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Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten

Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten

Titel: Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Buscha
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klappte diese rhythmisch zusammen und versuchte so, einen Luftzug zu erzeugen, der die Grillkohle entflammte. Es reichte nicht.
    Hedwig und ich grinsten einander an. Hedwig überließ mir ihr Bier, drehte sich um und ging zu der kleinen asphaltierten Straße, die an dem Weiher vorbeiführte und auf der unser Auto parkte.
    Mit einem frühmorgens an der Autobahn erstandenen Stern kehrte sie zurück. Eilig folgte ihr ein junger Mann der auffallend hinkte und dessen linke Schulter sich nach unten zum Brustkorb hin neigte. Als er sie erreichte, klopfte er ihr auf die Schulter. Hedwig schrie erschrocken auf, drehte sich um und zuckte zusammen. Trotz des Schreckens schenkte sie dem Jungen einen Moment Gehör, schüttelte dabei jedoch monoton den weiß gelockten Kopf, während der Junge aufgeregt vor ihr gestikulierte. Schließlich schob Hedwig den Jungen zur Seite und kam eiligen Schrittes auf uns zu. Sie überreichte Larentius mit einem verkrampften Lächeln die Zeitschrift zum besseren Fächeln, kam dann zu mir herüber und flüsterte: »Oskar. Das war Oskar. Und er hat uns erkannt.«
    Frau Maler hatte die Szene beobachtet, winkte uns nun zu sich und erklärte, Hedwig möge bitte Oskars Belästigung verzeihen und ihm nicht böse sein. Er sei mitunter sehr nervig gegenüber Menschen, die er nicht kannte. Vorgestern hätte er doch glatt zwei Schweizer Damen als die Autofahrerinnen identifiziert, die hier die beiden Leichen abgelegt hätten. Wir hätten doch sicherlich davon gehört. Gott sei Dank aber hätte Herr Schuhriegel, das sei der Dorfpolizist, sich in Jena erkundigt. Und die dortige Polizei hätte sich anderswo erkundigt und dann gemeldet, die Damen seien zum fraglichen Zeitpunkt in ihrer Heimatstadt Bern gewesen.
    »Ja, ja«, sagte Hedwig. »Mir hat Ihr Sohn auch gerade erklärt, er hätte mich gesehen und ich sei eine ganz Böse.«
    Ich biss mir bei diesen Worten vor Schreck auf die Zunge, doch Frau Maler verstand den Satz anders als ich.
    »Ach du liebe Güte.« Frau Maler rief nach einem Paul. Paul war der junge Mann, der versuchte den Grill in Gang zu bekommen. Als er auf uns zukam, wirkte er nicht mehr ganz so jung. Ich schätzte ihn auf Mitte dreißig. Schlaksige Arme schlenkerten an einem dürren Körper, während ihm feines blondes Haar in ein schmales Gesicht fiel, dem ein spitz zulaufendes Kinn eine unvorteilhafte Proportion verlieh. Frau Maler erklärte uns, Paul sei Arzt und Therapeut an der Jenaer Uniklinik.
    »Hat er Sie bedroht?«, fragte Paul Hedwig, die mit den Schultern zuckte. »Sie können es mir ruhig sagen. Er wird Fremden gegenüber mitunter anmaßend und ausfallend. Wir geben ihm dann ein Beruhigungsmittel. Und wenn das nicht hilft und er trotzdem ausfallend wird, behalten wir ihn für ein paar Wochen zur Beobachtung in der Klinik. Wir kennen das hier alle seit Jahr und Tag. Oskar ist lieb, hat aber von Zeit zu Zeit seine Ausreißer.«
    Ich bemerkte, dass Hedwig nicht sicher war, was sie sagen sollte, doch schlussendlich raffte sie sich zur Wahrheit auf. »Na ja, wenn ich den Jungen richtig verstanden habe, was ich zwar glaube, aber nicht genau weiß, da er so stottert, dann hat er mir angedroht, er würde mich zur Polizei bringen. Gleich heute Nacht. Er wüsste ja, wo wir wohnen. Bei Hannes Larentius, mit dem wir gekommen sind.«
    Der Junge mochte sich im Fall der Schweizer Damen geirrt haben, in unserem Fall kam er der Wahrheit erschreckend nahe. Dennoch nahm ihn niemand ernst, nicht einmal seine Mutter und ich wunderte mich, weshalb die Polizei mit seinen Phantombildern arbeitete.
    Paul wollte Oskar eine Beruhigungsspritze verabreichen, sich noch schnell um das Grillfeuer kümmern, eine Bratwurst essen und den Jungen anschließend mit nach Jena nehmen. Das könne auf keinen Fall schaden, sagte er.
    Ich freute mich, hatte ich doch nicht vermutet, dass wir den Jungen so schnell und unkompliziert loswurden.
    Paul winkte Oskar, der in der Ferne stehen geblieben war und aufgeregt mit den Armen ruderte, zu sich. Als Oskar näher kam, nahm ich wahr, dass er bis auf die verwachsene Schulter ein schlank gewachsener, junger Mann mit einem angenehmen, ovalen Gesicht war.
    Als Oskar sich uns noch weiter näherte, bemerkte ich, dass seine Augen in verschiedene Richtungen blickten, als hätte der Junge Angst, er verpasste etwas von dem, was um ihn herum geschah. Außerdem grinste uns ein Mund entgegen, dessen rechter Mundwinkel etwas höher stand als der linke und der verhinderte, dass die Lippen sich

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