Mein leidenschaftlicher Ritter: Roman (German Edition)
blondes Haar sah, kniff er die Augen wieder fest zu. Marie de Lisieux. Gott stehe ihm bei, sie war eigentlich viel zu viel Frau, um sie zu vergessen.
Er zog seinen Arm zentimeterweise unter ihr hervor und gab sich dabei größte Mühe, sie nicht zu wecken. Zufrieden mit seinem Erfolg, setzte er sich auf und schwang seine Beine aus dem Bett – viel zu schnell.
Er stützte den Kopf in die Hände, um sich zu erholen, blickte auf sein schlaffes Glied hinab und fragte sich, ob es wohl jemals wieder stehen würde. Die Frau war unersättlich. Kein Wunder, dass ihr Ehemann ihre Treuebrüche ignorierte; der Mann war wahrscheinlich dankbar für jede Verschnaufpause.
Wie war er bloß wieder mit ihr im Bett gelandet? Eine Welle von Selbstekel schwappte über ihn hinweg und ließ ihn sich nach etwas zu trinken sehnen. Schon komisch, denn schließlich war es der Alkohol, der ihn wieder einmal hierhergebracht hatte. Doch der Alkohol hielt auch die Bilder fern, die ihn quälten.
Aye, Alkohol half. Und natürlich Frauen.
Es gab viele Männer in dieser Stadt, die von Soldaten überschwemmt war, mit denen man trinken konnte. Für ihn gab es auch immer willige Frauen. Welche, war ihm eigentlich egal. Er hatte sogar noch weniger Hoffnung darauf, eine Frau zu finden, die ihn glücklich machen könnte, als darauf, in diesem elenden Krieg zu ritterlichen Ehren zu kommen.
Er fragte sich, wie es wohl wäre, mit einer Frau zusammen zu sein, die stark, mutig und schlau war. Eine Frau, die sich nicht mit weniger zufriedengeben würde als mit dem Mann, der er sein konnte.
Konnte sie ihn retten? War er es wert, gerettet zu werden?
Er kannte bloß eine Frau, die so war, und er erwartete nicht, noch eine zu treffen. Doch er genoss die Gesellschaft von Frauen. Mit ihnen zu reden. Mit ihnen zu flirten. Mit ihnen ins Bett zu gehen. Dennoch musste er nicht einmal vollkommen nüchtern sein, um zu wissen, dass die, neben der er jetzt saß, die falsche war.
Während er ein wachsames Auge auf Maries still daliegende Gestalt hielt, schlüpfte er vorsichtig aus dem Bett. Sie schlief wie eine Tote, gepriesen seien alle Heiligen! Als er sich bückte, um seine Kleider aufzusammeln, pochte es so heftig in seinem Schädel, dass er befürchtete, sich übergeben zu müssen. Er wartete darauf, dass sein Magen sich beruhigte, bevor er sich Hemd und Tunika über den Kopf zog. Auf einem Fuß balancierend, stürzte er fast, als er sich in seine Beinkleider zwängte.
Er nahm seine Stiefel in die eine Hand, seinen Gürtel und sein Schwert in die andere und schlug den Rückzug ein.
Bei Gott, auf dem Flur konnte man erfrieren!
Er erkannte jetzt, dass er im Burgfried war. Aber wessen Schlafzimmer war das? Es sähe Marie ähnlich, ihn mit ins Bett eines ihrer anderen Liebhaber zu nehmen. Die Frau zog Probleme geradezu magisch an.
Caen Castle war riesig, mit mehreren Gebäuden, die sich auf einem weitläufigen Burghof verteilten. Der Weg zum Haupttor war fast so lang, dass sein Kopf klar wurde. Als er schließlich die Brücke in die Altstadt überquerte, ging er in das erste Wirtshaus auf dem Weg.
Er war Stunden später noch dort und trank mit einer lärmenden Schar Soldaten, als er einen Blick auf sich spürte. Die vertraute Gestalt seines Halbbruders, Lord William FitzAlan, füllte den Türbogen. Sobald die anderen Männer den großen Kommandanten erspähten, rappelten sie sich auf und boten ihm Platz an. William hielt den Blick auf Stephen gerichtet.
Stephen goss sich Wein nach und ignorierte seinen Bruder. Als einer seiner Kameraden ausrief: »Möge Gott uns noch mehr Siege bringen!«, hob er nicht seinen Becher mit den anderen. Aber er trank ihn trotzdem mit ihnen aus.
Er goss sich noch einmal ein und beschloss, seinen eigenen Trinkspruch zu sagen.
»Gott schenke uns Siege«, sagte er und klammerte sich an der Tischkante fest, »selbst wenn wir Frauen und Kinder verhungern lassen müssen, um sie zu erlangen.«
Bevor Stephen sah, dass William auch nur eine Bewegung machte, hatte sein Bruder ihn am Arm gepackt und führte ihn zur Tür hinaus. Draußen drängte William ihn an die Mauer.
William umgriff Stephens Kinn und Kiefer mit einer Hand. Sein Gesicht war dem seines Bruders so nah, dass sich ihre Nasen fast berührten. »Gott im Himmel, was soll ich bloß mit dir machen, Stephen?«, fragte er.
Betrunken oder nüchtern würde Stephen niemals zulassen, dass ein anderer Mann Hand an ihn legte. Aber das hier war William. »Es ist lange her, dass du auf
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