Mein leidenschaftlicher Ritter: Roman (German Edition)
fragte William.
»Wir könnten den Jungen zu einer Kirche oder einem Kloster bringen.«
»Du meinst, ein so hübscher Knabe wäre bei Mönchen in Sicherheit?«
Stephen presste die Lippen aufeinander, während er diese letzte Bemerkung verdaute. »Ich nehme sie mit mir nach Caen«, sagte er, nachdem er eine Weile nachgedacht hatte. »Der Junge kann als mein Knappe dienen.«
»Und das Mädchen?« William zog eine Augenbraue hoch. »Du kannst sie nicht behalten. Die Leute werden das Schlimmste annehmen.«
Stephen runzelte finster die Stirn beim Gedanken, dass irgendwer ihn für derartig pervers halten könnte. Das Mädchen war erst elf!
»Ich nehme an, wir könnten jemanden finden, der sie als Küchenmädchen nimmt«, sagte William unsicher.
»Ich kenne eine Dame, die eine neue Magd braucht«, meinte Stephen, und der Gedanke stimmte ihn heiter. »Sie wird nett zu dem Mädchen sein.«
Erst jetzt, als das Mädchen ihre erstaunlich blauen Augen auf ihn richtete, bemerkte Stephen, dass sie schon lange aufgehört hatte, sich in seinem Griff zu wehren.
»Wer ist diese Dame?«, fragte sie auf Englisch.
Stephen lachte. »Du sprichst also Englisch, du Früchtchen?«
»Natürlich.« Das Mädchen fügte nicht »du Idiot« hinzu, aber es war aus ihrem Tonfall deutlich herauszuhören. »Wie lautet der Name der Dame, s’il vous plaît ?«
»Lady Isobel Hume«, sagte er und grinste auf sie hinab.
Er hörte, wie William leise vor sich hin fluchte, aber er ignorierte ihn.
13
Februar 1418
Isobel fühlte sich wie Hiob. Nach Jahren voller Qual wurde sie von Gott belohnt. De Roche war jung und attraktiv. Respektvoll, zuvorkommend. Ein Mann der Ehre, darauf bedacht, Gutes in dieser Welt zu tun.
Er war ihr gegenüber bemüht, teilte sich bei jedem Mahl einen Holzteller mit ihr und ging nachmittags mit ihr spazieren, so das Wetter es zuließ. Wenn es zu nass war, um an die Luft zu gehen, so wie heute, saß er mit ihr am großen Feuer des Bergfriedes und unterhielt sich mit ihr, während sie nähte.
De Roche war ein ernsthafter Mann, und er redete über ernsthafte Dinge.
Sie unterdrückte ein Gähnen, als er wieder einmal über seine Verpflichtung als Mann von Rang und Reichtum sprach, dabei mitzuwirken, Frieden und Wohlstand für die Normandie zu erwirken. Sie stimmte ihm vollen Herzens zu. Seine Entschlossenheit war bewunderungswürdig. Dennoch fand sie sein ständiges Wiederholen dieser Tatsache, nun, ein wenig ermüdend.
Verdammt sei Stephen Carleton! Wenn er nicht gewesen wäre, hätte sie de Roches Mangel an Humor nicht einmal bemerkt.
Sie hatte allen Grund dazu, zufrieden zu sein. Sie würde zufrieden sein.
Doch es stimmte. De Roche brachte sie nie zum Lachen. Die Pflicht lastete schwer auf ihm. Er hatte eine wichtige Rolle im Dienste seines Vaterlandes zu spielen; es wäre ihr eine Freude, ihn dabei zu unterstützen.
»Nun, König Heinrich – er ist ein Mann wie geboren, um Armeen zu befehligen«, sagte Roche gerade. »Ein Mann zum Befehlen geboren.«
De Roche sang so oft Loblieder auf den König, dass ihre Gedanken abschweiften.
Wann würde er sie küssen?
Würde sein Kuss das in ihr auslösen, was Stephens Kuss in ihr ausgelöst hatte? Sie starrte auf de Roches Mund, während er sprach. Nachdenklich. Sehnsüchtig, es herauszufinden. Vielleicht könnte sie aufhören, an Stephen zu denken, wenn de Roche sie erst einmal geküsst hätte.
Ein ganzer Monat war seit seiner Ankunft vergangen, und de Roche hatte sie noch kein einziges Mal geküsst. Er sah sie oft an, als wollte er es. Mehr als einmal hatte sie den Eindruck, als versuche er, sie von ihrem Vormund zu trennen. Doch Robert nahm seine Aufgabe noch ernster als zuvor, denn er war ständig und überall bei ihr.
Der Gedanke ließ sie nicht los, dass de Roche einen Weg an Robert vorbei hätte finden können, wenn er es nur genug gewollt hätte.
Stephen hätte einen Weg gefunden.
Plötzlicher Lärm von draußen zog ihre Aufmerksamkeit auf den Eingang zum großen Saal. In diesem Augenblick rannte ein Mann zur Tür herein und rief: »Die Armee kehrt zurück! Falaise ist gefallen! Falaise ist gefallen!«
Sie waren zurück! Dem Himmel sei Dank! Ein erleichtertes Lachen blieb ihr im Halse stecken, als sie sich umdrehte und de Roches Gesicht sah. Der Mann war totenblass geworden.
»Ist Euch nicht gut?«, fragte sie. »Was habt …«
»Ich muss erfahren, was passiert ist«, unterbrach er sie. Ohne einen Blick zurück verließ er sie.
Bald war der Saal voller
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