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Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten

Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten

Titel: Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Buscha
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lassen, bevor wir aufbrachen. Ich sah zu verheult aus.

4
    Ich sah auf die Uhr. Wir mussten uns beeilen, um rechtzeitig bei ihr zu sein.
    Ich beeilte mich also und mit nur ein paar Minuten Verspätung trafen wir bei meiner Mutter ein.
    Meine Mutter ist so alt wie Hedwig, einundsiebzig Jahre, aber, wie sich versteht, von anderer Qualität. Sie misst etwa einen Meter achtundsechzig und trägt ihr glattes silberfarbenes Haar schulterlang. In ihrem schmalen Gesicht mit der klassisch geraden Nase fallen einem zuerst die grüngelben Augen unter schmal gezupften Brauen auf. Wenn sie sehr zornig ist, nimmt der Gelbanteil in ihrer Iris zu und die Augen strahlen ein gefährliches Leuchten aus. In solchen Momenten macht man um meine Mutter am besten einen großen Bogen.
    Sie verlässt ihr Ankleidezimmer niemals ohne Strümpfe, selbst wenn der Hochsommer sie beinahe zum Kochen bringt. Und sie trägt immer Absatzschuhe, um ihre Waden und Fesseln eleganter erscheinen zu lassen.
    Das Resultat ihrer Bemühungen sind Krampfadern, die sich an den Oberschenkeln bläulich unter der dünnen Haut abzeichnen. Jahrzehntelang ließ sie sie regelmäßig entfernen und jahrzehntelang kehrten sie regelmäßig wieder. Ihr Hausarzt erklärte ihr mit unendlicher Geduld, schuld sei das Tragen von Highheels, doch davon wollte sie nichts hören. Da war sie eigensinnig.
    Martin und ich begrüßten meine Mama, ließen uns am gewohnt elegant gedeckten Kaffeetisch nieder, genossen eine hervorragende Baiser-Stachelbeertorte und plauderten angeregt über Belanglosigkeiten, als stünde unsere Ehe nicht gerade vor dem Exitus.
    »Mama, weißt du, was Hedwig mir vor kurzem erzählte?«
    Erwartungsvoll sah meine Mutter, die auf dem hell geblümten Chintz-Sofa saß und gerade eine Kaffeetasse an den Mund führte, zu mir herüber.
    »Hedwig hat mir erzählt, wir hätten eine Leiche im Garten. Stell dir das mal vor: In unserem Garten. Unter unserem Rasen. Als ob Großvater jemals zugelassen hätte, dass den jemand verschandelt. So penibel wie er mit dem Rasen war. Und stell dir außerdem vor, dass Großmama die dort beerdigt haben soll. Das ist ja wohl absurd, oder?«
    Die Tasse meiner Mutter stoppte vor ihrem Mund. Ihre Hand zitterte, der Kaffee schwappte in kleinen Tropfen über den Rand und floss den Henkel hinab auf den Daumen ihrer rechten Hand. Sie bemerkte es nicht.
    »Soso, einen Toten im Garten«, murmelte sie, während ihr Gesicht sich mit einem rosafarbenen Schimmer überzog.
    »Mama, das hat doch nur Hedwig gesagt«, versuchte ich die Situation zu entspannen, während Martin erst meine Mutter und dann mich ansah, als seien wir endgültig durchgeknallt.
    »Ja, Hedwig... also Hedwig...« Meine Mutter brach ab, stellte ihre Tasse mit einem Klirren auf die Untertasse zurück und starrte vor sich hin.
    »Mama, das ist doch absurd, oder?«, forderte ich eine Verneinung geradezu heraus.
    »Ja, was ist das denn für eine idiotische Geschichte?«, schaltete sich Martin in das Gespräch ein. »Ich meine, das kann ja wohl nur eins von Hedwigs Hirngespinsten sein.«
    »Nein, ist es nicht.« Meine Mutter sah auf und musterte meinen Mann. »Auch wenn es dir nicht passt, mein lieber Martin, in unserem, jetzt eurem Garten liegt sehr wohl ein Toter begraben. Unter dem Flieder hinter Hedwigs Haus. Allerdings wurde der Tote« - meine Mutter drehte sich zu mir - »nicht, wie Hedwig meint, von deiner Großmutter beerdigt, sondern von mir und eurem Vater.«
    Meine Mutter erklärte es in einem emotionslosen Tonfall, als würde sie die Nachrichten verlesen und damit die Ungeheuerlichkeit dessen, was sie da gerade gestand, neutralisieren.
    Ich starrte sie an wie das Kaninchen die Schlange. Meine Mutter, dieser Ausbund an Noblesse, sollte einen Toten beerdigt haben? Das war ja wohl das Letzte. Meine Mutter hätte doch nicht einmal gewusst, wo sie nach einem Spaten suchen musste, geschweige denn, wie man damit ein Loch aushebt. Ein Loch zumal, in das ein ganzer Mensch passte.
    Ich verstand die Welt nicht mehr. Oder zumindest meine Mama.
    »Wie, von dir und Herbert? Was habt ihr denn damit zu tun?« Ich sah meine Mutter fragend an.
    »Nichts. Wir haben ihn nur beerdigt.« Meine Mutter schwieg wieder.
    »O Mama, jetzt mach schon! Erzähl mal und spann uns nicht so auf die Folter. Das ist ja pervers.« Ich saß wie angenagelt auf meinem Sessel.
    Martin hatte sich zurückgelehnt, fingerte eine Zigarette aus einer Packung Marlboro und klopfte seine Jackentaschen nach einem Feuerzeug

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