchte sich selbst, denn er hatte niemanden sonst, dem er die Schuld dafür geben könnte, dass er sich hier den Hintern abfror. Die Winterbelagerung war genauso miserabel, wie er sie sich vorgestellt hatte. Es war der kälteste Winter seit Menschengedenken. So kalt, dass der König tatsächlich befahl, Hütten zu errichten, damit seine Armee nicht erfror, bis die Stadt sich ergab.
Noch schlimmer als der eisige Regen außerhalb seiner Hütte war der ekelhafte Gestank der Männer darin. Nur wenige wuschen sich, und die meisten trugen noch immer dieselbe Kleidung, in der sie vor mehr als zwei Monaten angekommen waren. Wenn er nicht sicher sein könnte, dass er bis zum Morgen eine gefrorene Leiche wäre, würde Stephen draußen schlafen, um dem Gestank zu entgehen.
Und doch hatte er sich entschieden hierzubleiben. In wöchentlichen Depeschen bat Sir John Popham den König, Stephen nach Caen zurückzubeordern. Der König unterstützte jedoch Stephens Wunsch zu bleiben, bis die Stadt sich ergab.
Jedes Mal, wenn Stephen darüber nachdachte, zu gehen, kehrte die Erinnerung an das Blutbad von Caen zurück: die Schreie der Frauen, alte Männer, die in Stücke gehauen worden waren, das Blut der Unschuldigen an seinen Stiefeln.
Nein, er konnte nicht gehen. Er musste bleiben und tun, was in seiner Macht stand, um eine Wiederholung dieses Schreckens zu verhindern, wenn Falaise fiel.
Wie sehr er sich danach sehnte, dass die Belagerung ein Ende hätte! Die Langeweile machte ihn schier verrückt. Die Kanonenschläge, die rund um die Uhr gegen die Mauern der Stadt abgefeuert wurden, verursachten ihm Kopfschmerzen. Die Wochen der Enthaltsamkeit machten ihn noch reizbarer. Unter solchen Bedingungen verdienten die mitgereisten Dirnen nicht schlecht. Aber Stephen ging niemals zu Huren. Selbst wenn er dumm genug wäre, die Syphilis zu riskieren, so deprimierte ihn vor allem der Anblick dieser Frauen zutiefst.
Da er so viel Zeit hatte, war es eigentlich kein Wunder, dass er oft an Isobel dachte. Aber warum an keine andere Frau? Sogar seine Träume drehten sich nur um sie. Er lag auf seinem Lager und versuchte, sich andere Frauen vorzustellen, aber deren Züge verwandelten sich immer zu ihren. Ernste grüne Augen waren die einzigen, die er sah.
Er vermisste sie.
Was war das? Er richtete sich auf seiner Lagerstatt auf und lauschte in die seltsame Stille. Die Bombardierung hatte aufgehört. Seine Decke beiseitewerfend, schlang er einen Umhang um sich und verließ die Hütte.
Er fand William, der sich an einem der Feuer, die Tag und Nacht am Brennen gehalten wurden, die Hände wärmte.
»Wir haben die Stadtmauer durchbrochen«, sagte William zur Begrüßung. »Die Stadt hat zugestimmt, sich bei Tagesanbruch zu ergeben.«
»Wird der König zu den Männern sprechen?«
William wusste, was Stephen wissen wollte. »Der König wird sie daran erinnern, dass er keine Vergewaltigungen oder Morde dulden wird«, sagte William. »Trotzdem wird es immer welche geben, die darauf aus sind.«
Eine Stunde nach Sonnenaufgang führte der König seine Armee durch das offene Stadttor. Stephen war erleichtert, dass die Soldaten sich die Warnung des Königs wohl zu Herzen genommen hatten, denn alles blieb ruhig. Vielleicht waren die Männer zu froh darüber, in den warmen Häusern der Stadt schlafen zu können, um Unheil anzurichten. Die Soldaten durchkämmten die Stadt nach Wertsachen, was eine legitime Kriegsbeute war. Obwohl der Löwenanteil an die Krone fiel, erhielt der Finder einen Anteil des Wertes.
Während er und William weiterhin durch die Straßen patrouillierten, ohne dass es zu irgendwelchen Vorkommnissen kam, entspannte sich Stephen. Die Männer tranken, fuchtelten mit ihren Schwertern durch die Luft und brachen Türen ein, doch darin lag kein
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